Richtlinien:

R B 12.1 bis 12.4 ErbStR.

Hinweise:

H B 12.4 ErbStH.

Erlasse:

Kapitalisierungserlass vom 10.10.2010 (BStBl I 2010, 810).

1 Allgemeines

 

Rz. 1

Kapitalforderungen/-schulden sind Forderungen/Schulden, die auf Zahlung von Geld gerichtet sind, wie z. B. Sparbuch, Festgeld, Girokonto, Darlehensforderungen, Kaufpreisforderungen, Mietforderungen, Zinsforderungen, Gehaltsforderungen, Steuererstattungsansprüche, geltend gemachte Wohnungsbauprämie (BFH vom 12.10.1973, BStBl II 1974, 82), Ansprüche aus Lebens-, Kapital und Rentenversicherungen, Pflichtteilsanspruch oder auch Zugewinnausgleich.

 

Rz. 2

Kapitalforderungen/-schulden privater Art gehören zum übrigen Vermögen. Die davon abzugrenzenden betrieblichen Kapitalforderungen/-schulden sind dem BV zuzurechnen.

 

Rz. 3

Maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse zum Bewertungsstichtag. Kapitalforderungen sind dann anzusetzen, wenn sie an diesem Stichtag entstanden und noch nicht erfüllt sind. Sie dürfen z. B. nicht aufschiebend bedingt sein (§ 4 BewG). Hinzukommen muss, dass ihre Realisierung am Stichtag möglich ist. Eine rechtlich entstandene Forderung ist folglich nur dann zu erfassen, wenn sie am maßgeblichen Stichtag tatsächlich und rechtlich durchgesetzt werden kann. Voraussetzung für den Abzug einer privaten Kapitalschuld (z. B. als Nachlassverbindlichkeit) ist, dass sie am jeweiligen Stichtag zivil- oder öffentlich-rechtlich entstanden, noch nicht erloschen ist und eine wirtschaftliche Belastung darstellt. An einer solchen fehlt es, wenn bei objektiver Würdigung der Verhältnisse angenommen werden kann, dass der Gläubiger seine Forderung nicht geltend machen wird. So können z. B. bürgerlich-rechtlich wirksame Pflichtteilsansprüche beim Erben nicht als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden, solange der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch nicht geltend gemacht hat und mit einer Geltendmachung auch nicht ernsthaft zu rechnen ist (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG, BFH vom 27.08.1971, BStBl II 1972, 100).

 

Rz. 4–5

vorläufig frei

2 Bewertung

 

Rz. 6

Die Bewertung von Kapitalforderungen/-schulden ist nicht nur i. R.d. Erbschaft- und Schenkungsteuer, sondern auch für andere Steuerarten von Bedeutung (§ 1 Abs. 1 BewG), z. B.

  • Grunderwerbsteuer:

    Kaufpreisbestimmung bei unverzinslicher Ratenzahlung (§ 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG).

  • Einkommensteuer:

    Bestimmung des Veräußerungspreises und der Zinserträge bei unverzinslicher Ratenzahlung für Zwecke der Besteuerung von privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 EStG) und der Einkünfte aus Kapitalvermögen beim Veräußerer.

  • Einkommensteuer:

    Abzinsung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen i. R.d. Bilanzierung (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 und 3a Buchst. e Satz 1 EStG).

  • Umsatzsteuer:

    Bestimmung des Entgelts bei Verkauf eines zum Unternehmensvermögen gehörenden WG bei unverzinslicher Ratenzahlung.

 

Rz. 7

Kapitalforderungen sind zu untergliedern in solche, die durch Wertpapiere verbrieft sind (z. B. Anleihe), und solche, die nicht verbrieft sind (z. B. Mietforderung). Zur Bewertung der durch Wertpapiere verbrieften Forderungen s. § 11 BewG Rn. 5. Grds. sind Kapitalforderungen, die nicht in § 11 BewG genannt sind, und Kapitalschulden mit dem Nennwert anzusetzen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 HS 1 BewG). In bestimmten Fällen sind Abweichungen erforderlich, die in der nachfolgenden Tabelle dargestellt sind.

 

Rz. 8

 
Zum Besteuerungszeitpunkt ­entstanden und fällig Nennwert (§ 12 Abs. 1 Satz 1 BewG)
Zum Besteuerungszeitpunkt entstanden, aber noch nicht fällig und ­normal verzinslich (3 % bis 9 %) Nennwert zzgl. bereits entstandener Zinsen. Nach dem Besteuerungszeitpunkt anfallende Zinsen entstehen in der Person des Rechtsnachfolgers und sind im steuerpflichtigen Erwerb nicht zu erfassen.
Zum Besteuerungszeitpunkt entstanden, aber noch nicht fällig und niedrig/hoch verzinst (unter 3 %/über 9 %), sowie die Kündbarkeit nicht für mindestens vier Jahre ausgeschlossen (z. B. Sparbuch) Nennwert zzgl. bereits entstandener Zinsen
Zum Besteuerungszeitpunkt entstanden, aber noch nicht fällig und niedrig/hoch verzinst (unter 3 %/über 9 %) sowie die Kündbarkeit für mindestens vier Jahre ausgeschlossen (R B 12.1 Abs. 2 ErbStR) Gegenwartswert (Barwert, § 12 Abs. 1 Satz 2 BewG): Der Nennwert ist auf den Gegenwartswert zu kapitalisieren. Bei einer niedrig verzinslichen Kapitalforderung, die im Besteuerungszeitpunkt noch mindestens vier Jahre läuft, ist der Nennwert um den Kapitalwert des jährlichen Zinsverlustes zu kürzen (abzuzinsen). Bei einer hoch verzinslichen Kapitalforderung, die im Besteuerungszeitpunkt noch mindestens vier Jahre läuft, ist der Nennwert um den Kapitalwert des jährlichen Zinsgewinnes zu erhöhen (aufzuzinsen). Einzelheiten (Fälligkeits-/Tilgungsforderungen, Interpolation, Aufschubzeiten) sowie zahlreiche Berechnungsbeispiele dazu sind im sog. Kapitalisierungserlass vom 10.10.2010 (BStBl I 2010, 810) enthalten.
Zum Besteuerungszeitpunkt entstanden, aber noch nicht fällig und ­unverzinslich, sowie Laufzeit im Besteuerungszeitpunkt nicht mehr als ein Jahr Nennwert: Auf eine Abzinsung auf den Geg...

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