Rz. 85

Die Regelung des § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG setzt für die Inanspruchnahme der (Regel-)Verschonung voraus, dass der Anteil des Verwaltungsvermögens im übertragenen Betriebsvermögen weniger als 90 % des Unternehmenswerts beträgt. Danach führt der 90 %-Test bei der Regelverschonung zur kompletten Aberkennung oder zur grundsätzlichen Verschonung, wobei das Nettoverwaltungsvermögen in jedem Falle steuerpflichtig bleibt. Besteht das Unternehmensvermögen zu mindestens 90 % aus Verwaltungsvermögen (von R E 13b.10 ErbStR als übermäßiges Verwaltungsvermögen bezeichnet), wird das – dem Grunde nach – begünstigungsfähige Vermögen vollständig von der Verschonung ausgeklammert (kritisch hierzu Brabender/Winter, ZEV 2017, 81 sowie Wachter, DB 2017, 804 ff. (807 f.) m. w. N, ebenso FG Münster vom 03.06.2019, ZEV 2001, 551 verfassungsrechtliche Zweifel, bestätigt im Hauptsacheverfahren (s. FG Münster vom 24.11.2021, ZEV 2022, 110).).

Berechnungsschema für den 90 %-Test (s. H E 13b.10 ErbStH):

 
  Wert des Verwaltungsvermögens (einschließlich junges Verwaltungsvermögen)
gem. § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 4 ErbStG
 
+

Wert der Finanzmittel (einschließlich junger Finanzmittel)

gem. § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG
 
= Verwaltungsvermögen für den 90 %-Test  
 
Verwaltungsvermögensquote = Verwaltungsvermögen für den 90 %-Test
  Wert des Betriebsvermögens/Anteils

Beträgt die Verwaltungsvermögensquote 90 % oder mehr, dann liegt insgesamt kein begünstigtes Vermögen vor.

 

Rz. 86

Der maßgebliche Zeitpunkt für die Ermittlung der Quote ist die Übertragung, wobei ausschließlich auf die Person des Übergebers abzustellen ist (R E 13b.12 Abs. 2 S. 1 und 2 ErbStR).Spätere Veränderungen der Quote sind unbeachtlich (vgl. R E 13b Abs. 2 S. 3 ErbStR).

 

Rz. 87

Die Ermittlung des relevanten Verwaltungsvermögens bestimmt sich nach § 13b Abs. 4 ErbStG. Eine Verrechnung der Finanzmittel mit den Schulden sowie der Abzug des Sockelbetrages beim Finanzmitteltest gem. Abs. 4 Nr. 5, die quotale Schuldenverrechnung mit dem Verwaltungsvermögen gem. Abs. 6 und die Kürzung um unschädliches Verwaltungsvermögen gem. Abs. 7 werden nicht vorgenommen (vgl. R E 13b.10 S. 4 ErbStR). Gerade Unternehmen, die einen hohen Bestand an Finanzmitteln besitzen, droht hierbei der vollständige Ausschluss von der Begünstigung. (vgl. Geck in K/E, ErbStG § 13b Rz. 74). Es erfolgt einzig gem. § 13b Abs. 3 ErbStG die Saldierung der Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen mit dem Vermögen, welches dauerhaft der Erfüllung der Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dient und dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen ist.

 
Praxis-Beispiel

(90 %-Test)

A ist 70 Jahre alt und Alleingesellschafter A-GmbH. Langsam möchte er sich zur Ruhe setzen und plant die kompletten Anteile auf seine Tochter T zu übertragen. Die A-GmbH hat einen gemeinen Wert von EUR 8 Mio. Die Bilanz weist auf der Aktivseite neben den Wertpapieren i. H. v. EUR 2 Mio. insgesamt EUR 5,5 Mio. Finanzmittel und auf der Passiva EUR 5 Mio. Schulden auf. A fragt sich, ob die Anteile begünstigungsfähig sind und er die Verschonungsregelungen in Anspruch nehmen kann.

Lösung:

Nein, die Verschonung kann nicht in Anspruch genommen werden, es liegt übermäßiges Verwaltungsvermögen vor:

 
Verwaltungsvermögen für den 90 %-Test  
  Verwaltungsvermögen, § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 4 ErbStG EUR 2 Mio.
+ Finanzmittel, § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 1 ErbStG EUR 5,5 Mio.
= Verwaltungsvermögen für den 90 %-Test EUR 7,5 Mio.
Wert des Anteils am Betriebsvermögen EUR 8 Mio.
Quote des Verwaltungsvermögens für den 90 %-Test  
  Verwaltungsmögen für den 90 %-Test (EUR 7,5 Mio.) = 93,75 %
  Wert des Anteils am BV (EUR 8 Mio.)

Der Anteil des Verwaltungsvermögens beträgt mehr als 90 % des begünstigungsfähigen Vermögens. Damit liegt übermäßiges Verwaltungsvermögen vor. Die Verschonungsregelungen kommen nicht zur Anwendung. Der Anteil des Verwaltungsvermögens beträgt mehr als 90 % des begünstigungsfähigen Vermögens. Damit liegt übermäßiges Verwaltungsvermögen vor. Die Verschonungsregelungen kommen nicht Betracht. Um zu einer Verschonung zu gelangen, müsste das Verwaltungsvermögen unter die 90-%-Grenze gelangen (dies bedeutet im vorliegenden Fall eine Reduzierung der Finanzmittel um rund 0,9 EUR Mio.)

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