Rz. 94

§ 13a Abs. 5 ErbStG stellt sicher, dass im Falle der Weitergabeverpflichtung des begünstigten Vermögens nur der Enderwerber die Begünstigungen erhält, zumal Erbauseinandersetzungen und Teilungsanordnungen erbschaftsteuerlich unbeachtlich sind (BFH vom 30.06.1960, BStBl III 1960, 348). Der Enderwerber muss somit einen Sachleistungsanspruch auf Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 1 ff. ErbStG haben. Für auf Geld gerichtete Ansprüche (z. B. des Pflichtteilsberechtigten gem. § 2303 BGB oder des güterrechtlichen Zugewinnausgleichs für den überlebenden Ehegatten gem. § 1371 Abs. 2 BGB, Abfindungserwerbe gem. § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG, kritisch Claussen/Thonemann-Micker in BeckOK ErbStG, § 13a Rn. 162) kommt ein Begünstigungstransfer somit nicht in Betracht, auch wenn dieser an Erfüllung statt in Form von begünstigtem Betriebsvermögen erfolgt.

 

Rz. 95

So wird bei Erwerben von Todes wegen der Erbe zunächst Eigentümer, muss jedoch das Vermögen aufgrund Testament oder Erbvertrag herausgeben (R E 13a.11 Abs. 1 Satz 2 ErbStR). Anwendungsfälle der Vorschrift betreffen somit grundsätzlich Vermächtnisse (Sach-/Vorausvermächtnisse), nicht jedoch Verschaffungsvermächtnisse i. S. d. § 2170 BGB, da in diesen Fällen kein begünstigtes Vermögen "herauszugeben" ist, Teilungsanordnungen (einschließlich qualifizierter Nachfolgeklauseln bei Personengesellschaften, BFH vom 10.11.1982, BStBl 1983, 329; analog: Abtretungsklauseln), (freie) Erbauseinandersetzungen, Schenkungsversprechen auf den Todesfall. Schenkungen unter Lebenden werden im Gesetzestext nicht genannt, da das Problem des Begünstigungstransfers hier nicht auftreten kann. Des Weiteren ist von § 13a Abs. 5 ErbStG nicht die Vor- und Nacherbschaft erfasst, da diese jeweils einen eigenen Erwerbstatbestand auslöst.

 

Rz. 96

Der Begünstigungstransfer setzt voraus, dass Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 1 ErbStG übergeht. Dies ist bspw. nicht der Fall, wenn lediglich Einzelwirtschaftsgüter übertragen werden oder Sonderbetriebsvermögen ohne Mitübertragung eines Mitunternehmeranteils übergeht. Unklar ist, ob auch ein mitunternehmerischer Nießbrauch von § 13b Abs. 5 ErbStG erfasst ist. Auf Grundlage der BFH-Rechtsprechung (vom 01.09.2011, BStBl II 2013, 210) dürfte dies zu bejahen sein, da das Nießbrauchsrecht einen Anteil an einem Mitunternehmeranteil darstellt. Aus Vorsichtsgründen sollte daher der Erblasser neben dem mitunternehmerischen Nießbrauch einen – wenn auch kleinen – Anteil an der Gesellschaftsbeteiligung übertragen.

 

Rz. 97

Die Vorschrift des § 13a Abs. 5 ErbStG steht nicht allein; so kommt der Begünstigungstransfer auch in den Fällen des Familienheims (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c ErbStG) oder der zu Wohnzwecken vermieteten Immobilien (§ 13d ErbStG) zur Anwendung. Hierzu ergangene Rechtsprechung ist somit grundsätzlich analog für § 13a Abs. 5 ErbStG anwendbar.

 

Rz. 98

Die Finanzverwaltung stellt zur Anwendung des § 13a Abs. 5 ErbStG grundsätzlich auf das Vorliegen einer Weitergabeverpflichtung ab (R E 13a.11 Abs. 1 Satz 4 ErbStR). Insb. diejenigen Fälle können problematisch werden, in denen die Weitergabeverpflichtung zweifelhaft ist oder diese ggf. nicht vollzogen wird (Geck in K/E, § 13a Rn. 82).

 

Rz. 99

Zeitliche Fristen für die Anwendung der Norm werden im Gesetzeswortlaut nicht genannt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann die Sechsmonatsfrist bei freien Erbauseinandersetzungen (H E 13a.3 ErbStH) nur im Falle sachlicher Gründe überschritten werden, z. B. bei gerichtlichen Streitigkeiten (H E 13a.11 ErbStH). Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Begünstigungstransfer bei den Finanzbehörden auf Widerstand stoßen dürfte, sollte sich die Herausgabe des begünstigten Vermögens bei freier Erbauseinandersetzung ungewöhnlich lange hinauszögern. Letztlich ist die Erbengemeinschaft nämlich auf Auseinandersetzung gerichtet (BGH vom 17.10.2006, NJW 2006, 3715). Nach Auffassung des FG Baden-Württemberg (vom 12.02.2020, ZEV 2020, 587) bleibt eine freie Erbauseinandersetzung mehr als drei Jahre nach dem Erbfall für Zwecke des Begünstigtentransfers unberücksichtigt, wenn in dieser Zeit nicht der übernehmende Miterbe das Unternehmen geführt hat (sondern die Erbengemeinschaft) und er das Unternehmen kurz nach der Erbauseinandersetzung veräußert.

 

Rz. 100

Verzögert sich die Weitergabe des begünstigten Vermögens so lange, dass der Erbe erschaftsteuerlich als Erwerber anzusehen ist, und gibt er dieses dann an den eigentlichen Erwerber heraus, kann dies einen Nachsteuertatbestand i. S. d. Abs. 6 auslösen; ggf. können auch ertragsteuerliche Folgen (z. B. durch Entstrickung) eintreten.

 

Rz. 101

Abfindungserwerbe i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG gelten beim Empfänger als vom Erblasser stammend und sind somit begünstigt (R E 13b.1 Abs. 1 Nr. 7 ErbStR). Dies führt beim Erben jedoch zu einem Nachsteuertatbestand gem. § 13a Abs. 6 ErbStG (R E 13a.12 Abs. 3 Nr. 1 ErbStR; krit. Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rn. 151). Unklar ist die Rechtslage hingegen beim aufschiebend bedingten Vermächtnis (§ 2177 BGB) sowie für die Ü...

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