7.2.1 Die gesetzliche Lösung

 

Rz. 321

Immer schon konnte die Frage der Übertragung und Vererbung von Beteiligungen an Personengesellschaften nur in Verbindung mit dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag gelöst werden. Sämtliche einzelgesetzlichen Regelungen, ob zur GbR, zur OHG, zur KG oder den sonstigen Personengesellschaften, sind in diesem Punkt dispositiv. Nur bei fehlendem Vertrag oder bei fehlender Nachfolgeklausel gelten subsidiär die gesetzlichen Regelungen.

  • Nach der seit 01.07.1998 geltenden Neufassung des HGB werden Personenhandelsgesellschaften wie die OHG beim Tode eines Gesellschafters nicht mehr ipso jure aufgelöst, sondern bleiben fortbestehen (s. § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB); die identische Rechtsfolge gilt auch bei Partnerschaftsgesellschaften (s. § 9 PartGG).
  • Ebenso wenig berührt der Tod eines Komplementärs bei einer KG (s. § 161 Abs. 2 i. V. m. § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB) die Existenz der KG, sondern löst nur die Rechtsfolgen wie beim Ausscheiden des Gesellschafters aus (sog. "Fortsetzungsklausel"). Beim Tode des Kommanditisten (§ 177 HGB) kommt es zur Direktnachfolge, ohne dass die KG aufgelöst wird (sog. "Nachfolgeklausel").
  • Anders (so wie nach dem alten Recht auch bei den Personenhandelsgesellschaften) verhält es sich nur beim Tode eines BGB-Gesellschafters (s. § 727 BGB). Die GbR wird – mangels einer vertraglichen Lösung – aufgelöst.

7.2.2 Die (notwendige) Kollision zwischen Gesellschaftsrecht und Erbrecht

 

Rz. 322

Allein die aufgezeigten gesetzlichen (gesellschaftsrechtlichen) Lösungen dokumentieren den Grundsatz, dass im Falle einer Kollision zwischen Erbrecht (Testament) und Gesellschaftsrecht der Grundsatz gilt, dass das Gesellschaftsrecht Vorrang vor dem Erbrecht hat. Das vom Gesellschaftsrecht zur Verfügung gestellte Arsenal an unterschiedlichen Nachfolgemöglichkeiten hat Vorrang vor der "lapidaren" Aussage des § 1922 BGB. Dies gilt erst recht bei mehreren Erben und nur einem Gesellschafter-Erben. Trotz dieser Aussage behält das Erbrecht die Hebel-Funktion. Die konkrete Nachfolgediskussion wird nur dann geführt, wenn der Anteil überhaupt vererblich gemacht wurde. Falls dies nicht der Fall ist, greifen die gesetzlichen Lösungen.

 

Rz. 323

Wichtiger ist aber eine zweite Dimension des gesellschaftsrechtlichen Vorrangs. Sind mehrere Erben vorhanden und gehört zum Nachlass eine Beteiligung an einer Personengesellschaft, so würde bei Geltung des § 1922 BGB die Miterbengemeinschaft unmittelbare Nachfolgerin und damit Beteiligte an der Personengesellschaft des Erblassers werden. Um der Gefahr der sodann möglichen Erbauseinandersetzung der Erbengemeinschaft als Partner der Personengesellschaft vorzubeugen, geht der Anteil des Erblassers immer im Wege der Sonderrechtsnachfolge von Todes wegen auf die einzelnen Miterben über (Singularsukzession statt Universalsukzesssion; auch beschränkte Gesamtrechtsnachfolge genannt). Die Beteiligung fällt nicht in den noch ungeteilten Nachlass (so der BGH vom 03.07.1989, BGHZ 108, 187). Die Miterben übernehmen sofort und aufgeteilt die Gesellschafterposition des Erblassers (BGH vom 04.05.1983, NJW 1983, 2376). Dies bedeutet, dass z. B. das Kapitalkonto des Alt-Gesellschafters bei drei berufenen Miterben gesplittet wird und z. B. jeder von drei Erben in die aufgespaltene "Drittelstellung" des Erblassers bei der KG einrückt. Dies gilt unabhängig von der Eigenschaft als Komplementär oder als Kommanditist. Diese Folge setzt aber beim Komplementär eine vertragliche Vereinbarung (sog. "Nachfolgklausel") voraus. Gleichzeitig führt der BGH in sämtlichen Entscheidungen aus, dass die Beteiligung nicht am Nachlass vorbei übertragen werden kann. Dies ist kein Paradoxon zu der obigen Aussage (Beteiligung fällt nicht in den Nachlass); damit ist nur zum Ausdruck gebracht, dass für den Fall des gesellschaftsrechtlichen Ausscheidens eines Erben, der nicht als Gesellschafter-Nachfolger berücksichtigt wird, dieser einen seiner Quote entsprechenden Ausgleichsanspruch gegen den privilegierten Gesellschafter-Erben erhält.

7.2.3 Die vertraglichen Klauseln

 

Rz. 324

Losgelöst von der geltenden und differenzierenden Gesetzeslage beeinflusst jedoch das zwischenzeitlich von der Rechtsprechung des BGH entwickelte Nachfolgekonzept bei allen Beteiligungen an Personengesellschaften wesentlich stärker die Frage des Übergangs.

Hierauf aufbauend und in Anlehnung an die vertragliche Gestaltungspraxis hat sich ein Nachfolgekonzept bei Beteiligungen an Personengesellschaften entwickelt, das von folgenden Alternativen ausgeht:

  1. Bei der Auflösungsklausel wird die Personengesellschaft aufgelöst und die Erbengemeinschaft tritt an die Stelle des Alt-Gesellschafters und ist (nur in diesem Fall) Partner der zu liquidierenden Personengesellschaft (hier besteht keine Notwendigkeit für eine "Einzel-Nachfolge". Dies entspricht dem gesetzlichen Leitbild bei der GbR (s. § 727 BGB).
  2. Bei Vereinbarung der sog. "Fortsetzungsklausel" werden die Erben nicht Gesellschafter, sondern haben einen Anspruch auf das Abfindungsguthaben nach § 738 BGB, während der Gesellschaftsanteil des Erblassers auf die verbleibenden Gesellschafter übergeht (sog. "An-/Abwachsung"). Die Pers...

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