Rz. 1

Neben den sachlichen Steuerbefreiungen z. B. nach §§ 13, 13a bis 13c oder 13d ErbStG (sog. Verschonungsregelungen) und neben dem besonderen Versorgungsfreibetrag (§ 17 ErbStG) ist zur Berechnung des steuerpflichtigen Erwerbs ein (persönlicher) Freibetrag nach § 16 ErbStG abzuziehen (s. § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG).

 

Rz. 2

Die sachlichen Befreiungen (Verschonungsregelungen) werden i. d. R. direkt bei dem jeweiligen Vermögen geprüft und ggf. zum Ansatz gebracht; sie sind also innerhalb des Veranlagungsschemas Bestandteil der Ermittlung des Vermögensanfalls. Die direkt auf die Person des Erwerbers abzielenden persönlichen Freibeträge nach den §§ 16 und 17 ErbStG werden hingegen erst nach Berechnung der Bereicherung berücksichtigt (§ 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG i. V. m. R E 10.1 Abs. 1 ErbStR).

 

Rz. 3

Für die Anwendung der Freibeträge kommt es auf die Verhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt i. S. d. § 9 ErbStG beim jeweiligen Erwerber an.

 

Rz. 4

§ 16 ErbStG gewährt Freibeträge, keine Freigrenzen. Das bedeutet, dass die entsprechenden Beträge in jedem Fall – ohne Rücksicht auf die Höhe des Erwerbs – von diesem abgesetzt werden, also nur der den Freibetrag übersteigende Betrag besteuert werden kann, sofern er nicht aus anderen Gründen steuerfrei ist. Übersteigt der steuerliche Wert des Erwerbs einen Freibetrag nicht, so bleibt er steuerfrei.

 

Rz. 5

Die Freibeträge gelten in gleicher Weise für Erwerbe von Todes wegen und für Schenkungen unter Lebenden und beziehen sich auf den einzelnen Erwerb.

 
Praxis-Beispiel

Vater V schenkt seinen beiden Kindern (K 1 und K 2) je 400.000 EUR.

Lösung:

Es liegen zwei Erwerbe i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (V an K 1 und V an K 2) vor. Folglich ist auch der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i. H. v. 400.000 EUR jedem Kind zu gewähren.

 

Rz. 6

Der Grundsatz, dass der Freibetrag bei jedem Erwerb abgezogen werden kann, wird durch die Zusammenrechnung von Erwerben nach § 14 eingeschränkt. Danach kann der Freibetrag für Erwerbe von derselben Person nur im Abstand von zehn Jahren wiederholt beansprucht werden. Innerhalb des Zehnjahreszeitraums gilt aber, dass der Freibetrag durch mehrere Erwerbe geringeren Umfangs nach und nach aufgezehrt werden kann und nicht schon mit dem ersten Erwerb, – auch wenn sein Wert niedriger als der Freibetrag ist – voll verbraucht wird.

 
Praxis-Beispiel

Vater V hat Anfang des Jahres 01 seinem Sohn S 50.000 EUR Bargeld geschenkt. Anfang des Jahres 03 schenkt er ihm nochmals 250.000 EUR und im Jahre 07 weitere 100.000 EUR.

Lösung:

Bei der ersten Zuwendung im Jahr 01 ist das Barvermögen um den Freibetrag von 400.000 EUR zu kürzen. Es verbleibt ein steuerpflichtiger Erwerb von 0 EUR. Die darauf entfallende Schenkungsteuer beträgt ebenfalls 0 EUR. In Jahr 03 kommt es nach § 14 ErbStG zur Zusammenrechnung der beiden Schenkungen aus 01 und 03. Der Vermögensanfall macht 50.000 EUR + 250.000 EUR = 300.000 EUR aus. Er ist um den Freibetrag von 400.000 EUR zu kürzen. Es verbleibt ein steuerpflichtiger Erwerb von 0 EUR und somit eine Schenkungsteuer von 0 EUR. Im Jahr 07 kommt es zur Zusammenrechnung aller Schenkungen. Der gesamte Vermögensanfall beträgt 400.000 EUR (300.000 EUR + 100.000 EUR). Er ist um den Freibetrag von 400.000 EUR zu kürzen. Es verbleibt wiederum ein steuerpflichtiger Erwerb von 0 EUR und somit eine Schenkungsteuer von ebenfalls 0 EUR.

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