Schrifttum

Dißars/Dißars, Einspruchsbefugnis bei einheitlicher Feststellung, BB 1996;

von Wedelstädt, Einspruchs- und Klagebefugnis bei einheitlichen und gesonderten Feststellungsbescheiden, AO-StB 2006, 230, 261.

A. Bedeutung der Vorschrift

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Vorschrift enthält für die Bekanntgabe von einheitlichen Feststellungsbescheiden, sonstigen Verwaltungsakten und Mitteilungen gegen mehrere Personen, die am Gegenstand der Feststellung als Gesellschafter oder Gemeinschafter beteiligt sind (Feststellungsbeteiligte), Bekanntgabeerleichterungen gegenüber dem Grundsatz der Bekanntgabe an alle Beteiligten (s. § 179 AO Rz. 11). Sie gilt auch für Prüfungsanordnungen bezüglich der einheitlichen Feststellung von Überschusseinkünften, nicht jedoch von Gewinneinkünften, da hier die Gesellschaft Prüfungsadressat ist (AEAO zu § 197, Nr. 5.2.1 und 5.2.2 m. w. N.). Für die Bekanntgabe einheitlicher und gesonderter Feststellungsbescheide aufgrund der V zu § 180 Abs. 2 AO gilt die Vorschrift nicht, sondern § 6 VO zu § 180 Abs. 2 AO (Text und Erläuterungen s. § 180 AO Rz. 34 und 54 ff.).

B. Bekanntgabe an gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten (§ 183 Abs. 1 AO)

I. Allgemeines

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 122 Abs. 1 Satz 3 AO kann der Verwaltungsakt auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Ob die Finanzbehörde sich an den Beteiligten oder den Bevollmächtigten wendet, steht es in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Dieser Grundsatz gilt auch in den Fällen des § 183 Abs. 1 AO, es sei denn, es liegen die Ausnahmesituationen des § 183 Abs. 2 AO vor. § 183 Abs. 1 AO sieht drei Stufen der Bekanntgabemöglichkeiten an Empfangsbevollmächtigte vor. Der gemeinsame Empfangsbevollmächtigte ist auch für die Frage der Einspruchs- bzw. Klagebefugnis von Bedeutung (s. § 352 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 AO; § 48 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 FGO).

II. Bestellung eines gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 183 Abs. 1 Satz 1 AO sollen die Feststellungsbeteiligten der Finanzbehörde gegenüber einen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bestellen, der ermächtigt ist, für sie alle Verwaltungsakte und Mitteilungen in Empfang zu nehmen, die mit dem Feststellungsverfahren und dem anschließenden Verfahren über einen Einspruch zusammenhängen. Die Bestellung ist eine besondere Verfahrenshandlung, also eine Empfangsvollmacht, die sich nicht lediglich aus der gesellschaftsrechtlichen Vertretungsbefugnis oder aus einem Verwaltungsakt des FA ergibt (BFH v. 25.04.2002, II R 34/01, BFH/NV 2002, 1593; Söhn in HHSp, § 183 AO Rz. 53). Das setzt grundsätzlich voraus, dass die Bestellung durch alle Feststellungsbeteiligten erfolgt; sie muss durch später eintretende Beteiligte ebenfalls ausgesprochen werden (h. M., z. B. Brandis in Tipke/Kruse, § 183 AO Rz. 8 m. w. N.). Die Finanzbehörde kann allerdings nach ihrem Ermessen die Bestellung eines Empfangsbevollmächtigten durch nur einen Teil der Beteiligten zulassen und sich im Übrigen an die anderen Beteiligten einzeln halten (AEAO zu § 122, Nr. 2.5.2 Abs. 1 Satz 2). Der Empfangsbevollmächtigte i. S. des § 183 Abs. 1 Satz 1 AO muss nicht Feststellungsbeteiligter sein. Auch Rechtsscheinsvollmachten können für die Annahme einer Empfangsvollmacht genügen (st. Rspr., zuletzt BFH v. 05.05.2011, X B 139/10, BFH/NV 2011, 1291 m. w. N.).

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Feststellungsbeteiligten "sollen" einen Empfangsbevollmächtigten bestellen, sie sind nicht dazu verpflichtet, es handelt sich um eine Obliegenheit. Diese besteht ohne Rücksicht auf die Zahl der Feststellungsbeteiligten (h. M., u. a. Brandis in Tipke/Kruse, § 183 AO Rz. 9 m. w. N.). Die Bestellung ist nicht gem. §§ 328ff. AO erzwingbar. Solange die Feststellungsbeteiligten keinen Empfangsbevollmächtigten bestellt haben, muss die Finanzbehörde nach den weiteren Möglichkeiten des § 183 Abs. 1 AO vorgehen. Es kann auch eine Bekanntgabe an einen gemeinsamen Bevollmächtigten, z. B. Steuerberater, in Betracht kommen (§ 122 Abs. 1 Satz 3 AO i. V. m. § 80 AO); in diesem Fall ist der Hinweis nach § 183 Abs. 1 Satz 5 AO nicht erforderlich (s. Rz. 10 a. E.; Brandis in Tipke/Kruse, § 183 AO Rz. 10 m. w. N.).

 

Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Bestellung ist an keine Form gebunden; Schriftform empfiehlt sich zur Beweissicherung. Ihr Umfang richtet sich nach § 183 Abs. 1 Satz 1 AO. Die Finanzbehörde kann mit Wirkung für und gegen die Vollmachtgeber dem Bevollmächtigten alle Verwaltungsakte und Mitteilungen bekannt geben, die mit dem Feststellungsverfahren und dem anschließenden Verfahren über einen Einspruch zusammenhängen. Soweit durch Maßnahmen der Finanzbehörde in den genannten Verfahren primär die Interessen einzelner Beteiligter berührt werden (z. B. Hinzuziehung eines Feststellungsbeteiligten gem. § 360 AO zu dem von anderen Beteiligten eingeleiteten Einspruchsverfahren), erfordert die pflichtgemäße Ermessensausübung die Bekanntgabe des entsprechenden Verwaltungsakts usw. auch an den besonders betroffenen Beteiligten.

 

Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Bestellung des Empfangsbevollmächtigten bleibt so lange wirksam, solange und soweit d...

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