Schrifttum

Meyer I., Erledigung von Steuerstrafverfahren außerhalb der Hauptverhandlung, DStR 2005, 1477.

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Antrag auf Erlass eines richterlichen Strafbefehls, zu dem § 400 AO die Finanzbehörde ermächtigt, setzt voraus, dass die Sache zur Zuständigkeit des Strafrichters oder des Schöffengerichts gehört. Der Fall soll in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweisen, sodass eine Hauptverhandlung nicht erforderlich ist (s. § 407 Abs. 1 Satz 2 StPO). Das Strafbefehlsverfahren dient der Beschleunigung. Gegen Jugendliche ist das Strafbefehlsverfahren nicht zulässig (s. § 79 Abs. 1 JGG).

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Als Antrag der Finanzbehörde auf Erlass eines Strafbefehls dient regelmäßig ein vorbereitender Entwurf (Nr. 176 der Richtlinien für das Strafverfahren; zur Person des zeichnungsbefugten Amtsträgers s. § 399 AO Rz. 15), was eine beträchtliche Arbeitsentlastung für die Gerichte bedeutet. Auch dem Interesse des Beschuldigten wird die Erledigung seiner Sache im Strafbefehlsverfahren gerecht, weil mangels Einspruchs gegen den Strafbefehl die Hauptverhandlung entfällt, die grundsätzlich öffentlich stattfindet (s. § 169 GVG).

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Zuständig für den Erlass eines Strafbefehls ist der Strafrichter beim Amtsgericht oder der Vorsitzende des Schöffengerichts (s. § 407 Abs. 1 StPO). Durch den Strafbefehl darf eine Geldstrafe festgesetzt werden. Auch auf Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr auf Bewährung kann erkannt werden, wenn der Beschuldigte einen Verteidiger hat (s. § 407 Abs. 2 Satz 2 StPO) oder wenn dieser nach § 408b StPO bestellt ist (AG Höxter v. 26.07.1994, 4 Cs 486/94, NJW 1994, 2842). Auch im Strafbefehlswege ist die Gesamtstrafenbildung möglich (s. § 54 Abs. 2 StGB). Für Steuerstraftaten ist von Bedeutung, dass nach § 407 Abs. 2 Nr. 1 StPO durch Strafbefehl auch auf Einziehung oder Wertersatz (s. § 375 Abs. 2 AO) erkannt werden kann. Darüber hinaus kann eine Geldbuße gegen juristische Personen oder Personenvereinigungen bei Straftaten ihrer Organpersonen festgesetzt werden (s. § 30 OWiG). Eine vorherige Anhörung des Beschuldigten durch das Gericht ist nicht vorgesehen (s. § 407 Abs. 3 StPO).

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Antrag der Finanzbehörde auf Erlass eines Strafbefehls ist auf eine bestimmte Strafe oder Nebenfolge zu richten (s. § 407 Abs. 1 Satz 3 StPO). Der Antrag hat den Beschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, die Zeit und den Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, die Beweismittel und die anzuwendenden Strafvorschriften zu enthalten (s. §§ 200 Abs. 1, 407 Abs. 1 Satz 4 StPO; zum Inhalt des Strafbefehls s. Rz. 9). Eine Darstellung des "wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen", wie sie für die Anklageschrift vorgesehen ist (s. § 200 Abs. 2 Satz 1 StPO), ist im Antrag auf Erlass eines Strafbefehls nicht erforderlich, es sei denn, er fällt in die Zuständigkeit des Schöffengerichts (s. § 200 Abs. 2 Satz 2 StPO).

 

Tz. 5

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Der Strafrichter bzw. Vorsitzende des Schöffengerichts hat dem Antrag zu entsprechen, wenn dem Erlass des Strafbefehls keine Bedenken entgegenstehen (s. § 408 Abs. 3 Satz 1 StPO). Andernfalls hat das Gericht seine Bedenken der Finanzbehördemitzuteilen, worauf eine Verständigung zu suchen ist. Dies kann die Finanzbehörde zu einer Änderung, u. U. auch zur Rücknahme des Strafbefehlsantrages oder zur Abgabe der Sache an die Staatsanwaltschaft veranlassen.

 

Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Kommt es zu keiner Einigung mit der Finanzbehörde und bleiben die Bedenken des Gerichts gegenüber dem Strafbefehlsantrag bestehen, so beraumt es die Hauptverhandlung an (s. § 408 Abs. 3 Satz 2 StPO). Dasselbe gilt, wenn das Gericht eine andere als die beantragte Strafe oder Nebenfolge festsetzen will und die Finanzbehörde auf ihrem Antrag beharrt.

 

Tz. 7

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Gegen die Zurückweisung ihres Antrages auf Erlass des Strafbefehls steht der Finanzbehörde die sofortige Beschwerde zu (s. § 408 Abs. 2 i. V. m. § 210 Abs. 2 StPO), über die das Landgericht entscheidet. Dieses kann den Beschluss des Strafrichters aufheben, nicht aber den Strafbefehl selbst erlassen, womit der Strafrichter bzw. Vorsitzende des Schöffengerichts die Möglichkeit behält, die Sache gem. § 408 Abs. 2 StPO zur Hauptverhandlung zu bringen.

 

Tz. 8

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Kommt es zur Hauptverhandlung, so endet die Zuständigkeit der Finanzbehörde. Anklagebehörde im ordentlichen Verfahren ist die Staatsanwaltschaft (s. § 400 2. HS AO und § 406 Abs. 1 AO). Der Strafbefehlsantrag ersetzt jedoch die Anklageschrift (s. § 407 Abs. 1 Satz 4 StPO). Die Finanzbehörde hat in der Hauptverhandlung nur ein Anhörungsrecht (s. § 403 AO).

 

Tz. 9

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Was den Inhalt des durch das Gericht erlassenen Strafbefehls anlangt, so sind außer der Person des Beschuldigten und der Festsetzung der Strafe zuzüglich ...

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