Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine freigebige Zuwendung durch Überweisung auf Oder-Konto

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Wird der Erlös aus einem Unternehmensverkauf des Ehemannes auf ein Oder-Konto der Eheleute überwiesen, kann hierin nur dann eine freigebige Zuwendung an die Ehefrau in Höhe des hälftigen Guthabens gesehen werden, wenn diese im Innenverhältnis zum Ehemann über das überwiesene Vermögen auch tatsächlich und rechtlich frei verfügen konnte.
  2. Waren der Ehefrau Einzelheiten hinsichtlich der Konten überhaupt nicht bekannt und hatte sie daher auch von dem Geldeingang keine Kenntnis, fehlt es bereits an der erforderlichen tatsächlichen Verfügungsbefugnis.
 

Normenkette

ErbStG § 7 Abs. 1; BGB § 430

 

Streitjahr(e)

1993

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die schenkungsteuerliche Behandlung von sogenannten Oder-Konten durch den Beklagten bei der X-Bank.

Anlässlich einer Betriebsprüfung beim im Jahre 2002 verstorbenen Ehemann der Klägerin stellte das Finanzamt A fest, dass dieser gemeinsam mit der Klägerin im Januar 1993 bei der X-Bank fünf gemeinschaftliche Konten führte. Dabei handelte es sich um ein Tagesgeldkonto sowie vier Festgeldkonten. Die Konten wiesen ausweislich der Feststellung der Betriebsprüfung folgende Guthaben auf:

Kontonummer

Höhe der Einlage

Tagesgeldkonto

17.000 DM

Festgeldkonto

1.300.000 DM

Festgeldkonto

1.000.000 DM

Festgeldkonto

101.181 DM

Festgeldkonto

3.000.000 DM

Summe

5.418.181 DM

Das Guthaben zum Jahresbeginn 1993 beruhte nach den Feststellungen der Betriebsprüfung im Wesentlichen darauf, dass der Ehemann der Klägerin einen in 1992 erzielten Erlös von 3.100.000 DM aus dem Verkauf seines Einzelunternehmens auf den Gemeinschaftskonten angelegt hatte.

Im Laufe des Jahres 1993 begann der Ehemann der Klägerin mit dem Bau eines Mietshauses in der F-Strasse in A, das nach Fertigstellung im Miteigentum des Ehemanns und der Klägerin stand. Zur Finanzierung des Vorhabens transferierte der Ehemann der Klägerin in den folgenden Jahren schrittweise Gelder von den Festgeldkonten auf das Baukonto mit der Kontonummer ....... bei der X-Bank. Nach den von der Klägerin im Laufe des Verfahrens vorgelegten Kontoauszügen ergeben sich folgende Zahlungsflüsse:

Kontonummer

Betrag DM

-349.950

-900.000

-440.000

-300.000

-2.553.262

insgesamt

-4.543.212

Alleiniger Inhaber des sogenannten Baukontos, welches später als Vermieterkonto geführt wurde, war der Ehemann der Klägerin. Nach den dem Gericht vorliegenden Einkommensteuerbescheiden der Jahre 1992 bis 1994 versteuerte allein der Ehemann der Klägerin die aus den Konten herrührenden Erträge. Eine Schenkungsteuererklärung gab die Klägerin in der Folgezeit nicht ab.

Der Beklagte sah in der Einräumung der Bezugsberechtigung hinsichtlich der aufgeführten Oder-Konten eine freigebige Zuwendung des Ehemanns der Klägerin an diese und setzte mit Schenkungsteuerbescheid vom 24. Januar 2001 143.000 DM Schenkungsteuer gegen die Klägerin fest. Dabei schätzte er die Besteuerungsgrundlagen und ging von einem Erwerb der Klägerin in Höhe der Hälfte des aus dem Verkauf des Einzelunternehmens herrührenden Verkaufserlöses aus (1.550.000 DM). Ausgehend von einem Freibetrag i. H. v. 250.000 DM und einem Steuersatz von 11 % ermittelte er die festgesetzte Schenkungsteuer.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 30. Januar 2001 Einspruch ein, mit dem sie darauf hinwies, dass weder die objektiven noch die subjektiven Voraussetzungen einer freigebigen Zuwendung i. S. v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) vorliegen würden.

Mit Einspruchsentscheidung vom 7. April 2003 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung aus: Entscheidend sei im vorliegenden Falle, dass die Leistung des Ehemanns der Klägerin zu einer Bereicherung bei dieser geführt habe. Denn zivilrechtlich seien die Klägerin und ihr Ehemann hinsichtlich der Oder-Konten im Verhältnis zur Bank als Gesamtgläubiger gem. § 428 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) anzusehen. Daraus folge, dass die Kontoinhaber im Innenverhältnis grundsätzlich zu gleichen Anteilen berechtigt seien (§ 430 BGB). Diese Vermutungsregelung sei im vorliegenden Fall anzuwenden, da die Ehegatten weder im Rahmen der Kontoeröffnung noch sonst etwas anderes bestimmt hätten. Der Umstand, dass nur der Ehemann der Klägerin über eigenes Einkommen verfügt habe, reiche nicht aus, diese Vermutung zu entkräften. Die Klägerin hätte über das ihr zugewandte Vermögen auch tatsächlich und rechtlich frei verfügen können. Schließlich habe die Klägerin auch keine konkrete Vereinbarung vorgelegt, nach der sie zivilrechtlich zur Rückgewähr der überlassenen Geldbeträge an ihren Ehemann verpflichtet gewesen sei. Die streitigen Oder-Konten seien daher unabhängig von der Herkunft der Mittel jedem Ehegatten je zur Hälfte zuzurechnen. Daran ändere auch nichts der Umstand, dass die Gelder von den Konten anschließend wieder auf ein Baukonto des Ehemannes transferiert worden seien. Entscheidend für die schenkungst...

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