Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Bis zum Jahr 2012 sah das Gemeinnützigkeitsrecht kein besonderes Verfahren vor, in dem über das Vorliegen der Voraussetzung der Steuervergünstigung entschieden wurde. Das wurde den Interessen insbes. der gemeinnützigen Vereine nicht gerecht, weil sie regelmäßig darauf angewiesen sind, ihre satzungsmäßigen Zwecke durch freiwillige Zuwendungen zu finanzieren. Dabei ist die steuerliche Auswirkung solcher Spenden (Abzugsfähigkeit nach § 10b EStG i. V. m. § 50 EStDV) von erheblicher Bedeutung. Die Praxis hatte Überbrückungswege entwickelt: Bei Neugründungen"bescheinigte" die Finanzbehörde "vorläufig z. B. für den Empfang steuerbegünstigter Spenden", dass die Körperschaft steuerlich bei ihr erfasst ist und sie nach der eingereichten Satzung die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllt. Diese befristet zu erteilende Bescheinigung wurde von der Verwaltung einem Freistellungsbescheid gleichgestellt, obwohl sie kein Verwaltungsakt sein sollte (BFH v. 20.05.1992, I R 138/90, BFH/NV 1993, 150). Die Neureglung schafft ein Verfahren zur Überprüfung der Frage, ob die Satzung einer Körperschaft den Anforderungen der Abgabenordnung genügt. Die Bindungswirkung dieser Feststellung schafft Rechtssicherheit für die steuerbegünstigten Körperschaften und für spendenwillige Steuerpflichtige. Die Feststellung durch Grundlagenbescheid löst das bisherige Verfahren der vorläufigen Bescheinigung ab.

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Ob die satzungsmäßigen Zwecke eingehalten werden, wird gesondert festgestellt. Diese Feststellung hat Bindungswirkung sowohl für das Besteuerungsverfahren der Körperschaft als auch für das Besteuerungsverfahren des Spenders. Dies Feststellung erfolgt auf Antrag der Körperschaft außerhalb des Veranlagungsverfahrens oder von Amts wegen bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer, wenn die Feststellung nicht zuvor getroffen ist. Die Feststellung ist nur zu treffen, wenn eine Veranlagung zur Körperschaftsteuer in Betracht kommt (Annexverfahren, AEAO zu § 60a Nr. 3 und 4).

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Feststellungsbescheid ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Daher sieht das Gesetz eine Regelung vor, unter welchen Voraussetzungen die Bindungswirkung der Feststellung mit Wirkung für die Zukunft entfällt. Das ist dann der Fall, wenn sich die gesetzlichen Regelungen ändern, die der Entscheidung zugrunde liegen. Auch wenn das Gesetz vorsieht, dass der Bescheid dann nicht durch das FA aufgehoben werden muss, kann es doch empfehlen, dass das FA einen negativen Feststellungsbescheid erlässt, aus dem sich ergibt, dass und ab wann die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids des § 60a Abs. 1 AO entfallen ist.

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Neben dem Wegfall der Bindungswirkung kraft Gesetzes nach § 60a Abs. 3 AO, sieht Abs. 4 eine Aufhebung des Feststellungsbescheids durch Verfügung des FA vor. Voraussetzung hierfür ist, dass bei den Verhältnissen, die für die Feststellung erheblich sind, eine Änderung eingetreten ist. Die Aufhebung erfolgt mit Wirkung ab dem Zeitpunkt, zu dem sich die Verhältnisse geändert haben. Dieser Zeitpunkt ist in der Verfügung zu benennen. Aufhebungsgründe können die Änderung der Zwecke, die Anpassung an die Mustersatzung und die Änderung der Vermögensbindung sein (AEAO zu § 60a Nr. 7).

 

Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Da der Feststellungsbescheid des § 60a Abs. 1 AO ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist, ist es nötig, materielle Fehler beseitigen zu können. Diese Aufhebungsverfügung das § 60a Abs. 5 AO hat Wirkung ab dem Jahr, das auf die Bekanntgabe der Aufhebungsentscheidung folgt.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge