Rz. 266

Wegen des zunehmenden Interesses der Gestaltungspraxis an ausländischen Stiftungen und ähnlichen Rechtsformen ist auch ein Augenmerk auf die Bestimmungen des anwendbaren Sachrechts im Zusammenhang mit einer solchen Gestaltung zu richten. Weder das deutsche Recht noch völkerrechtliche Grundlagen bestimmen das anwendbare Sachrecht einer Stiftung im Allgemeinen. Das Internationale Privatrecht ist bei der Beurteilung eines Sachverhalts mit Auslandsbezug jedoch stets durch die Gerichte von Amts wegen zu berücksichtigen (st. Rspr.; z. B. BGH vom 20.03.1980 – III ZR 151/79, BGHZ 77, 32, 38; BGH vom 07.04.1993 – XII ZR 266/91, NJW 1993, 2305, 2306; BGH vom 21.09.1995 – VII ZR 248/94, NJW 1996, 54).

8.2.1 Personalstatut der Stiftung

 

Rz. 267

Für dieses Rechtsgebiet ist deshalb auf die Grundsätze des Internationalen Gesellschaftsrechts zurückzugreifen (nun auch höchstrichterlich entschieden durch BGH vom 08.09.2016 – III ZR 7/15, NZG 2016, 1187). Der BGH knüpft an das Personalstatut der Gesellschaft nach der sog. Gründungstheorie an, wenn eine Gesellschaft im Inland oder im Raum der EU oder des EWR gegründet wurde (vgl. BGH vom 27.10.2008, II ZR 158/06, BHGZ 178, 192; BGH vom 08.09., NZG 2016, 1187). Das anwendbare Sachrecht ist dann das am Gründungsort geltende Recht. Lediglich für Gesellschaften, die außerhalb der EU bzw. des EWR gegründet wurden, ist der sog. Sitztheorie folgend das anwendbare Recht nach dem Ort zu bestimmen, an dem die Hauptverwaltung der juristischen Person sitzt (vgl. BGHZ 97, 269, 272; BGH vom 27.10.2008 – II ZR 158/06, BGHZ 178, 192). Nicht ausdrücklich abgelehnt hat der BGH die in der Literatur vertretene Meinung, wonach für Stiftungen stets die Sitztheorie gelte (vgl. Werner, ZEV 2017, 181). Diese Folge ergibt sich aber zwingend, wenn nach dem BGH die Grundsätze des Internationalen Gesellschaftsrechts auch für die Bestimmung des Personalstatuts einer Stiftung gelten (BGH III ZR 7/15, a. a. O., Rn. 11; so verstanden auch von von Oertzen, BB 2016, 2569, 2571), auch wenn Teile der Literatur diese Schlussfolgerung nicht ziehen wollen (vgl. Uhl, EWiR 2016, 753 f. sowie Werner, ZEV 2017, 181; Wenzel, IWRZ 2017, 36; Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, Vor §§ 80 ff. Rn. 420).

 

Rz. 268

Der sachliche Anwendungsbereich des Personalstatuts umfasst für Gesellschaften die Entstehung der Gesellschaft, ihre Rechtsfähigkeit, ihre organschaftliche Verfassung, ihre sonstigen inneren Verhältnisse sowie die Rechtsstellung als Gesellschafter und die aus dieser Stellung folgenden Rechte (BGH vom 25.06.2001 – II ZR 38/99, BGHZ 148, 167). Der Umfang des Personalstatuts der Gesellschaften ist auf Stiftungen übertragbar (BGH vom 25.06.2001, a. a. O.), sodass Gründung, Rechtsfähigkeit, Organisation, Verfassung und Vertretung sowie die Rechtstellung der Destinatäre dem Personalstatut der Stiftung unterfallen. Insb. ist damit nach höchstrichterlicher Rechtsprechung in Deutschland auch der Anspruch auf Stiftungsleistungen nach deutschem Recht zu beurteilen, wenn deutsches Recht als Personalstatut der Stiftung gilt.

8.2.2 Abgrenzungsfragen

 

Rz. 269

Art. 1 Abs. 2 Buchst. h EUErbVO (Verordnung (EU) Nr. 650/2012 (EuErbVO)) nimmt das Recht der juristischen Personen ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Verordnung aus. Damit gilt vor allem für die Rechtsfähigkeit und auch für den Errichtungszeitpunkt einer Stiftung das Stiftungsstatut analog dem Gesellschaftsstatut. Die Frage der Erbfähigkeit, also ob eine jur. Person wie die Stiftung durch letztwillige Verfügung Vermögen, z. B. als Zustiftungen oder Spenden, erhalten kann, richtet sich allerdings nach dem Erbstatut (Art. 23. Abs. 2 Buchst. c EuErbVO). Nachdem die Rechtsprechung sich darauf festgelegt hat, dass auch die Widmung von Grundstücken und Geschäftsanteilen an einer GmbH nicht zur Beurkundungsbedürftigkeit des Stiftungsgeschäfts führen (s. Rn. 58), ist die Frage, ob sich die Formwirksamkeit des Stiftungsgeschäfts nach dem gesonderten Formstatut (Art. 11 EGBGB) oder nach dem Stiftungsstatut richtet, nach Ansicht der h. M. obsolet (vgl. m. w. N. Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, Vor §§ 80ff. Rn. 419). Das gilt allerdings nur in Fällen, in denen das Formstatut und das Personalstatut auf dasselbe Recht verweisen. In jedem Fall sollte der Gestaltungsberater in Fällen mit Auslandsberührung das Formstatut neben dem Personalstatut und ggf. auch neben dem Erbstatut gesondert prüfen.

8.2.3 Ordre-Public-Vorbehalt, Art. 6 EGBGB

 

Rz. 270

Soweit der Gründungstheorie folgend Stiftungen ausländischen Rechts in Deutschland einen Sitz begründen und ausländisches Recht als ihr Personalstatut behalten können, stellt sich i. R.d. Internationalen Privatrechts weiter die Frage, ob und wann ausländisches Stiftungsrecht gegen einen Vorbehalt gem. Art. 6 EGBGB verstoßen kann. Immerhin hat mit dem OLG Düsseldorf ein Obergericht die Anerkennung spezifischer Rechtswirkungen einer liechtensteinischen Stiftung (s. Rz. 257) als ordre-public-widrig abgelehnt, weil es feststellte, dass die Stiftung mit dem "Hauptzweck" der Steuerhinterziehung gegründet worden sei (OLG Düsseldorf vom 30.04.2010 – 22 U 12...

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