Rz. 133

Während beim Erwerb von Todes wegen eine Universalsukzession vorliegt, handelt es sich bei freigebigen Zuwendungen unter Lebenden jeweils um eine Einzelrechtsnachfolge. Daher kann bei Übertragung mehrerer Schenkungsgegenstände zur gleichen Zeit oder jedenfalls in zeitlicher Nähe die Frage auftreten, ob es sich hierbei um eine einheitliche Zuwendung mehrerer Vermögensgegenstände handelt oder ob die Übertragung jedes einzelnen Vermögensgegenstandes eine eigene freigebige Zuwendung darstellt. Auswirkungen kann dies bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage oder bei der Optionsverschonung gem. § 13a Abs. 10 ErbStG (vgl. RE 13a.21 Abs. 1 Satz 2 ErbStR) haben. Während bei einer einheitlichen Zuwendung mehrerer Vermögensgegenstände, deren Einzelwerte vollständig miteinander verrechnet werden können (also auch negative Werte berücksichtigungsfähig sind), ist gem. § 14 Abs. 1 Satz 4 ErbStG beim Vorliegen mehrerer, zeitlich nacheinander erfolgender Zuwendungen eine Verrechnung negativer Werte mit anderen positiven Werten nicht möglich (Mindestbesteuerung; s. hierzu auch Moench/Stempel, DStR 2008, 170). Zwar kommen negative Steuerwerte bei Grundstücksschenkungen in der Praxis heute nicht mehr vor, in Betracht kommen negative Steuerwerte allerdings bei der Schenkung von Mitunternehmeranteilen bzw. insgesamt im betrieblichen Bereich.

 

Rz. 134

Erforderlich für eine Saldierung mehrerer Zuwendungsgegenstände ist allerdings, dass es sich bei der Übertragung der verschiedenen Zuwendungsobjekte um eine einheitliche Zuwendung handelt, die in einem Zuge vollzogen wird (FG Münster vom 18.11.2014, Beck RS 2014, 123259). Auszugehen für die Beurteilung einer einheitlichen Zuwendung ist beim Vorliegen vertraglicher Grundlagen vom übereinstimmenden Vertragswillen der Parteien bzw. beim Fehlen vertraglicher Grundlagen vom (einseitigen) Willen des Zuwendenden. Im Regelfall wird allerdings bei derartigen Gestaltungen eine vertragliche Grundlage vorliegen.

 

Rz. 135

Nicht erforderlich ist, dass der Übertragungsvorgang in einem einheitlichen Schenkungsvertrag vorgenommen wird. Vielmehr kann auch ein einheitlicher Zuwendungswille vorhanden sein, wenn mehrere Verträge (zeitgleich) abgeschlossen werden und beispielsweise (aus Gründen der Kostenersparnis) nur einer davon notariell beurkundet wird (FG Münster vom 27.01.1972, EFG 1972, 190). Umgekehrt kann aber aus dem alleinigen Umstand der zeitlichen Beurkundung nicht zwingend auf einen einheitlichen Zuwendungswillen geschlossen werden, vielmehr sind jeweils die Gesamtumstände zu berücksichtigen (FG Münster vom 09.04.2018, ZEV 674, rkr.) Ebenfalls nicht ausreichend für die Annahme eines einheitlichen Zuwendungswillens ist, dass die einzelnen Zuwendungsakte lediglich in einem Steuerbescheid zusammengefasst werden können (BFH vom 16.12.1992, BFH/NV 1993, 298).

 

Rz. 136

In zeitlicher Hinsicht ist erforderlich, dass der einheitliche Zuwendungswille bereits beim Abschluss des ersten Schenkungsvertrags vorliegt. Der BFH (Urteil vom 18.03.1981, BStBl II 1981, 532; Urteil vom 10.02.1982, BStBl II 1982, 351) hat insoweit verschiedene Übertragungen, die innerhalb eines Monats stattfanden und denen teilweise privatschriftliche, teilweise notariell beurkundete Verträge zugrunde lagen, noch als einheitliche Schenkung angesehen (krit. hierzu: Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 78; Gebel, ZEV 2001, 213; vgl. auch BFH vom 20.01.2010, BStBl II 2010, 463, der wohl eher eine Zeitgleichheit fordert).

 

Rz. 137

Um bei solchen Gestaltungen die Frage des einheitlichen Zuwendungswillens infolge unterschiedlicher Übertragungszeitpunkte überhaupt nicht aufkommen zu lassen, ist zu empfehlen, die beabsichtigten Zuwendungen, wenn auch in verschiedenen Verträgen, so doch zumindest am gleichen Tag durchzuführen (vgl. auch Halaczinski, ErbStB 2010, 6; ebenso Schuck in V/S/W, § 7 Rn. 89 mit Hinweis auf FG Baden-Württemberg vom 20.03.2008, DStR 2009, 615).

 

Rz. 138

Hinzuweisen ist darauf, dass bei einer einheitlichen Schenkung mehrerer Gegenstände die Festsetzungsfrist gem. § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO erst mit dem Tod des Schenkers oder ab positiver Kenntnis des zuständigen Finanzamts über die gesamte Schenkung beginnt (BFH vom 26.07.2017, DStR 2017, 2171; FG Münster vom 22.10.2015, DStRE 2017, 674). Sind daher Teil-Schenkungen dem Finanzamt nicht bekannt, beginnt die Festsetzungsfrist gem. § 170 Abs. 5 Nr. 2, 1. Alternative AO erst mit dem Tod des Schenkers.

 

Rz. 139–140

vorläufig frei

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