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Losgelöst von der geltenden und differenzierenden Gesetzeslage beeinflusst jedoch das zwischenzeitlich von der Rechtsprechung des BGH entwickelte Nachfolgekonzept bei allen Beteiligungen an Personengesellschaften wesentlich stärker die Frage des Übergangs.

Hierauf aufbauend und in Anlehnung an die vertragliche Gestaltungspraxis hat sich ein Nachfolgekonzept bei Beteiligungen an Personengesellschaften entwickelt, das von folgenden Alternativen ausgeht:

  1. Bei der Auflösungsklausel wird die Personengesellschaft aufgelöst und die Erbengemeinschaft tritt an die Stelle des Alt-Gesellschafters und ist (nur in diesem Fall) Partner der zu liquidierenden Personengesellschaft (hier besteht keine Notwendigkeit für eine "Einzel-Nachfolge". Dies entspricht dem gesetzlichen Leitbild bei der GbR (s. § 727 BGB).
  2. Bei Vereinbarung der sog. "Fortsetzungsklausel" werden die Erben nicht Gesellschafter, sondern haben einen Anspruch auf das Abfindungsguthaben nach § 738 BGB, während der Gesellschaftsanteil des Erblassers auf die verbleibenden Gesellschafter übergeht (sog. "An-/Abwachsung"). Die Personengesellschaft wird unter den Alt-Gesellschaftern fortgesetzt. Dies entspricht dem gesetzlichen Leitbild bei der OHG – s. § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB – und der Partnerschaftsgesellschaft).

    Nebenbei: Nur diese Rechtsfolge führt zum unmittelbaren Anwendungsfall des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG!

  3. Bei der einfachen Nachfolgeklausel erhält jeder der Miterben den seiner Erbquote entsprechenden Anteil am Kapitalkonto, die Gesellschafterstellung geht somit qua Sonderrechtsnachfolge auf die einzelnen Miterben über; dies entspricht dem gesetzlichen Leitbild beim Tod eines Kommanditisten einer KG (s. § 177 HGB).
  4. Bei der qualifizierten Nachfolgeklausel geht der Anteil des Alt-Gesellschafters auf einen (oder mehrere) privilegierte Miterben ungeteilt über; wegen der – verglichen mit der Erbquote – einhergehenden Privilegierung ist der Gesellschafter-Miterbe den anderen zum Ausgleich verpflichtet.
  5. Bei der Eintrittsklausel wird einem Dritten ein Optionsrecht auf Eintritt in die Personengesellschaft gewährt. Gelegentlich wird der Anwendungsbereich der Eintrittsklausel auch für den Fall reklamiert, dass ein (Mit-)Erbe nicht automatisch Nachfolger wird, sondern erst nach Ausübung des Gestaltungsrechts.
 
Praxis-Beispiel

Bestehende dreigliedrige M-KG (drei Gesellschafter L, M, und N). Kein Gesellschaftsvertrag. Kein Testament. M wird von seinen drei Kindern (A, B und C) beerbt. Wie vollzieht sich der Übergang der Beteiligung des M?

a) M ist Komplementär.

b) M ist Kommanditist.

Lösung:

a) Die Vererbung der Komplementärbeteiligung vollzieht sich gem. § 161 Abs. 2 HGB i. V. m. § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB nach den gesetzlichen Regeln der OHG. Die M-KG wird unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt. Die Erbengemeinschaft A, B, C hat einen Abfindungsanspruch gegen die KG.

b) Die Vererbung der Kommanditbeteiligung folgt § 177 HGB. Danach übernehmen die Erben A, B und C die Gesellschafterstellung des M, und zwar im Wege der Sonderrechtsnachfolge. Jeder der Erben (und nicht etwa die Erbengemeinschaft) rückt anteilig und unmittelbar (hier: zu je 1/3) in die Rechtsstellung des M bei der KG ein.

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