Rz. 58

Auf der Ebene des Erwerbers ist zu klären, ob die Entrichtung der Steuer durch den Steuerschuldner zu einer Gefährdung des Betriebes führen würde. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Erwerber im Zeitpunkt der Steuerentstehung über genügend übrige eigene Mittel verfügt, um die Steuer zu entrichten. Beim Anlegen eines solchen Maßstabes bedarf es einer genauen Rechtfertigung dafür, wenn bestimmte übrige Mittel dem Grunde oder der Höhe nach wiederum von der Heranziehung ausgenommen werden, sodass dies nur auf sehr wenige Bereiche zutrifft. Einbezogen wird also nicht nur das erworbene nicht begünstigte Vermögen, sondern auch das nicht begünstigte Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 2 ErbStG, das dem Erwerber bereits vor dem Erwerb gehört hat. Ausgenommen wird damit nur das bereits vorhandene Vermögen, welches im Falle eines Erwerbs von Todes wegen oder einer Schenkung seinerseits begünstigtes Vermögen darstellen würde. Die Ausnahme für dieses Vermögen ist zwar im Lichte des Gesetzgebers folgerichtig, denn der Zweck der Verschonung, die in den übergegangenen Betrieben angelegte Beschäftigung und die Betriebe selbst zu bewahren, muss in gleichem Maße für bereits vorhandene Betriebe gelten. Die Beurteilung kann jedoch im Falle von einzusetzendem nicht begünstigten VV (z. B. auch sog. junge Finanzmittel) zu dramatischen Folgen führen.

 

Rz. 59

Zum Vermögen, das dem Erwerber im Besteuerungszeitpunkt bereits gehört, sind deshalb folgende Vermögensgegenstände zu zählen:

  • PV, welches nicht selbst betrieblich gebundenes Vermögen i. S. d. § 13b ErbStG darstellt, wie z. B. Kapitalvermögen, Grundvermögen, Hausrat, sonstiges Vermögen,
  • Vermögen, das zwar zu einem BV gehört, das aber seinerseits i. S. d. § 28a i. V. m. § 13b Abs. 1 ErbStG nicht privilegiert, also begünstigungsfähig ist, welches also sog. verfügbares Vermögen darstellt, wie z. B. Anteile an einer KapG unterhalb der Mindestbeteiligungsquote, ausländisches BV im Drittstaat, Grundstücke, die in diesen Einheiten wiederum an Dritte vermietet wurden.
 

Rz. 60

Keine verfassungsrechtlichen Bedenken scheint der Gesetzgeber zu haben, alle übrigen Vermögensgegenstände, auch wenn sie steuerfrei erworben wurden und steuerfrei übertragen werden können, in die Verschonungsbedarfsprüfung einzubeziehen. Dies wird damit begründet, dass es nicht zu einem Austausch der Vermögensgegenstände komme, sondern die Einbeziehung vielmehr eine Berechnungsgröße für den Maßstab darstelle, mit dem der Verschonungsbedarf ermittelt werde. Nach dem BVerfG vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12, DStR 2015, 31 Rn. 175) ist dem Gesetzgeber aufgegeben worden, zu prüfen, ob vorhandenes eigenes Vermögen in die Bedürfnisprüfung einzubeziehen ist, weshalb das BVerfG indirekt die Frage der Verfassungsmäßigkeit in diesem Punkt schon inzident beantwortet hat. Eine Betriebsgefährdung könne nicht gegeben sein, wenn der Erwerber genügend eigene Mittel für die Steuerzahlung habe. In einem solchen Falle kommt die Verschonungsbedarfsprüfung zu dem Ergebnis, dass eine Verschonung für den Erwerb bzw. den Erwerber nicht machbar sei.

Einzubeziehen sind damit auch Vermögensgegenstände, für deren Erwerb in § 13 ErbStG bestimmte Steuerbefreiungsvorschriften enthalten sind. Diese sollten dem allgemeinen Lebensunterhalt wie z. B. durch Hausrat, Familienwohnheim usw. dienen. Da auch bestimmte Gegenstände nicht – ohne Steuern – zu 100 % in ihrem Wert realisierbar seien, kommt nun eine Grenze von 50 % zum Einsatz, mit der gerechtfertigt wird, dass dem Steuerpflichtigen ein Teil seines Vermögens verbleiben würde (vgl. R E 28a.2 Abs. 1 ErbStR).

 

Rz. 61

Zum verfügbaren Vermögen dürften auch die aus früheren Erwerben erhaltenen Anteile an sog. Cash-GmbHs gehören, deren Nichtbegünstigung auf das Amtshilfe-Richtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.06.2013 (BGBl I 2013, 1809) und die entsprechend erfolgten Änderungen des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a. F. zurückzuführen ist. Dies erfolgt dann auch ungeachtet des Umstandes, dass für solche Erwerbe vielfach noch Behaltefristen laufen dürften (vgl. Eisele, ErbStReform 2016, 79; Wachter, FR 2016, 690, 706).

Betrachtet wird der Bestand des verfügbaren Vermögens innerhalb der Verschonungsbedarfsprüfung zum Zeitpunkt der Steuerentstehung. Künftige Entnahmen oder Ausschüttungen wie auch Einzahlungsverpflichtungen wirken sich nicht auf den Wert des verfügbaren Vermögens aus und haben innerhalb der Verschonungsbedarfsprüfung keine Bedeutung. Gesellschaftsvertragliche Verfügungsbeschränkungen wirken sich daher ebenfalls nicht negativ aus.

Das verfügbare Vermögen aus vorhandenem Vermögen erhöht nicht die Steuerfestsetzung an sich, da es nicht aus dem aktuellen Erwerbstatbestand herrührt. Es wird aber bei der Ermittlung der Erlassquote i. R.d. Verschonungsbedarfsprüfung herangezogen und dient damit zu 50 % der Steuerzahlung.

 

Rz. 62

Die Nachweise für die Wertansätze dieses Vermögens muss der Steuerpflichtige erbringen. Das hat zur Folge, dass er nicht nur eine Bewertung des Vermögens aus dem Übertragungsvorgang vorn...

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