Rz. 806

Folgende Besonderheiten sind bei der Übertragung von Anteilen an Personengesellschaften zu beachten:

 

Rz. 807

  • Wird ein Mitunternehmeranteil übertragen, so besteht dieser aus dem anteiligen Gesamthandsvermögen sowie dem Sonderbetriebsvermögen (BFH vom 25.04.1985, BStBl II 1986, 350; BFH GrS vom 25.02.1991, BStBl II 1991, 691). Damit setzt eine Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG voraus, dass auch das im Übertragungszeitpunkt vorhandene Sonderbetriebsvermögen übertragen wird. Will der Übergeber Teile des Sonderbetriebsvermögens zurückbehalten, hängen die Rechtsfolgen davon ab, ob es sich um funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen oder funktional nicht wesentliches Sonderbetriebsvermögen handelt.
 

Rz. 808

  • Bei der Zurückbehaltung, Entnahme oder Veräußerung funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögens im Zeitpunkt der Übertragung des gesamten Gesellschaftsanteils scheidet eine Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG nach Auffassung von FinVerw und Rspr. (BMF vom 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291 Rn. 9, 13 und vom 05.05.2021, BStBl I 2021, 696, Rn. 13 a.E.; BFH vom 29.11.2017, BStBl II 2019, 738; vom 10.09.2020, BStBl II 2021, 367: Schleswig-Holsteinisches FG vom 26.03.2019, EFG 2019, 1508) aus. Vielmehr liegt eine tarifbegünstigte Aufgabe des gesamten Mitunternehmeranteils vor, was zur Folge hat, dass die stillen Reserven sowohl im Gesamthandsvermögen als auch im Sonderbetriebsvermögen aufzudecken sind (BFH vom 31.08.1995, BStBl II 1995, 890; vom 29.11.2019, BStBl II 2019, 738). § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG ist nicht einschlägig, da der Übertragende mit der Übertragung des gesamten Anteils am Gesamthandsvermögen seine Mitunternehmerstellung verliert. Anders stellt sich die Rechtslage jedoch dar, wenn das Sonderbetriebsvermögen zeitlich vor – und sei es auch nur eine juristische Sekunde – der Übertragung des Gesellschaftsanteils entnommen oder veräußert wird. Dann besteht der Mitunternehmeranteil im Zeitpunkt der Übertragung nur noch aus dem Gesellschaftsanteil und eine Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG ist möglich (BFH vom 09.12.2014, BStBl II 2019, 738; vom 10.09.2020, BStBl II 2021, 367; BMF vom 05.05.2021, BStBl I 2021, 696, Rn. 9a und 13; vgl. auch Ott, StBg 2021, 157; ders. StuB 2021, 824; Hoheisel, StuB 2021, 440; Kraft, NWB 2021, 2262). Entscheidend für die Anwendbarkeit des § 6 Abs. 3 EStG ist daher, dass das Sonderbetriebsvermögen zeitlich vor der Übertragung des (reduzierten) Mitunternehmeranteils stattfindet, wobei auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums abzustellen ist. Der reduzierte Mitunternehmeranteil unterfällt sodann – beim Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – auch den §§ 13a–c ErbStG (BFH vom 17.06.2020, II R 33/17, BStBl II 2021, 217).
 

Rz. 808a

  • Wiederum anders stellt sich die Rechtslage dar, wenn im Zusammenhang mit der Anteils­übertragung (bisherige Gesamtplanrechtsprechung) funktional wesentliches Betriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 Sätze 1–3 EStG zeitgleich (oder vorab) auf eine Gesellschaft des Übergebers, bspw. eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG, übertragen wird. Dann liegt – sowohl nach Rspr. (BFH vom 02.08.2012, BStBl II 2019, 715; vom 09.12.2014, BStBl II 2019, 723) als auch nach Verwaltungsauffassung (BMF vom 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291 Rn. 10–14 und vom 05.05.2021, BStBl I 2021, 696, Rn. 13) – sowohl eine steuerfreie Übertragung des Sonderbetriebsvermögens gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG als auch eine steuerfreie Übertragung des (reduzierten) Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG vor. Begründet wird dies damit, dass die Rechtsnormen des § 6 Abs. 3 EStG gleichrangig nebeneinander stehen und gleichzeitig anwendbar sind. Notwendig ist lediglich, dass die spätere Besteuerung der stillen Reserven gesichert ist und durch die Übertragung nach § 6 Abs. 5 EStG keine Betriebszerschlagung des verbleibenden Betriebsvermögens stattfindet. Die frühere Gesamtplanrechtsprechung wurde somit vom BFH und der FinVerw aufgegeben. Dies ermöglicht weitgreifende Gestaltungsspielräume (vgl. auch Kotzenberg/Riedel, DStR 2020, 13; Vees, DB 2020, 130; Kraft, NWB 2020, 20; Viskorf/Wegener, ZEV 2020, 85; Ott, StBg 2021, 157; Kraft, NWB 2021, 2262).
 

Rz. 809

  • Sofern anlässlich der Übertragung des Gesellschaftsanteils funktional nicht wesentliches Sonderbetriebsvermögen entnommen, veräußert oder nach § 6 Abs. 5 Sätze 1–3 EStG unter Buchwertfortführung in anderes Betriebsvermögen überführt wird, ist im Hinblick auf die Übertragung des Gesellschaftsanteils eine Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG möglich (BMF vom 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291 Rn. 17). Liegt eine Entnahme des zurückbehaltenen, funktional nicht wesentlichen Sonderbetriebsvermögens vor, führt dies zu einem laufenden Gewinn (BFH vom 29.10.1987, BStBl II 1988, 374).
 

Rz. 810

  • Will der Übergeber – für eine Übergangszeit – auch weiterhin an der Gesellschaft beteiligt bleiben und den Übernehmer sukzessive einführen, so bietet sich an, nur einen Teil des Personengesellschaftsante...

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