Rz. 36

Das vereinfachte Ertragswertverfahren gem. §§ 199 f. BewG unterscheidet sich stark vom Ertragswertverfahren für die Immobilienbewertung (§§ 184 bis 188 BewG). Beide Verfahren können zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen. Dies soll an einem Beispiel verdeutlicht werden.

 

Rz. 37

 
Praxis-Beispiel

Ein Mietwohngrundstück befindet sich im Besitz einer GmbH (Fall 1). Die Tätigkeit der Gesellschaft beschränkt sich auf die Vermietung der Immobilie und sie besitzt außer der Immobilie kein weiteres Vermögen. Alternativ wird angenommen, dass sich das Grundstück in Privatbesitz befindet (Fall 2).

Mieteinnahmen pro Jahr: 108.000 EUR

Anschaffungskosten: 1.000.000 EUR

Restnutzungsdauer: 40 Jahre

Liegenschaftszins: 5 Prozent

 
BV (Fall 1) gem. §§ 199 f. BewG PV (Fall 2) gem. §§ 176 f. BewG
Vereinfachtes Ertragswertverfahren Ertragswertverfahren
Mieteinnahmen 108.000 EUR Rohertrag 108.000 EUR
Abzgl. AfA (2 % der AK) 20.000 EUR Abzgl. Bewirtschaftungskosten (pauschal mit 23 % angesetzt, s. Anlage 23 BewG) 24.840 EUR
Abzgl. sonstige Aufwendungen 10.000 EUR Reinertrag des Grundstücks 83.160 EUR
Gewinn nach Steuerbilanz 78.000 EUR Abzgl. Bodenwertverzinsung 26.250 EUR
Abzgl. pauschale Steuern 30 % 23.400 EUR Gebäudereinertrag 56.910 EUR
Gewinn nach Steuern 54.600 EUR Vervielfältiger (s. Anlage 21 BewG) 17,16
Kapitalisierungsfaktor (§ 203 BewG) 13,75 Gebäudeertragswert (Gebäude­reinertrag × Vervielfältiger) 976.576 EUR
Ertragswert 750.750 EUR Bodenrichtwert 350/m²
  Grundstücksfläche 1.500 m²
Bodenwert (Bodenrichtwert × Grundstücksfläche) 525.000 EUR
750.750 EUR Ertragswert (Gebäudeertragswert + Bodenwert) 1.501.576 EUR
 

Rz. 38

Der ermittelte Wert für das Betriebsvermögen in Fall 1 ist im Beispiel nur gut halb so hoch wie der Wert in Fall 2. Der Substanzwert des Unternehmens bildet jedoch die Wertuntergrenze (siehe unten). Im Endeffekt wird der vereinfachte Ertragswert bei Unternehmen mit hohem Immobilienbestand oder Immobilienunternehmen (wie in Fall 1) deshalb nicht zum Ansatz kommen, weil der Substanzwert (verkörpert durch die Immobilie) über dem vereinfachten Ertragswert liegt. Der Substanzwert (in diesem Fall also der gemeine Wert der Immobilie) berechnet sich nach dem Ertragswertverfahren für Immobilien (wie in Fall 2). In Bezug auf den letztendlich festgestellten Wert der Immobilie macht es im Beispiel somit keinen Unterschied, ob sich die Immobilie im BV befindet oder privat gehalten wird. Der Vergleich zeigt, dass der vereinfachte Ertragswert die im Unternehmen vorhandene Vermögenssubstanz nicht immer zuverlässig widerspiegelt. Dies gilt zumindest dann, wenn man davon ausgeht, dass das Ertragswertverfahren für Immobilien durch seine zahlreichen orts- und bauwerksspezifischen Bewertungsparameter zu einem realitätsgerechten Wert führt.

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