Rz. 36

Für eine Stundung nach § 28 Abs. 1 ErbStG in der bis zum 30.06.2016 gültigen Fassung musste Betriebsvermögen oder land- und forstwirtschaftliches Vermögen übergehen. Anteile an PersG, Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG), gewerblich geprägten Gesellschaften (GmbH & Co. KG) und ähnliche Mitunternehmerschaften i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG und Sonder-BV gehörten dazu, nicht allerdings Anteile an KapG (Aktien oder GmbH-Anteile) (vgl. R E 28 Abs. 1 Sätze 2 und 3 ErbStR 2011). Anders war dies nur dann, wenn die Anteile Bestandteil des BV einer PersG, des Sonder-BV oder einer Einzelunternehmung waren. Maßgeblich für die Zugehörigkeit zum BV war stets die bewertungsrechtliche Qualifikation, nicht die ertragsteuerliche Sicht.

 

Rz. 37

Das Nießbrauchsrecht an einem BV war nicht stundungsfähig, da es ein reines Nutzungsrecht darstellt und in der Regel keine Mitunternehmerstellung gewährleistet.

 

Rz. 38

Die Stundung musste zur Betriebserhaltung notwendig sein. Entscheidend war, dass durch die Steuerzahlungsverpflichtung eine Existenzgefährdung des Betriebs gegeben sein musste. Daher sollte es bis zur Grenze der Nachversteuerungsregelungen zumutbar sein, BV zur Steuerzahlung zu liquidieren. Entnahmebegrenzungsregelungen aus den Gesellschafterverträgen sollten aber zu berücksichtigen sein. Eine Existenzgefährdung des Betriebes lag nach Ansicht des BFH und der FinVerw nicht vor, wenn der Erwerber die Steuer aus einem zugleich erworbenen, betrieblich nicht gebundenen Vermögen oder aus eigenem Vermögen aufbringen konnte (BFH vom 11.05.1988, BStBl II 1988, 730; R E 28 Abs. 4 ErbStR 2011). Ob tatsächlich auch eigenes – nicht vom Erwerber aus diesem Erwerb erworbenes Vermögen – einzusetzen war, war allerdings umstritten. Bei einer Schenkung war zudem zu prüfen, ob der Schenker die Steuerzahlung leisten konnte oder sie nach § 10 Abs. 2 ErbStG gar übernommen hatte. Sollte dies der Fall sein, blieb eine Stundung nach § 28 ErbStG ausgeschlossen (R E 28 Abs. 4 Satz 4 ErbStR 2011).

 

Rz. 39

Von der FinVerw wurde nach R E 28 Abs. 4 ErbStR 2011 – ohne dass dies aus dem Gesetzeswortlaut ersichtlich ist – zudem verlangt, dass die Gefährdung des Betriebes allein durch die Erbschaftsteuer verursacht sein muss. Nachlassverbindlichkeiten und Auflagen blieben unbeachtlich (vgl. Jülicher in T/G/J/G, § 28 Rn. 11). Dies hätte zu erheblichen Liquiditätsproblemen führen können, wenn ein Betriebserbe aus dem BV nicht nur die Steuer, sondern insb. auch Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen und Pflichtteilsansprüchen zu erfüllen hatte, zumal diese Ansprüche sofort fällig sind.

 

Rz. 40

Waren die Voraussetzungen des § 28 ErbStG erfüllt, hatte der Steuerpflichtige einen Anspruch auf Stundung. Ein Ermessen der FinVerw sollte auch nicht im Hinblick auf eine Sicherheitsleistung wie bei § 222 AO gegeben sein (vgl. Jochum in W/J, § 28 Rn. 7; Hannes/Holtz in M/H/H, § 28 Rn. 3). Ob das Verlangen der FinVerw nach einer Sicherheitsleistung erfüllt werden musste, blieb ungeklärt. Die frühere Richtlinienregelung (R 86 Abs. 3 Satz 2 ErbStR 2003), die auf eine Sicherheitsleistung verzichtete, war zumindest im Zuge der Neuabfassung der Erbschaftsteuerrichtlinien 2011 gestrichen worden.

 

Rz. 41

Der Beginn des Stundungszeitraumes war nicht festgelegt; es galten insoweit die allgemeinen Regeln im Zivil- und Steuerrecht, wonach die Fälligkeit durch den Steuerbescheid bestimmt wird. Die Stundungsfrist betrug bis zu zehn Jahre (Abs. 1 Satz 1), richtete sich nach den Notwendigkeiten des Betriebes und Erwerbers und stand nicht im Ermessen der FinVerw (Jülicher in T/G/J/G, § 28 Rn. 11).

 

Rz. 42

Die Stundung wurde im Fall des Erwerbs von Todes wegen zinslos (Abs. 1 Satz 2) gewährt. Dies konnte einen Nachlass von mehr als 40 % bedeuten, wenn der gesamte Zehnjahreszeitraum ausgeschöpft worden wäre.

 

Rz. 43

Bei Schenkungen unter Lebenden war die Stundung gem. §§ 234, 238 AO zinspflichtig (R E 28 Abs. 6 ErbStR 2011). Bei Erwerben unter Lebenden richteten sich die festzusetzenden Stundungszinsen nach § 238 AO, d. h. 0,5 % für jeden vollen Monat des Zinslaufes. Nach § 234 Abs. 2 AO konnte auf die Erhebung der Zinsen ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des Einzelfalles unbillig wäre. Zum möglichen Erlass der Erbschaftsteuer nach §§ 163 oder 227 AO aus Billigkeitsgründen vgl. Kien-Hümbert in M/W, § 28 Rn. 28 ff.

 

Rz. 44–49

vorläufig frei

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