Schrifttum

Brete/Thomsen, Anspruch auf Ratenzahlung, AO-StB 2008, 73;

Günther, Stundung von Steueransprüchen, AO-StB 2009, 280.

A. Bedeutung der Vorschrift

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Stundung ist eine Billigkeitsmaßnahme, die in das pflichtgemäße Ermessen der FA gestellt ist (§ 5 AO). Stundung bedeutet Hinausschieben der Fälligkeit des gesamten Steuerbetrags oder von Teilbeträgen (§ 220 AO). Sobald die Leistung gestundet ist, ist die Vollstreckung einzustellen oder zu beschränken (§ 257 Abs. 1 Nr. 4 AO). Säumniszuschläge fallen keine (mehr) an, jedoch ist die gestundete Steuerforderung grundsätzlich mit 0,5 % pro Monat zu verzinsen (§§ 234, 238 AO).

 

Tz. 2

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Häufig erfolgt die Stundung unter Gewährung von Stundungsraten, die zu bestimmten Zeitpunkten zu bedienen sind. Für die Ausgestaltung der einzelnen Raten wird die mutmaßliche Entwicklung der Liquiditäts- und Vermögenslage des Steuerschuldners berücksichtigt. Meist behält sich das FA das Recht vor, bei unvorhergesehenen Änderungen im Vermögensstatus des Steuerschuldners von der Stundung abzurücken. Dies geschieht durch einen im Stundungsbescheid vorgesehenen Widerrufsvorbehalt (§§ 120 Abs. 1 Nr. 3, 131 Abs. 2 Nr. 1 AO; auch s. Rz. 33).

 

Tz. 3

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Nicht unter den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen Stundungen, deren Gewährung in speziellen Gesetzesvorschriften unter den dort genannten Voraussetzungen vorgeschrieben ist. Einen qualifizierten Anspruch auf Stundung gewährt § 28 ErbStG (s. dazu BFH v. 11.05.1988, II B 28/88, BStBl II 1988, 730). Zur Zahlungserleichterung bei Zollschulden (Einfuhr- und Ausfuhrabgaben) s. Art. 110 ff. UZK.

B. Tatbestandliche Voraussetzungen

I. Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 222 Satz 1 AO)

 

Tz. 4

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Gegenstand der Stundung sind nur solche Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis i. S. des § 37 Abs. 1 AO, die dem Steuergläubiger zustehen, also Steuer- und Haftungsansprüche, Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen und Rückforderungsansprüche. Andere im Steuerrecht wurzelnde Ansprüche, wie z. B. der Anspruch des Steuerberechtigten auf Einbehaltung und Abführung von Abzugssteuern, sind nicht stundungsfähig (BFH v. 24.03.1998, I R 120/97, BStBl II 1999, 3; Loose in Tipke/Kruse, § 222 AO Rz. 5).

II. Kein Stundungsausschluss (§ 222 Sätze 3, 4 AO)

 

Tz. 5

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Der Anspruch gegen den Arbeitnehmer als Schuldner der Lohnsteuer (§ 38 Abs. 2 Satz 1 EStG) ist ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis und fällt deswegen unter § 222 Satz 1 AO. Ursprünglich hatte die Rspr. (BFH v. 08.02.1957, VI 141/56, BStBl III 1957, 329; noch ergangen zu § 127 AO a. F.) die Frage der Stundbarkeit der Lohnsteuer (außer im Nachforderungsfall) dennoch verneint. Mit Entscheidung v. 12.03.1993, VI R 71/90, BStBl II 1993, 479 hat der BFH die Stundungsfähigkeit der Lohnsteuer gegenüber dem Arbeitnehmer dann aber ausdrücklich bejaht (s. dort auch wegen des Procedere). Diese Entscheidung war Anlass zur Anfügung von § 222 Satz 3 AO durch das StMBG (s. BR-Drs. 612/93, 103). Danach sind nunmehr kraft Gesetzes Ansprüche gegen den Steuerschuldner von der Stundung ausgeschlossen, wenn und soweit ein Dritter (Entrichtungsschuldner) die Steuer für Rechnung des Steuerschuldners zu abzuführen hat.

 

Tz. 6

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Dieser Ausschluss insbes. der Lohnsteuerpflichtigen von der Möglichkeit, den Steueranspruch zu stunden, verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG (ebenso Loose in Tipke/Kruse, § 222 AO Rz. 6). Art. 3 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG v. 07.10.1980, 1 BvL 50/79, BVerfGE 55, 72, 88). Die vom Gesetzgeber getroffene Ausgrenzung der Lohnsteuerpflichtigen findet keinen ausreichenden Grund in der Entscheidung des Einkommensteuergesetzes für das Abzugsverfahren als Form der Steuererhebung bei Einkünften aus unselbstständiger Arbeit (s. auch BVerfG v. 08.10.1991, 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, 364). Denn die Unterscheidung mehrerer Einkunftsarten und die daran anknüpfenden Regelungen können aus sich heraus nicht dazu führen, Stpfl., die Einkünfte aus einer bestimmten Einkunftsart haben, es im Gegensatz zu denjenigen, die Einkünfte aus einer der anderen Einkunftsarten haben, die Möglichkeit, im Billigkeitswege bei erheblichen, gar die Existenz bedrohenden Härten Stundung zu erlangen, zu verwehren, weil diesbezüglich keine tatsächlichen Unterschiede eine rechtliche Unterscheidung rechtfertigen (s. auch BVerfG v. 07.07.1992, 1 BvL 51/86 u. a., BVerfGE 87, 1, 33 ff.). Wenngleich auch verwaltungstechnische Gründe geeignet sind, eine Ungleichbehandlung zu rechtfertigen, setzt das jedoch voraus, dass bei einer Gleichbehandlung erhebliche verwaltungstechnische Schwierigkeiten entstünden, die nicht durch einfachere, die Betroffenen weniger belastende Regelungen behoben werden könnten (BVerfG v. 08.10.1991, 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, 364). Den Weg einer die Betroffenen weniger bela...

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