Rz. 731

Sind die Voraussetzungen des § 7 Abs. 7 ErbStG gegeben, so wird fingiert, dass eine Schenkung vorliegt (erste Fiktion), die sich auf die Differenz zwischen dem steuerlichen Wert des Anteils und der Minderabfindung beläuft (zweite Fiktion). Zwar fingiert § 7 Abs. 7 ErbStG eine gemischte Schenkung, da in der (Minder-)Abfindung ein Teilentgelt zu sehen ist, gleichwohl ist nach dem Wortlaut der Norm lediglich ein Wertvergleich zwischen dem steuerlichen Anteilswert und der (Minder-)Abfindung vorzunehmen.

 

Rz. 732

Soweit im Rahmen des Ausscheidens eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft auch Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens übertragen werden, kommt neben § 7 Abs. 7 ErbStG zusätzlich eine gemischt-freigebige Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Betracht (FG Rheinland-Pfalz vom 11.03.1994, UVR 1994, 213). Wird eine einheitliche Abfindung für das Ausscheiden aus der Gesellschaft und die Übertragung des Sonderbetriebsvermögens vorgenommen, ist diese entsprechend aufzuteilen. Soweit die Abfindung für das Ausscheiden aus der Gesellschaft gezahlt wird, kommt § 7 Abs. 7 ErbStG zur Anwendung. Soweit die Abfindung für die Übertragung des Sonderbetriebsvermögens gezahlt wird, kommt eine gemischt-freigebige Zuwendung in Betracht (ebenso Griesel in D/H/R, § 7 Rn. 178).

 

Rz. 733

Wird die (Minder-)Abfindung für das Ausscheiden aus der Gesellschaft, wie in der Praxis häufig anzutreffen, zeitlich gestreckt und in mehrere unverzinslichen Jahresraten an den ausgeschiedenen Gesellschafter ausgezahlt, kommt eine Abzinsung des Abfindungsbetrages in Betracht, was zur Folge hat, dass sich der Differenzbetrag zwischen Steuerwert des Anteils und abgezinster (Minder-)Abfindung vergrößert (ebenso Schuck in V/S/W, § 7 Rn. 257).

 

Rz. 734

Die Schenkungsteuer entsteht beim Ausscheiden aus einer Personengesellschaft mit der Anwachsung des Gesellschaftsanteils des ausscheidenden Gesellschafters auf die übrigen Gesellschafter. Beim Ausscheiden aus einer Kapitalgesellschaft entsteht die Steuer mit rechtswirksamer Einziehung oder Zwangsabtretung des Gesellschaftsanteils (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG; Einzelheiten s. Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 411).

 

Rz. 735

Schenkungen i. S. d. § 7 Abs. 7 ErbStG sind nach §§ 13a, 13b ErbStG bzw. § 13a ErbStG a. F. begünstigt, sofern die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen (R E 13b.2 Abs. 1 Nr. 7 ErbStR.

 
Praxis-Beispiel

Vater V und Sohn S betreiben seit Jahren die VS-KG. Der KG- Gesellschaftsvertrag sieht für den Fall der Kündigung oder des Ausschlusses eines Gesellschafters eine Abfindung zum Buchwert vor. Die VS-KG nutzt ein im Alleineigentum des V stehendes Grundstück (Sonderbetriebsvermögen). V kündigt und scheidet zum Ende des Wirtschaftsjahres zwecks Herbeiführung der Betriebsnachfolge aus der VS-KG aus. Gleichzeitig übernimmt S das von der VS-KG genutzte Grundstück gegen Übernahme einer privaten Verbindlichkeit des V i. H. v. 150.000 EUR, die durch das Grundstück gesichert ist.

Der Steuerwert des Gesellschaftsanteils des V beträgt (ohne Sonderbetriebsvermögen) 500.000 EUR, der anteilige Buchwert beträgt 300.000 EUR. Das Grundstück hat einen Verkehrswert von 250.000 EUR, der dem gemeinen Wert entspricht.

Lösung:

Im vorliegenden Fall ist zwischen dem Ausscheiden des V aus der VS-KG, dessen Besteuerung sich nach § 7 Abs. 7 ErbStG richtet und der Übertragung des Sonderbetriebsvermögens (Grundstück), dessen Besteuerung sich nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG richtet, zu unterscheiden.

Beim Ausscheiden des V aus der VS-KG wächst der KG-Anteil gem. § 738 BGB analog dem S an. Hierbei handelt es sich allerdings um eine Geschäftsübernahme, da V aus einer lediglich zweigliedrigen Personengesellschaft austritt, so dass hierdurch das Gesamthandseigentum am Gesellschaftsvermögen in Alleineigentum des Übernehmers S übergeht. Nach dem BFH-Urteil vom 07.01.1992 (BStBl II 1992, 925) erfasst § 7 Abs. 7 ErbStG auch das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft.

Da V als Abfindung lediglich den Buchwert erhält, der 200.000 EUR (500.000 EUR ./. 300.000 EUR) unter dem Steuerwert des KG-Anteils liegt, ist eine Minderabfindung gegeben. Die Bereicherung des S hieraus beträgt 200.000 EUR.

Die Übernahme des Sonderbetriebsvermögens stellt eine gemischt-freigebige Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar (s. Rn. 312 ff.). Die Übernahme der privaten Verbindlichkeiten des V ist als (teilweise) Gegenleistung anzusehen (Einzelheiten s. Rn. 291). Die Bereicherung des S ermittelt sich gem. R E 7.4 ErbStR wie folgt:

Da die Zuwendung des Grundstücks im Rahmen einer Nachfolgeregelung zwischen nahen Angehörigen vorgenommen wird, kann davon ausgegangen werden, dass dem V die teilweise Unentgeltlichkeit der Grundstücksübertragung bewusst ist, so dass auch die subjektiven Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt sind.

Die Gesamtbereicherung des S beträgt daher 300.000 EUR (200.000 EUR + 100.000 EUR). Ggf. kommen die Vergünstigungen für Betriebsvermögen gem. §§ 13a ff. ErbStG in Betracht.

 

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