2.1 Struktur und Funktionsweise des § 5 ErbStG

 

Rz. 10

§ 5 ErbStG stellt den Zugewinnausgleich grds. steuerfrei. Die Regelung knüpft dafür an die zivilrechtliche Differenzierung zwischen erbrechtlichem und güterrechtlichem Zugewinnausgleich an. § 5 Abs. 1 ErbStG betrifft die erbschaftsteuerliche Behandlung des erbrechtlichen und des – durch gewillkürte Erbfolge – abgegoltenen Ausgleichs. § 5 Abs. 2 ErbStG betrifft die erbschaft- und schenkungsteuerliche Behandlung des güterrechtlichen Ausgleichs (vgl. Viskorf in V/S/W, § 5 Rn. 11):

2.2 Güterrechtliche Berechnungen trotz erbrechtlichen Ausgleichs

 

Rz. 11

Die vereinfachende Lösung des erbrechtlichen Zugewinnausgleichs im Zivilrecht übernimmt das Erbschaftsteuerrecht nicht. So gilt nach § 5 Abs. 1 ErbStG immer die fiktive güterrechtliche Ausgleichsforderung als nicht steuerbarer Erwerb, unabhängig von der Tatsache, dass der Erwerber pauschaliert den erbrechtlichen anstatt des güterrechtlichen Zugewinnausgleichs erhalten hat.

Bei der Ermittlung des fiktiven güterrechtlichen Zugewinnausgleichsanspruchs kann es nicht nur zwischen FinVerw und Erben, sondern auch unter den Erben selbst zu Streitigkeiten kommen. Hier hebt das Erbschaftsteuerrecht die familienfreundliche Vereinfachung des erbrechtlichen Zugewinnausgleichs des Zivilrechts auf. Vorteilhaft ist diese Regelung allerdings für Zugewinnausgleichsansprüche in erheblicher Höhe, da die Befreiung des fiktiven Ausgleichanspruchs der Höhe nach grds. unbeschränkt ist (vgl. Weinmann in M/W, § 5 Rn. 10).

Wie kompliziert die Regelung zur fiktiven Ausgleichsforderung nach § 5 Abs. 1 ErbStG ist, macht die Entscheidung des BFH vom 22.03.2001 (BFH/NV 2001, 1266) deutlich. Die Regelung ist mitunter auch den Beteiligten schwer verständlich zu machen (vgl. Viskorf in V/S/W, § 5 Rn. 13). Der BFH stellte in dieser Entscheidung klar, dass die fiktive Ausgleichsforderung nach § 5 Abs. 1 ErbStG nicht als selbständiger Vermögensgegenstand vererbbar ist (vgl. Gottschalk in T/G/J/G, § 5 Rn. 198). Wenn allerdings der zunächst überlebende Ehegatte oder Lebenspartner noch nicht veranlagt wurde, kann sein Erbe die Rechte des zuletzt verstorbenen Ehegatten oder Lebenspartners aus § 5 Abs. 1 ErbStG i. R.d. Gesamtrechtsnachfolge geltend machen (vgl. Weinmann in M/W, § 5 Rn. 11a).

2.3 Zugewinnausgleich und Lebenspartnerschaft

 

Rz. 12

In Bezug auf die Regelung des § 5 ErbStG sind Lebenspartner bereits seit Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes am 01.01.2009 vollständig den Ehepartnern gleichgestellt. Durch das Jahressteuergesetz 2010 (BGBl I 2010, 1768) erfolgte auch eine Gleichstellung in Bezug auf die Steuerklassen I und II sowie den Freibetrag i. H. v. 500.000 EUR, der jetzt für die Lebenspartner ebenfalls in § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG geregelt ist. Die Gleichstellung gilt insoweit rückwirkend auch für alle Erwerbe der Lebenspartner, für die die Steuer nach dem 31.07.2001 entstanden ist, sofern die Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind. § 5 ErbStG ist von dieser rückwirkenden Gleichstellung jedoch nicht erfasst (vgl. Weinmann in M/W, § 5 Rn. 91). Zuvor hatte das BVerfG am 21.07.2010 (NJW 2010, 2783) entschieden, dass die Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz im Zeitraum vom 28.12.1996 bis zum 01.01.2009 mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sei und dem Gesetzgeber den Auftrag erteilt, bis zum 31.12.2010 eine Neuregelung für die betroffenen Altfälle zu treffen. Zur Rechtslage vor Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 5 ErbStG auf Lebenspartner vgl. FG Köln vom 29.06.2005, DStRE 2006, 36, rkr.; FinMin Bayern vom 15.07.2005, ZEV 2005, 477; Reich, ZEV 2002, 395; ders., FPR 2005, 299; Wälzholz, DStR 2002, 333.

 

Rz. 13

Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob auch eine Lebenspartnerschaft nach ausländischem Recht in den Anwendungsbereich des § 5 ErbStG fällt. Lebenspartnerschaften sind auch in Belgien, Dänemark, Finnland, Grönland, Großbritannien, Island, den Niederlanden, Norwegen, der Schweiz, Spanien und Ungarn gesetzlich geregelt (vgl. Götz in F/P/W, § 5 Rn. 22). Jedenfalls dann, wenn das ausländische Recht demjenigen der Lebenspartnerschaft nach dem LPartG hinreichend vergleichbar ist, dürfte eine entsprechende Anwendung des § 5 ErbStG möglich sein (s. Rn. 14).

2.4 § 5 ErbStG und ausländisches Güterrecht

 

Rz. 14

In allen Fällen des Erwerbs von Todes wegen und in Fällen, in denen an die Stelle des Ausgleichsanspruchs eine Abfindung tritt, ist § 5 ErbStG anzuwenden. Letzteres gilt unabhängig davon, ob der erbrechtliche oder güterrechtliche Zugewinnausgleich oder eine abgeltende gewillkürte Erbfolge herbeigeführt werden sollte. § 5 ErbStG ist auch bei beschränkter Steuerpflicht anzuwenden. Nach teilweise vertretener Auffassung (Weinmann in M/W, § 5 Rn. 15) mindert bei beschränkter Steuerpflicht der fiktive oder tatsächliche Ausgleichsanspruch den steuerbaren Erwerb nur in dem Verhältnis, in dem das erworbene Inlandsvermögen zum Gesamterwerb steht. Richtigerweise muss der Zugewinnausgleich aber im Grundsatz auch bei Steuerausländern in vollem Umfang steuerfrei sein (so auch Hannes/Holtz in M/H/H, § 5 Rn. 10; Geck in K/E, § 5 Rn. 96 ff.; Gottschalk in T/G/J/G, § 5 Rn. 215 m. w....

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