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Nicht auf Schenkungen anzuwenden sind insbesondere die nachfolgenden Vorschriften (s. R E 1.1 Satz 3 ErbStR):

  • § 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG, der bei der Ermittlung der Bereicherung des Erben den Abzug von Nachlassverbindlichkeiten zulässt. Gem. BFH vom 21.10.1981, BStBl II 1982, 83 stellt eine Schenkung mit der Verpflichtung der Übernahme von Belastungen durch den Beschenkten eine gemischte Schenkung dar, so dass insoweit hier das Gleichbehandlungsgebot des § 1 Abs. 2 nicht zur Anwendung kommt (s. R E 1.1 Satz 3 Nr. 1 ErbStR). Zur Kritik hierzu s. Jülicher in T/G/J/G, § 1 Rn. 76 und Hannes/Holtz in M/H/H, § 1 Rn. 28 f. Allerdings geht die Finanzverwaltung bei gemischt freigebigen Zuwendungen und Zuwendungen unter Auflage in R E 7.4 Abs. 2 ErbStR für Neufälle (ab 01.01.2009) davon aus, dass Gegenleistungen und Auflagen nur in dem Umfang abzugsfähig sind, in dem § 10 Abs. 6 Satz 4 und 5 ErbStG nicht eingreift. Die Anwendung von § 10 Abs. 6 ErbStG setzt aber voraus, dass ein Fall des § 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG vorliegt (Einzelheiten s. § 7 Rn. 325 sowie Pach-Hanssenheimb, DStR 2009, 466, 468).
  • Gem. Urteil des FG Nürnberg vom 11.03.1993 (EFG 1993, 729, rkr.) soll der Pauschbetrag für Erbfallkosten, der in § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG vorgesehen ist, nicht auf Schenkungen anwendbar sein (s. auch R E 1.1 Satz 3 Nr. 2 ErbStR).
  • § 13 Abs. 1 Nr. 4b und c ErbStG, die den steuerfreien Erwerb eines Familienheims von Todes wegen regeln (s. auch R E 1.1 Satz 3 Nr. 3 ErbStR).
  • Die Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG, die Rückerwerbe von zuvor geschenkten Vermögensgegenständen an Eltern bzw. Voreltern steuerfrei stellt, soll keine Rückschenkungen unter Lebenden betreffen (s. BFH vom 16.04.1986, BStBl II 1986, 622; BFH vom 16.07.1997, BStBl II 1997, 625; R E 1.1 Satz 3 Nr. 4 ErbStR).
  • Die Investitionsklausel des § 13b Abs. 5 ErbStG (R E 1.1 Satz 3 Nr. 5 ErbStR).
  • Die Eingruppierung der Eltern bei Erwerben von ihren Kindern in Steuerklasse I gem. § 15 Abs. 1 ErbStG. Steuerklasse I Nr. 4 soll nur auf Erwerbe von Todes wegen, nicht aber auf Schenkungen unter Lebenden Anwendung finden (s. R E 1.1 Satz 3 Nr. 6 ErbStR). Die Versagung der Anwendbarkeit der Vorschrift auf Schenkungen unter Lebenden begründet sich damit, dass Geschwisterschenkungen (Steuerklasse II) nicht durch Umleitung über die Eltern, unter Heranziehung der Begünstigungen der Steuerklasse I, durchgeführt werden sollen (s. Jülicher in T/G/J/G, § 1 Rn. 78, 79).
  • Weiterhin ist die Vorschrift des § 15 Abs. 3 ErbStG gem. Urteil des FG Hamburg vom 01.03.1994 (EFG 1995, 369, rkr.) nur auf Erwerbe eines Schlusserben im Rahmen des Erwerbs von Todes wegen anwendbar. § 15 Abs. 3 ErbStG nehme unmittelbar auf die Bestimmung des § 2269 BGB (Berliner Testament) Bezug und stelle daher einen ausschließlichen systematischen Zusammenhang zu Erwerben von Todes wegen her (s. R E 1.1 Satz 3 Nr. 6 ErbStR).
  • Auch die Vorschrift des § 17 ErbStG (Versorgungsfreibetrag) wurde jahrelang nur für Erwerbe von Todes wegen gewährt (s. R E 1.1 Satz 3 Nr. 7 Satz 1 ErbStR). Das FG Nürnberg hat jedoch mit Urteil vom 12.09.1989 (EFG 1990, 65, rkr.) § 17 auch auf den Fall des § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG, nämlich die Besteuerung einer Abfindung für Erb- oder Pflichtteilsverzicht, angewandt. Die erhaltene Abfindungsleistung werde als Surrogat für den späteren Erb- oder Pflichtteilserwerb besteuert. Es bestehe daher eine besondere Nähe dieser Art von Schenkung zum Erwerb von Todes wegen.
  • Will man davon ausgehen, dass im Urteil des FG Nürnberg vom 12.09.1989 der Grundsatz konzipiert wurde, Surrogate für Erwerbe von Todes wegen, die als Schenkungen erfasst werden, so zu behandeln, als handele es sich um einen Erwerb von Todes wegen, wäre hiervon konsequenterweise auch der Fall des § 7 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG erfasst, also die Herausgabe von Vermögenswerten durch den Vorerben an den Nacherben mit Rücksicht auf die angeordnete Nacherbschaft vor ihrem Eintritt (s. § 6 Rn. 38). Gleiches würde auch (in Abwendung des o. g. Urteils des FG Hamburg vom 01.03.1994) für die vorzeitige Herausgabe von Vermögenswerten durch den überlebenden Ehegatten beim Berliner Testament an den Schlusserben gelten, mit der Folge, dass § 15 Abs. 3 ErbStG einschlägig wäre, da es sich auch hier in der vorzeitigen Herausgabe der Vermögenswerte um ein Surrogat der späteren Erbschaft handelt (so wohl auch Jülicher in T/G/J/G, § 1 Rn. 82). Dass ein solcher Grundsatz vom FG Nürnberg tatsächlich begründet werden sollte, scheint eher nicht der Fall zu sein. Betrachtet man die Urteilsbegründung, zeigt sich schnell, dass der vom FG Nürnberg zu beurteilende Sachverhalt Besonderheiten aufweist, die nicht geeignet sind, daraus grundsätzliche Aussagen zu ziehen. Die Finanzverwaltung jedenfalls wendet § 17 ErbStG nur ausnahmsweise auf den Fall des § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG an (s. R E 1.1 Satz 3 Nr. 7 Satz 2 ErbStR) und behandelt das Urteil insoweit als Ausnahmefall.
  • Weiterhin ist die Vorschrift über die Haftung von Kreditinstituten (§ 20 Abs. 6 ErbStG) sowie ...

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