Rz. 774

Ausweislich des Gesetzestextes erfordert § 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG, dass die (disquotale) Zuwendung in der Absicht geschieht, die Gesellschafter der empfangenden Gesellschaft zu bereichern. Dies bedeutet – umgekehrt gewendet –, dass nur dann eine freigebige Zuwendung vorliegt, wenn sie nicht betrieblich veranlasst ist. So geht auch R E 7.5 Abs. 14 Satz 3 ErbStR davon aus, dass der Wille zur Unentgeltlichkeit der Leistung erforderlich ist.

 

Rz. 775

Offen ist allerdings, bei wem die Bereicherungsabsicht vorhanden sein muss. Klar ist insoweit lediglich, dass hierbei auf die Zuwendungsseite innerhalb des Vier-Personen-Verhältnisses abzustellen ist. Auf der Zuwendungsseite sind jedoch verschiedene Personen beteiligt, nämlich der/die Gesellschafter der zuwendenden Kapitalgesellschaft und die zuwendende Kapitalgesellschaft. In Betracht kommt daher, auf das ausführende Organ der Kapitalgesellschaft, bspw. den GmbH-Geschäftsführer, abzustellen oder auf die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft. Der Wortlaut des Gesetzestextes, der die erforderliche Bereicherungsabsicht an die Zuwendung zwischen den Kapitalgesellschaften knüpft, deutet eher darauf hin, auf die Bereicherungsabsicht des Ausführungsorgans der Kapitalgesellschaft abzustellen. Hingegen geht die Finanzverwaltung im unter H 7.5 "Leistungen zwischen Kapitalgesellschaften (§ 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG)" ErbStH angeführten Beispiel von der Bereicherungsabsicht des Gesellschafters der zuwendenden Kapitalgesellschaft aus und scheint auf den Zweck der Vorschrift abzustellen, was ebenfalls vertretbar erscheint. Insoweit besteht noch Klärungsbedarf (ähnlich ebenfalls Korezkij, DStR 2012, 163, 165).

 

Rz. 776

Unbesehen der vorstehend aufgezeigten Unklarheiten wird durch die Erforderlichkeit der Bereicherungsabsicht zumindest in Konzernfällen ein Korrektiv im Gesetz verankert, das ermöglicht, Vorgänge, die typischerweise im Geschäftsleben auftreten (z. B. verbilligte Lieferung infolge guter Geschäftsbeziehungen), von solchen Zuwendungen, die lediglich getätigt werden, um die Gesellschafter der begünstigten Gesellschaft zu bereichern, abzugrenzen. Der zutreffende Ansatz einer Abgrenzung entsprechend der Bereicherungsabsicht wird allerdings in Fällen der Beteiligung nahestehender Personen (H 7.5 "Leistungen zwischen Kapitalgesellschaften (§ 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG)" ErbStH) relativiert. Danach soll nämlich, wenn der veranlassende und der begünstigte Gesellschafter Angehörige i. S. d. § 15 AO sind, bei einer disquotalen Leistung regelmäßig von einer privaten freigebigen Veranlassung auszugehen sein. Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Finanzverwaltung – in Anlehnung an die alte Regelung in R E 18 Abs. 3 ErbStR 2003 – versucht, eine – wohl widerlegliche – Vermutung aufzustellen, dass in subjektiver Hinsicht beim Vorliegen eines Näheverhältnisses i. S. d. § 15 AO zwischen den Gesellschaftern eine Bereicherungsabsicht vorliegt.

 

Rz. 777

vorläufig frei

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