Rz. 201

Gem. § 13b Abs. 4 Nr. 4 ErbStG stellen Wertpapiere und vergleichbare Forderungen Verwaltungsvermögen dar, wenn sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Abs. 1 und 1a KWG oder einem Wertpapierinstitut im Sinne des § 2 Abs. 1 des WpIG oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des VAG unterliegt, zuzurechnen sind.

 

Rz. 202

Da nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 auch Finanzmittel Verwaltungsvermögen darstellen, liegt der Schluss nahe, eine genaue Abgrenzung der Wertpapiere und der vergleichbaren Forderungen zu den Finanzmitteln sei entbehrlich. Diese Annahme geht jedoch fehl, weil nur bei Finanzmitteln nach Nr. 5 die unternehmensbezogenen Verbindlichkeiten abzugsfähig sind. Zudem ist auch nur der Sockelbetrag von 15 % auf die Finanzmittel anwendbar (vgl. Geck in K/E ErbStG, § 13b Rz. 136). Folglich sollte auch eher in Finanzmittel nach Nr. 5 investiert werden, als in Wertpapiere nach Nr. 4, um den Schuldenabzug zu nutzen und damit die Summe der Finanzmittel auf den den Sockelbetrag übersteigenden Wert zu begrenzen (vgl. Geck in K/E ErbStG, § 13b Rz. 136).

 

Rz. 203

Unter Wertpapieren versteht man ausschließlich auf dem Markt gehandelte Papiere i. S. des § 2 Abs. 1 WpHG (R E 13b.22 Abs. 2 ErbStR). Dies sind Urkunden, in denen Rechte verbrieft sind, und deren Geltendmachung von deren Vorlage abhängt. Zu den Wertpapieren nach § 2 Abs. 1 WpHG zählen insbesondere:

  • Aktien
  • andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Hinterlegungsscheine, die Aktien vertreten
  • Schuldtitel, insbesondere Genussscheine und Inhaberschuldverschreibungen und Orderschuldverschreibungen sowie Hinterlegungsscheine, die Schuldtitel vertreten sowie
  • sonstige Wertpapiere, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Aktien oder Anteilen an juristischen Personen, Personengesellschaften oder sonstigen Unternehmen berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die in Abhängigkeit von Wertpapieren, von Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren, Indices oder Messgrößen bestimmt wird
 

Rz. 204

Dienen die Wertpapiere der Absicherung von Altersversorgungsverbindlichkeiten, ist § 13b Abs. 3 ErbStG vorrangig, so dass in Höhe der Altersversorgungsverpflichtungen kein Verwaltungsvermögen vorliegt (vgl. Geck in K/E ErbStG, § 13b Rz. 140).

 
Praxis-Beispiel

Die Autohaus GmbH hat Pensionsverpflichtungen gegenüber ihren Mitarbeitern in Höhe von 2 Mio. EUR. Für Zwecke der Absicherung hat die GmbH Inhaberschuldverschreibungen angeschafft.

Lösung:

Inhaberschuldverschreibung gehören nach FG Münster zu "vergleichbaren Forderungen" (FG Münster vom 22.10.2020, DStRE 2021, 869). Somit liegt grds. Verwaltungsvermögen vor. Hätte die GmbH Rückdeckungsversichrungen für die Pensionsverpflichtungen abgeschlossen, wären die Ansprüche aus diesen kein Verwaltungsvermögen (vgl. Jülicher in T/G/J/G ErbStG § 13b § 246).

 

Rz. 205

Keine Wertpapiere in diesem Sinne sind kaufmännische Orderpapiere (§§ 363 bis 365 HGB, Wechsel, Schecks) sowie andere auf Order lautende Anweisungen und Rektapapiere, auch wenn sie zivilrechtlich dem Wertpapierbegriff zugeordnet werden (R E 13b.22 Abs. 1 Satz 4 ErbStR). Banknoten (Bargeld) sind keine Wertpapiere. Es handelt sich dabei nicht um ein Wertpapier, da keine Einlösungspflicht eines Dritten besteht und das Papier somit kein Recht verkörpert (vgl. Geck in K/E ErbStG, § 13b Rz. 139).

 

Rz. 206

Die Finanzverwaltung definiert vergleichbare Forderungen als solche, über die keine Urkunde ausgegeben wird, die aber nach § 2 Abs. 1 WPHG als Wertpapiere gelten (R E 13b.22 Abs. 1 S. 3 ErbStR). Vergleichbare Forderung sind also verbriefte Rechte, deren Geltendmachung im Gegenzug zu Wertpapieren nicht von der Urkundenvorlage abhängt, dazu gehören zum Beispiel Anleihen, Bonds, Zertifikate oder offene Immobilienfonds (vgl. Kirnberger in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG,§ 13b ErbStG Rz. 81). Hingegen handelt es sich bei Bargeld, Sichteinlagen, Spareinlagen, Festgeldkonten, Forderungen gegen Dritte sowie Forderungen an verbundene Unternehmen nicht um vergleichbare Forderungen, sondern um Finanzmittel (vgl. Geck in K/E ErbStG, § 13b Rz. 141).

In H E13b.22 ErbStH werden tabellarisch konkrete Beispiele aufgelistet:

 
Wertpapiere/vergleichbare Forderungen Keine Wertpapiere/nicht vergleichbare Forderungen (jedoch Finanzmittel)
Pfandbriefe Geld
Schuldbuchforderungen Sichteinlagen
Geldmarktfonds Sparanlagen
Festgeldfonds Festgeldkonten
  Forderungen aus Lieferungen/Leistungen
  Forderungen an verbundene Unternehmen
  Ansprüche aus Rückdeckungsversicherungen (neu)
 

Rz. 207

Bei an der Börse gehandelten Aktien konkurrieren § 13b Abs. 4 Nr. 2 ErbStG (Beteiligungen von max. 25 %) sowie die Regelung des § 13b Abs. 4 Nr. 4 ErbStG (Wertpapiere). Dennoch sind Anteile an Kapitalgesellschaften keine Wertpapiere oder vergleichbare Forderungen im Sinne des § 13b Abs 4 ErbStG. Ri...

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