Rz. 2

Nach § 151 Abs. 1 S. 1 BewG werden im Bedarfsfall folgende Werte gesondert festgestellt:

  • Grundbesitzwerte i. S. d. §§ 138, 157 BewG;
  • der Wert des BV oder des Anteils am BV i. S. d. §§ 95 bis 97 BewG;
  • der Wert von Anteilen an KapG i. S. d. § 11 Abs. 2 BewG sowie
  • der Wert von anderen VG und Schulden, die mehreren Personen zustehen.

Zudem sind nach § 13a Abs. 4 ErbStG die Ausgangslohnsumme, die Anzahl der Beschäftigten und die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen sowie nach § 13b Abs. 10 ErbStG die Summe der gemeinen Werte der WG des VV und des jungen VV gesondert festzustellen.

Voraussetzung für die Feststellungen ist, dass die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung i. S. d. § 151 BewG, bspw. der Grunderwerbsteuer, von Bedeutung sind (sog. Bedarfsbewertung; R B 151.1 Abs. 1 Satz 2 ErbStR).

 

Rz. 3

Ob Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung i. S. d. § 151 BewG von Bedeutung sind, bestimmt sich nach dem objektiven Merkmal der Erforderlichkeit des für Besteuerungszeitpunkte vor dem 01.01.2007 geltenden § 138 Abs. 5 BewG (FG Schleswig-Holstein vom 09.12.2010, BB 2011, 1941). Demnach muss für eine Feststellung ein steuerbarer Erwerbsvorgang verwirklicht worden sein. Für einen zukünftigen Erwerbsvorgang ist eine Bedarfswertfeststellung hingegen nicht erforderlich (BFH vom 01.12.2005, BFH/NV 2006, 711). Bei mehrstufigen Feststellungsverfahren ist auf jeder Ebene festzustellen, ob die weitere Feststellung für die Besteuerung von Bedeutung ist.

Nach Auffassung der FinVerw kann jedoch im Einvernehmen der Verfahrensbeteiligten ein Verfahren zur gesonderten Feststellung unterbleiben, wenn es sich um einen Fall von geringer Bedeutung handelt (R B 151.1 Abs. 4 ErbStR). Ein solcher Fall liegt insb. dann vor, wenn der Verwaltungsaufwand der Beteiligten in keinem Verhältnis zur steuerlichen Auswirkung steht und der festzustellende Wert unbestritten ist (R B 151.1 Abs. 3 ErbStR). Ist dies nicht von vornherein erkennbar, ist i. R. d. gesonderten Feststellung zu klären, ob diese erforderlich und damit von Bedeutung für die Besteuerung ist. So kann bspw. auf die Feststellung eines Grundstückswerts zunächst verzichtet werden, wenn bei einer Grundstücksschenkung absehbar ist, dass der Grundstückswert unter dem persönlichen Freibetrag des Erwerbers liegt und auch eine Zusammenrechnung i. S. d. § 14 ErbStG mit früheren Zuwendungen derselben Person nicht zu einer Steuerfestsetzung führt (R B 151.2 Abs. 4 Satz 1 ErbStR). Auch bei Steuerfreiheit eines Grundstücks­erwerbs v.T.w. nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c ErbStG kann zunächst auf eine Feststellung verzichtet werden (R B 151.2 Abs. 5 Satz 1 ErbStR). Die jeweiligen Feststellungen sind bei einem nachträglichen Wegfall der Steuerbefreiungen jedoch nachzuholen, sofern sich daraus eine Steuerpflicht ergibt (R B 151.2 Abs. 5 Satz 3 ErbStR).

 

Rz. 4

Die Entscheidung über die Bedeutung trifft gem. § 151 Abs. 1 Satz 2 BewG das für die Festsetzung der jeweiligen Steuer zuständige FA, bspw. das Erbschaftsteuer-FA oder die zuständige Grunderwerbsteuerstelle (FG Nürnberg vom 07.08.2003, EFG 2004, 23). Das aufgeforderte Feststellungs-FA hat dann die gesonderte Feststellung auf den angeforderten Stichtag ohne weitere Prüfung der Bedeutung durchzuführen (BFH vom 10.02.2011, BStBl II 2011, 657; BFH vom 24.05.2005, BFH/NV 2005, 1982; FG Münster vom 22.08.2013, EFG 2014, 328).

Im Fall einer Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 BewG obliegt die Entscheidung über eine Bedeutung für die Besteuerung dem nach § 152 BewG örtlich zuständigen Feststellungs-FA (vgl. Krause/Grootens, NWB-EV 2012, 325).

 
Praxis-Beispiel

Das Erbschaftsteuer-FA fordert beim zuständigen Betriebs-FA die gesonderte Feststellung des Werts eines Anteils am BV an. Das Betriebs-FA hält es für Zwecke der Bewertung des Anteils für erforderlich, dass auch eine gesonderte Feststellung eines Grundstücks des Sonder-BV erfolgt. Hierfür fordert es das zuständige Lage-FA zur Grundbesitzwertfeststellung auf. Dem Lage-FA steht es nicht zu, darüber zu entscheiden, ob die gesonderte Feststellung für die höherrangige gesonderte Feststellung des Anteilswerts von Bedeutung ist.

Das für die Feststellung zuständige FA hat in jeder Aufforderung zur Feststellung das Erbschaftsteuer-FA und den EL oder Schenker zu benennen (R B 151.3 Satz 1 ErbStR). Das gilt auch im mehrstufigen Feststellungsverfahren.

 

Rz. 5

Da die gesonderte Feststellung der Bemessungsgrundlage einer stichtagsbezogenen Besteuerung dient, ist auch der Feststellungszeitpunkt ein wesentlicher Bestandteil der Wertfeststellung sowie der Art- und Zurechnungsfeststellung. Er ergibt sich in Erbschaftsteuerfällen regelmäßig aus dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer, bspw. dem Todestag oder dem Tag der Schenkung gem. §§ 9, 11 ErbStG (FG München vom 26.02.2020, EFG 2020, 863). Diesen Zeitpunkt hat das Besteuerungs-FA dem Feststellungs-FA mitzuteilen.

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