Rz. 18

Stehen dem Kind aus Anlass des Todes des Erblassers nicht der Erbschaftsteuer unterliegende Versorgungsbezüge i. S. d. R E 3.5 ErbStR zu, wird nach § 17 Abs. 2 Satz 2 ErbStG der Freibetrag um den nach § 13 Abs. 1 BewG zu ermittelnden Kapitalwert dieser Versorgungsbezüge gekürzt, damit diese Kinder nicht gegenüber den anderen Kindern bevorzugt sind.

 

Rz. 19

Bei der Berechnung ihres Kapitalwerts ist von der nach den Verhältnissen im Besteuerungszeitpunkt (§ 11 ErbStG) voraussichtlichen Dauer der Versorgungsbezüge auszugehen (§ 17 Abs. 2 Satz 3 ErbStG). Bei Waisen steht regelmäßig von vornherein fest, dass die Versorgungsbezüge nur für eine bestimmte Zeit gezahlt werden. Es handelt sich deshalb nicht um lebenslängliche, sondern um zeitlich befristete Bezüge. Der Kapitalwert der Waisenbezüge ist hier – im Gegensatz zur Ermittlung des Kapitalwerts der Versorgungsbezüge nach § 17 Abs. 1 ErbStG – nicht nach § 14 BewG, sondern nach Anlage 9a zu § 13 Abs. 1 BewG zu ermitteln.

 
Praxis-Beispiel

Vater V hinterlässt seinem 17-jährigen Kind K 500.000 EUR Bargeld. Außerdem steht K aus Anlass des Todes des V ein nicht erbschaftsteuerbarer Versorgungsbezug mit einem Jahreswert von 1800 EUR zu. Die voraussichtliche Dauer dieses Bezugs beträgt sechs Jahre.

Lösung:

Der steuerpflichtige Erwerb des K ermittelt sich wie folgt:

Bargeld:

500.000 EUR ./. 400.000 EUR Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG = 100.000 EUR

Versorgungsbezug:

Der Versorgungsfreibetrag nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ErbStG i. H. v. 20.500 EUR ist nach § 17 Abs. 2 Satz 2 und 3 ErbStG um den Kapitalwert des nicht steuerbaren Versorgungsbezugs zu kürzen. Der Kürzungsbetrag berechnet sich wie folgt:

Kapitalwert:

1.800 EUR × 5,133 (§ 13 Abs. 1 BewG i. V. m. Anlage 9a) = 9.239 EUR

gekürzter Freibetrag:20.500 EUR ./. 9.239 EUR = 11.261 EUR

Abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb: 100.000 EUR ./. 11.261 EUR = 88.700 EUR

ErbSt Kind K = 11 % nach § 19 Abs. 1 ErbStG: 9.757 EUR

 

Rz. 20

I.d.R. endet die Laufzeit der Waisenbezüge mit dem Erreichen eines bestimmten Alters oder mit dem Ende der Schul- oder Berufsausbildung. Eine kürzere Laufzeit gegenüber der Vorausschätzung, z. B. bei unerwartet schnellem Abschluss der für die Laufzeit der Bezüge maßgeblichen Ausbildung, ist kein Anlass für eine Änderung der Steuerfestsetzung. Soweit allerdings die Bezüge auflösend bedingt sind, kann nach Eintritt der Bedingung eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO beantragt werden.

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