Rz. 80

[Autor/Stand] Nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG ist das begünstigungsfähige Vermögen also begünstigt, soweit sein gemeiner Wert den um das unschädliche Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 7 ErbStG gekürzten Nettowert des Verwaltungsvermögens i.S.d. § 13b Abs. 6 ErbStG übersteigt (begünstigtes Vermögen). Abweichend davon bestimmt § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG, dass der Wert des begünstigungsfähigen Vermögens vollständig nicht begünstigt ist, wenn das Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 4 ErbStG vor der Anwendung des § 13b Abs. 3 Satz 1 ErbStG, soweit das Verwaltungsvermögen nicht ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus durch Treuhandverhältnisse abgesicherten Altersversorgungsverpflichtungen dient und dem Zugriff aller übrigen nicht aus diesen Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen ist, sowie der Schuldenverrechnung und des Freibetrags nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG sowie der § 13b Abs. 6 und 7 ErbStG mindestens 90 Prozent des gemeinen Werts des begünstigungsfähigen Vermögens beträgt. Im Ergebnis gilt also: Besteht das begünstigungsfähige Vermögen nahezu ausschließlich, das heißt zu mindestens 90 Prozent, aus Verwaltungsvermögen (übermäßiges Verwaltungsvermögen), ist es von jeder Verschonung ausgenommen (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG). Das betrifft die Verschonungen nach § 13a und § 13c ErbStG, die Stundung nach § 28 Abs. 1 ErbStG und die Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG. Allein die allgemeinen Erlass-, Stundungs- und Billigkeitsvorschriften der Abgabenordnung bleiben weiterhin anwendbar.

Dem FG Münster ist darin zuzustimmen, dass § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG dem Normzweck entsprechend im Wege der teleologischen Reduktion verfassungskonform dahingehend einschränkend auszulegen ist, dass der. Einstiegstest in den Fällen des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG dann nicht zur Anwendung kommt, wenn die betreffende Kapitalgesellschaft ihrem Hauptzweck nach einer Tätigkeit im Sinne des § 13 Abs. 1, des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, des § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG dient.[2] § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG enthält nach seinem Sinn und Zweck einen speziellen Missbrauchsvermeidungstatbestand. Bei Kapitalgesellschaften allerdings, deren Hauptzweck aber eine Tätigkeit im Sinne des § 13 Abs. 1, des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, des § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG ist, besteht von vornherein keine Missbrauchsgefahr der gesetzlich begegnet werden muss. Insbesondere bei Handels- und Dienstleistungsunternehmen, die typischerweise einen vergleichsweise hohen Bestand an Forderungen aus Lieferungen und Leistungen aus ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit haben, welche § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 1 ErbStG als Verwaltungsvermögen in Gestalt von Finanzmitteln klassifiziert, und bei denen der Einstiegstest nach dem strengen Wortlaut des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG aus diesem Grund regelmäßig negativ ausfällt, stellt der Missbrauch, den der Gesetzgeber mit der Vorschrift zu bekämpfen beabsichtigte, keine Gefahr dar.[3] Im Gegenteil werden durch eine uneingeschränkte Anwendung des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG für solche Unternehmen Anreize gesetzt, entgegen ihrem gewachsenen und üblichen Geschäftsmodell Ausweichgestaltungen oder betriebswirtschaftlich nicht sinnvolle bzw. nachteilige Vorgehensweisen zu wählen, um einen positiven Einstiegstest zu erreichen. Beispielsweise könnten sich solche Unternehmen veranlasst sehen, ihre Finanzmittel in Gestalt von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen nur zur Erlangung der schenkungsteuerlichen Begünstigungen im Wege des für sie Kosten verursachenden Factorings umzuschichten und dadurch die notwendige Liquidität zu generieren, um ggf. noch nicht fällige Schulden rechtzeitig vor einer geplanten Schenkung zu tilgen.

 

Rz. 81

[Autor/Stand] Für die Prüfung, ob übermäßiges Verwaltungsvermögen vorliegt, ist folgendes Verhältnis maßgebend:

 
Summe aus dem festgestellten Wert des Verwaltungsvermögens einschließlich des jungen Verwaltungsvermögens und dem festgestellten Wert der Finanzmittel einschließlich der jungen Finanzmittel
festgestellter Wert des (Anteils) Betriebsvermögens.
 

Rz. 82

[Autor/Stand] Die Schuldenverrechnung mit den Finanzmitteln, der Sockelbetrag beim Finanzmitteltest, die quotale Schuldenverrechnung mit dem Verwaltungsvermögen und das unschädliche Verwaltungsvermögen bleiben unberücksichtigt.[6] Verwaltungsvermögen, das der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dient (§ 13b Abs. 3 ErbStG), ist nicht zu berücksichtigen.[7]

 

Rz. 83

[Autor/Stand] Beträgt die Quote 90 % oder mehr, ist der Erwerb insgesamt nicht begünstigt. Bei einer Quote von weniger als 90 % kommt der (normale) Verwaltungsvermögenstest nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG zur Anwendung.

 

Rz. 84

[Autor/Stand] Der gemeine Wert des Verwaltungsvermögens wird im vorliegenden Zusammenhang wie folgt ermittelt: Ausgangspunkt ist die Summe der gemeinen Werte des Verwaltungsvermögens. Das Vermögen, das der Sicherung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dient, wird grun...

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