Rz. 361

Die Beteiligung an einer Personengesellschaft (steuerrechtlich: an einer Mitunternehmerschaft) stellt ebenso wie der (Teil-)Betrieb eine steuerliche Funktionseinheit dar. Im Unterschied zu diesem gilt bei der erbrechtlichen Nachfolge nicht der geschlossene Übergang auf die Miterbengemeinschaft, sondern – wie aufgezeigt – die Sonderrechtsnachfolge. Danach ist die Nachfolgefrage heute eine Diskussion über den Anwendungsbereich und die Folgen der jeweiligen Klauseln geworden, mit denen stellvertretend die Modalitäten der Sonderrechtsnachfolge umschrieben werden.

 
Praxis-Beispiel

Auflösungsklausel

Der Gesellschaftsvertrag einer dreigliedrigen GbR mit A, B und C als Gesellschafter enthält keinen Nachfolgepassus. Was gilt, wenn A verstirbt und zwei Kinder (K1 und K2) sowie eine Witwe W ohne testamentarische Anordnung hinterlässt?

Lösung:

Beim Tode des BGB-Gesellschafters kommt es zur Auflösung der Gesellschaft (s. § 727 BGB). Bei vertraglicher Vereinbarung wird dieser Fall als "Auflösungsklausel" bezeichnet. Der Ex-Gesellschafter hat hier einen Aufgabegewinn seines Mitunternehmeranteils (s. § 16 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG) zu versteuern. Die Einkommensteuerschuld (ggf. i. V. m. der Tarifermäßigung gem. § 34 Abs. 3 EStG) geht auf die Erben gem. § 1922 BGB über.

 
Praxis-Beispiel

Fortsetzungsklausel

In der A-B-C-OHG verstirbt C, ohne ein Testament zu hinterlassen. A und B führen die OHG fort. Wie wird der Abfindungsanspruch der Erben E1 und E2 steuerlich behandelt?

Lösung:

Im gesetzlichen Regelfall haben die Erben der Beteiligung an einer Personenhandelsgesellschaft einen Abfindungsanspruch nach § 738 BGB gegen die verbleibenden Gesellschafter. Dieser Anspruch fällt in den Nachlass und stellt nunmehr eine private Forderung dar (Rn. 78 des BMF-Schreibens zur Erbauseinandersetzung).

  • Der Abfindungsanspruch führt in der Person des Alt-Gesellschafters C zu einer Veräußerung des Mitunternehmer-Anteils nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG.
  • Übersteigt der Abfindungsanspruch den Buchwert seines (Eigen-)Kapitalkontos in der OHG, realisiert C einen Veräußerungsgewinn, der ab 2001 – bei gegebenen persönlichen Voraussetzungen – dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 EStG unterliegt. Damit verbunden ist eine Buchwertaufstockung bei den OHG-Gesellschaftern.
  • Liegt der Abfindungsanspruch unter dem Buchkapital, kommt es – bei einer betrieblich veranlassten Vereinbarung – zu einem Veräußerungsverlust für C. In der Fortführungsbilanz der OHG sind die Aktiva abzustocken. Sind allerdings private, d. h. familiäre, Gründe für das Unterschreiten des Buchkapitals verantwortlich, so verneinen Verwaltung und Rspr. einen steuerrelevanten (mathematisch aber vorliegenden – s. § 16 Abs. 2 EStG) Verlust. Hier kommt es sodann zur Anwendung von § 6 Abs. 3 EStG (Buchwertfortführung).
  • Im Falle von Sonder-BV (Beispiel: C hat der OHG ein Grundstück verpachtet) wird dieses noch vom Erblasser entnommen (jetzt: notwendiges PV) und i. R.d. § 16 Abs. 3 Satz 7 EStG mit dem gemeinen Wert angesetzt.
 

Rz. 362

Der folgende gesellschaftsrechtliche Grundfall zur Vererbung der Kommanditistenstellung wirft ertragsteuerlich zwei Fragenkomplexe auf, die weitgehend durch die Gestaltungsoption für die Miterben ausgelöst werden. Durch den im Wege der Sonderrechtsnachfolge gesplitteten Gesellschaftsanteil des X (K1 und K2 übernehmen jeweils die Hälfte des Mitunternehmer-Anteils von X) bieten sich dieser, evtl. vorhandenes Sonder-BV sowie ggf. zusätzliche Einzel-WG als Abfindungsmasse an. Die Lösung wird seit 2001 von der Neuregelung der § 6 Abs. 3 ff. EStG überlagert.

 
Praxis-Beispiel

Einfache Nachfolgeklausel

Bei der A-KG verstirbt der Kommanditist X (mit Sonder-BV) und wird von seinen Kindern K1 und K2 beerbt, die auch zunächst zu zweit die Kommanditistenstellung übernehmen.

a) Sind K1 und K2 immer als Mitunternehmer anzusehen?

b) Wie wird ggf. bei der Auseinandersetzung die Abfindung behandelt?

Lösung:

a) Die aufgespaltene Mitunternehmer-Stellung der Gesellschafter-Erben

Bei einer – auch rückwirkend möglichen – Einigung der Miterben K1 und K2 können die laufenden gewerblichen Einkünfte nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG auf einen der beiden Erben übertragen werden, die sodann als der alleinige Unternehmer anzusehen sind. Dies kann unter der Voraussetzung von Rn. 7–9 des BMF-Schreibens zur Erbauseinandersetzung mit verbindlicher Erklärung binnen sechs Monate ab dem Erbfall geschehen, nach dem BFH vom 04.05.2000 (BStBl II 2001, 171) und nach der neuen Verwaltungsauffassung bei vorliegender und befolgter Teilungsanordnung auch noch einige Zeit später.

Dies ändert – auch nach Auffassung des IV. Senats – nichts am Durchgangserwerb beider Erben. Sodann ergibt sich bei einer vereinbarten und durchgeführten Wertausgleichsverpflichtung beim weichenden Miterben ein Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG, dem umgekehrt Anschaffungskosten des zahlenden Miterben gegenüberstehen. Bei fehlender Wertausgleichsverpflichtung kommen weder ein Veräußerungstatbestand beim weichenden Miterben noch ein An...

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