Rz. 3

Die folgenden Punkte sind entscheidend bei der Zuordnung des Zuwendungstatbestandes:

  • Damit ein Fall des § 8 ErbStG vorliegt, ist stets erforderlich, dass der Zweckzuwendung vorgelagert eine Zuwendung von Todes wegen oder eine freigebige Zuwendung unter Lebenden gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 vorliegt. Fehlt es hieran, kommt § 8 ErbStG nicht zum Tragen. Die bloße Absonderung und getrennte Verwaltung eines für einen bestimmten Zweck vorgesehenen Vermögensteils stellt daher noch keine Zweckzuwendung dar. Erforderlich ist vielmehr, dass eine Übertragung von Vermögen auf eine andere Person stattfindet, die mit einer entsprechenden Auflage belastet ist oder unter einer entsprechenden Bedingung steht (s. BFH vom 13.03.1953, BStBl III 1953, 144).
  • Die Zweckzuwendung kann nur mittels einer Auflage oder Bedingung vorgenommen werden, die den Erwerber der Zuwendung belastet. Die Auflage oder Bedingung muss für den Erwerber rechtlich verpflichtend sein, das Vermögen entsprechend der Zwecksetzung zu verwenden (BFH vom 29.06.2009, BFH/NV 2009, 1655). Vorbehaltlich anderer Bestimmungen des Erblassers/Zuwendenden ist es im Regelfall aber dem Erwerber überlassen, welchen Teil des Vermögens er zur Erfüllung der Zweckzuwendung verwendet. Ebenfalls ist nicht erforderlich, dass eine bereits getrennte Vermögensmasse übertragen wird (ebenso s. Weinmann in M/W, § 8 Rn. 5). Eine Zweckzuwendung liegt allerdings dann nicht vor, wenn sich die Verpflichtung aus einem gegenseitigen Vertrag mit dem Zuwendenden ergibt. Vereinbart daher der Erblasser mit dem Bedachten, Letzterem ein Sparguthaben mit der Auflage zu übertragen, die Pflege seines Grabes zu besorgen, so liegt keine Zweckzuwendung, sondern ein Geschäftsbesorgungsvertrag vor (s. BFH vom 30.09.1987, BStBl II 1987, 861). Gleiches gilt für eine Auslobung gem. §§ 657ff. BGB (s. Hannes/Holtz in M/H/H, § 8 Rn. 4; FG Düsseldorf vom 29.05.1998, EFG 1998, 1274).
  • Wesentliche Voraussetzung einer Zweckzuwendung ist, dass die Auflage oder Bedingung einem unpersönlichen Zweck dient oder einen unbestimmten, vagen Personenkreis begünstigt. Dieses Merkmal grenzt die Zweckzuwendung sowohl von der Regelung des § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ab, der die Vollziehung einer Auflage an den Begünstigten der Besteuerung unterwirft, als auch von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, wenn der Begünstigte im Rahmen eines Vertrages zugunsten Dritter einen unmittelbaren Anspruch gegenüber dem Drittbegünstigten erhält (s. § 7 Rn. 487). Die Verfolgung eines unpersönlichen Zwecks bzw. die Begünstigung eines unbestimmten Personenkreises (Auflage ohne bestimmten Adressat) stellt das Charakteristikum einer Zweckzuwendung dar. Zur Abgrenzung: Nach FG Münster (vom 13.02.2014, rkr., EFG 2014, 946) soll die Bestimmung des Erblassers, dass der Nachlass nur zugunsten von in Not geratenen Mitarbeitern verwandt werden darf, eine Zweckzuwendung darstellen, da die begünstigten Mitarbeiter nicht individuell bestimmbar seien und keinen Rechtsanspruch auf eine Zahlung aus dem Nachlass erhielten. Demhingegen soll nach BFH (vom 13.03.1953, BStBl III 1953, 144) die Verpflichtung eines Unternehmens, den nicht am Unternehmen beteiligten Abkömmlingen des Gründers Geldbeträge zur Führung eines angemessenen Lebensunterhalts zur Verfügung zu stellen, keine Zweckzuwendung darstellen, da die Empfänger bestimmbar seien.
  • Der in der Praxis am häufigsten vorkommende Fall ist die Donation für die lebenslange Pflege des Haustieres des Erblassers (Katze: s. FG Düsseldorf vom 29.05.1998, EFG 1998, 1274; Hund: s. BFH vom 05.11.1992, BStBl II 1993, 161; s. auch FG Köln vom 11.12.2018, EFG 2020, 1003, Rev. X R 37/19 zur Frage der Spendenabzugsfähigkeit nach § 10b EStG einer zweckgebundenen Zahlung an den Tierschutzverein für die Dauerunterbringung eines "Problemhundes").

    Für die Frage, ob die Auflage bestimmten Personen oder einem unbestimmten Personenkreis zugutekommt, ist vom Standpunkt eines Beobachters auszugehen, der die Ausführung der Auflagenverpflichtung verfolgt (s. Hannes/Holtz in M/H/H, § 8, Rn. 6). Ist der Kreis der Begünstigten eng begrenzt oder lassen sich einzelne Personen gar namentlich feststellen, was bspw. bei einem Bestimmungsvermächtnis gem. §§ 2151ff. BGB der Fall sein kann, so liegt keine Zweckzuwendung vor. In Betracht kommt allerdings § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG (s. Gottschalk in T/G/J/G, § 8 Rn. 112). Daraus folgt, dass eine Zweckbestimmung, die unmittelbar der Person des Erblasser/Zuwendenden zugutekommen soll, keine Zweckzuwendung darstellt, unabhängig davon, ob es sich um materielle Belange (typischer Fall: Grabpflege) oder immaterielle Belange (Seelenheil des Erblassers) handelt (s. BFH vom 30.09.1987, BStBl II 1987, 861; FG Düsseldorf vom 13.03.1985, EFG 1985, 397; zur Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für die Grabpflege im Übrigen s. § 10 Rn. 236 f. sowie H E 10.7 Stichwort "Behandlung von Grabpflegekosten" ErbStH). Hiervon zu unterscheiden ist, dass der Erblasser/Zuwendende nur dann eine Zweckauflage vorsehen wird, wenn ihm an der Erfüllung der Auflage...

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