Rz. 29

Nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ist auch die Übertragung eines Teilbetriebes begünstigt. Voraussetzung ist, dass ein abgrenzbarer Teilbetrieb gegeben ist, der auch vom Erwerber als selbstständiges Unternehmen fortgeführt werden kann (vgl. Gottschalk in T/G/J/G, ErbStG § 3 Rz. 364). Der Begriff des Teilbetriebs ist gesetzlich nicht definiert, hat sich aber im Laufe der Zeit durch die Rechtsprechung der Finanzgerichtsbarkeit und die Verwaltungspraxis herausgebildet. Die h. M. versteht unter einem Teilbetrieb einen mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten organisch geschlossenen Teil des Gesamtbetriebs, der für sich allein lebensfähig ist (vgl. BFH vom 27.10.1994, BStBl. II 1995, 403). Der Teilbetriebsbegriff im Rahmen der Begünstigungsregelungen der §§ 13a, 19a ErbStG ist allerdings weiter und umfassender auszulegen als im Ertragsteuerrecht (vgl. Geck in Kapp/Ebeling ErbStG § 13b Rz. 15). Als Indizien für einen eigenständigen, lebensfähigen Teilorganismus des Gesamtbetriebs – und damit das Vorliegen eines Teilbetriebs – werden von der Rechtsprechung (zum Beispiel BFH vom 22.10.2015, BeckRS 2015, 96085; BFH vom 23.11.1988, BStBl. II 1989, 376) genannt:

  • räumliche Trennung,
  • verschiedenes Personal (insb. getrennte Betriebsleitung),
  • getrenntes Anlagevermögen,
  • eigener Kundenstamm,
  • selbständige Preisgestaltung.

Dabei wird in allen Entscheidungen betont, dass es sich hierbei um einen "Indizienstrauß" handelt und nicht alle Einzelfaktoren zusammen vorliegen müssen. Einen Überblick verschafft die Rechtsprechung des BFH in den letzten Jahren, die im Folgenden dargestellt wird.

 

Rz. 30

Die Teilbetriebseigenschaft ist vom BFH in folgenden Konstellationen nach dem grundsätzlichen Erscheinungsbild bejaht worden (vgl. auch Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz. 160 ABC des Teilbetriebs):

  • Bei einer Brauerei ist die von ihr betriebene Gastwirtschaft ein Teilbetrieb (s. BFH vom 03.08.1966, BStBl II 1967, 47), auch bei Verpachtung soll dies so sein (s. BFH vom 20.06.1989, BFH/NV 1990, 102).
  • Zweigniederlassungen gem. § 13 HGB erfüllen i. d. R. die Teilbetriebseignung (räumliche Selbständigkeit; auf Dauer angelegt; Leiter hat die Befugnis zum selbständigen Handeln), so das Urteil des BFH vom 16.12.1992 (BStBl II 1993, 677).
  • Bei Einzelhandelsfilialen muss hinzukommen, dass das leitende Personal eine Mitwirkung beim Wareneinkauf und bei der Preisgestaltung hat (s. BFH vom 12.09.1979, BStBl II 1980, 51 und vom 12.02.1992 BFH/NV 1992, 516).
  • Eine Spielhalle kann bei einem Automatenaufsteller ein selbständiger Teilbetrieb sein (s. BFH vom 10.10.2001, BFH/NV 2002).
  • Ein Teilbetrieb soll auch im Falle des Verkaufs einer Fahrschulniederlassung vorliegen, auch wenn dem entsprechenden Betriebsteil nicht mindestens ein eigenes Schulungsfahrzeug (Pkw oder Motorrad) zugeordnet ist (s. BFH vom 05.07.2003, BStBl II 2003, 838 – bedenklich).
 

Rz. 31

Die Teilbetriebseigenschaft wurde grundsätzlich abgelehnt bei:

  1. dem Dentallabor eines Zahnarztes (s. BFH vom 27.10.1993, BStBl II 1994, 352),
  2. einem Fertigungsbetrieb mit mehreren Produktionszweigen. Es liegen dann keine Teilbetriebe vor, wenn wesentliche Maschinen für alle Produktionsabteilungen eingesetzt werden (s. BFH vom 08.09.1971, BStBl II 1972, 118),
  3. einem Groß- und Einzelhandel, der neben dem Vertrieb durch Abholmärkten auch andere Betriebe beliefert. Es liegen dann keine Teilbetriebe vor, wenn der Unternehmensbereich nicht räumlich vom Rest des Unternehmens getrennt (z. B. durch verschiedene Warenlager) und eine eigenständige Verwaltung der Unternehmensbereiche nicht klar erkennbar ist (s. BFH vom 22.10.2015, BeckRS 2015, 96085),
  4. einer Arztpraxis, wenn sich die freiberufliche Tätigkeit nicht auf verschiedene Tätigkeiten in den Teilpraxen mit unterschiedlichen Patientenkreisen erstreckt (z. B. Tätigkeit als Allgemeinmediziner und als Betriebsarzt, BFH vom 04.11.2004, DStRE 2005, 244) und eine organisatorische Selbstständigkeit vorliegt oder bei gleichartiger Tätigkeit in den Teilpraxen nicht in voneinander getrennten örtlich abgegrenzten Bereichen ausgeübt wird (s. FG München vom 29.11.2017 – 1 K 311/16, BeckRS 2017, 154199).
 

Rz. 32

In die gleiche Richtung (einheitliches Anlagevermögen, das im Restbetrieb weiter genutzt wird, als Hinderungsgrund für einen Teilbetrieb) zielen mehrere BFH-Urteile, die beim zurückbehaltenen Grundstück die Teilbetriebseigenschaft verneinen (s. BFH vom 13.02.1996, BStBl II 1996, 409). Dies gilt unabhängig davon, ob das zum Teilbetrieb gehörende Grundstück überwiegend vom Restbetrieb genutzt wird oder in das Privatvermögen überführt wurde (so auch BFH vom 19.04.2004, X B 123/03, n. v. für einen Tabakwarenbetrieb). Bei mehreren Teilbetrieben müssen folglich die anteiligen Grundstücksflächen, auf denen den operativen Geschäften nachgegangen wird, mit übertragen werden (vgl. hierzu Pyszka, DStR 2016, 2017).

Hinweise:

  • Das Zurückbehalten funktional nicht wesentlicher Betriebsgrundlagen (und deren Überführung in das Privatvermögen) ist nicht hinderlich für die Annahme eines ...

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