Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Gemäß Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG ist der Einzelne vor unbegrenzter Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe personenbezogener Daten geschützt (BVerfG v. 15.12.1983, 1 BvR 209/83 u. a., BVerfGE 65, 1). Nach der Rechtsprechung des BVerfG erfasst das sog. Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht nur die Verhältnisse der persönlichen Lebensführung, sondern auch die beruflichen, betrieblichen, unternehmerischen und sonstigen wirtschaftlichen Verhältnisse (BVerfG v. 17.07.1984, 2 BvE 11/83, BVerfGE 67, 100) und kann nur durch oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden. Diesem Gebot soll Satz 1 dienen.

Soweit der Bezug zwischen Personen und Daten gelöst, der Steuerfall also nicht erkennbar, ist, verlassen die dann anonymen Daten den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. In diesem Fall ist das Steuergeheimnis nicht betroffen. § 88a AO ist keine Rechtsgrundlage für die Erhebung von Daten. Die Vorschrift stellt jedoch klar, dass vorhandene Daten auch für künftige Besteuerungsverfahren in Dateisystemen verarbeitet werden dürfen (BFH v. 27.10.1993, I R 25/92, BStBl II 1994, 210). Dementsprechend ermöglicht § 88a Satz 1 AO die Datensammlung und -speicherung von personenbezogenen Daten, die dem Schutz des Steuergeheimnisses unterliegen, für künftige Verfahren, insbesondere zur Gewinnung von Vergleichszahlen. Der Begriff der Datenverarbeitung ermöglicht zudem eine strukturierte Speicherung und Auswertung der Daten. Die Daten können z. B. für die Richtsatzsammlungen und die beim BZSt geführten Datensammlung über steuerliche Auslandsbeziehungen verwendet werden. Dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG v. 10.03.2008, 1 BvR 2388/03, BVerfGE 120, 351). Auch die Datensammlung für die Risikomanagementsysteme dürfte unter die Regelung des § 88a AO fallen. Satz 2 beschränkt die konkrete Verarbeitung der Daten auf Verfahren i. S. von § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und b AO.

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der von der Datensammlung Betroffene muss über die Sammlung der Daten nicht informiert werden. Ihm steht aber grds. ein Auskunftsanspruch zu (Seer in Tipke/Kruse, § 88a AO Rz. 8; a. A. Rätke in Klein, § 88a AO Rz. 3). Dieser folgt unmittelbar aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung (BVerfG v. 10.03.2008, 1 BvR 2388/03, BVerfGE 120, 351). Der Anspruch erstreckt sich allerdings nur darauf, welche Daten von ihm gesammelt werden, nicht auf die daraus von den Finanzbehörden gezogenen Folgerungen. Werden die Daten in einem konkreten Besteuerungsverfahren verwendet, ist die Richtigkeit der Daten in diesem Verfahren zu prüfen. Das Informationsinteresse des Einzelnen ist aber stets mit dem Geheimhaltungsinteresse abzuwägen, das im Einzelfall gegenüber einer Offenbarung auch gegenüber dem Betroffenen überwiegen kann.

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