Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§§ 117a und 117b AO setzen den Rahmenbeschluss 2006/960/JI über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. L 386 vom 29.12.2006, 89, L 75 vom 15.03.2007, 26, im Folgenden RbDatA) vom 18.12.2006 in nationales Recht um. Dadurch soll der Informationsaustausch der Strafverfolgungsbehörden der EU bei der Verhütung von Straftaten verbessert werden, um grenzüberschreitende Kriminalität einzudämmen (sog. "Schwedische Initiative", BT-Drs. 17/5096). § 117a ergänzt damit die Regelung des § 117 AO. Der Informationsaustausch zwischen Mitgliedsstaaten soll grundsätzlich keinen strengeren Bedingungen unterliegen als zwischen Strafverfolgungsbehörden im innerstaatlichen Bereich (sog. Gleichbehandlungsgrundsatz vgl. BT-Drs. 17/5096, 35 und 17/8870, 10). Maßgeblich für die Übermittlung von Informationen an Strafverfolgungsbehörden von Mitgliedsstaaten der EU sind also die nationalen Vorschriften. Sie bilden den Rahmen für die Datenübermittlung aber zugleich den Umfang der Übermittlung, indem sie die Übermittlungsbefugnis auf das nationale Niveau beschränken. Das bedeutet: Lassen die nationalen Regelungen einen innerstaatlichen Datenaustausch nicht zu, ist er auch über die Grenze nicht zulässig. Das bedeutet auch, dass die Wahrung des Steuergeheimnisses nach § 30 AO gesichert sein muss.

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Für die Übermittlung von Auskünften durch die Steuerfahndungsbehörden an ausländische für die Bearbeitung von Steuersachen und Verfolgung von Steuerstraftaten gilt § 117 AO. Für andere Behörden gilt § 117 AO nicht. § 117a AO bestimmt nunmehr für den Bereich der Verhütung von Straftaten, unter welchen Voraussetzungen personenbezogene Daten von inländischen Steuerfahndungsstellen an Strafverfolgungsbehörden der EU-Mitgliedsstaaten übermittelt werden dürfen. Erfasst sind danach Straftaten aller Art; die Bedeutung von § 117a AO geht damit über das Steuerrecht hinaus. Für Ordnungswidrigkeiten gilt die Regelung nicht.

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 117a Abs. 1 AO können die Steuerfahndungsstellen personenbezogene Daten, die in Zusammenhang mit ihrem in § 208 AO bestimmten Aufgabenbereich stehen, auf Ersuchen einer Strafverfolgungsbehörde eines Mitgliedsstaates an diese zum Zweck der Verhütung von Straftaten übermitteln. Dies geschieht in entsprechender Anwendung der für die Übermittlung von Daten im innerstaatlichen Bereich geltenden Vorschriften. Da nur personenbezogene Daten übermittelt werden dürfen, scheidet eine Datenübermittlung aus, wenn das Auskunftsersuchen keinen Bezug zu einer bestimmten Person (natürliche oder juristische Personen, wohl auch Gemeinschaften) enthält. Ein Ersuchen zur Sachverhalts- oder Personenermittlung ist durch § 117a AO nicht erfasst. Der Zweck des Ersuchens muss in der Verhütung von Straftaten bestehen. Es geht also um eine Auskunftserteilung im präventiven Bereich. Für die Verfolgung von Straftaten gilt § 117a AO nicht. Die Übermittlung von Auskünften im Bereich der Strafverfolgung richtet sich nach § 92 des Gesetzes über die internationale Hilfe in Strafsachen (Rätke in Klein; § 117a AO Rz. 8). Mit dem Ersuchen können nur bereits vorhandene Daten abgefragt werden. Die Norm begründet keine Pflicht zur Datenerhebung oder Datenbeschaffung.

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 117a Abs. 2 AO regelt die formalen Voraussetzungen für das Ersuchen. Die Regelung soll sicherstellen, dass die um Auskunft ersuchte Behörde in die Lage versetzt wird, zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Übermittlung nach Abs. 1 erfüllt sind. Erfüllt ein Ersuchen die in Abs. 2 genannten Anforderungen nicht, kann die ersuchte Behörde das Ersuchen zurückweisen. Ihr bleibt es aber auch unbenommen, vor einer Zurückweisung auf eine Ergänzung des Ersuchens hinzuwirken. Ein abgelehntes Ersuchen kann auch erneut gestellt werden. Eine vorherige Ablehnung entfaltet keine Sperrwirkung.

 

Tz. 5

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§ 117a Abs. 3 AO bestimmt, dass und unter welchen Voraussetzungen auch Spontanauskünfte zulässig sind. Eine Spontanauskunft, also eine Auskunft ohne Ersuchen, ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass im Einzelfall die Gefahr der Begehung einer Straftat nach Art. 2 Abs. 2 RbDatA besteht. Es handelt sich regelmäßig um Straftaten mit größerem Gewicht, bei denen es nicht selten um grenzüberschreitende Kriminalität geht, wie z. B. Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Terrorismus, Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie, illegaler Handel mit Drogen und Waffen, Geldwäsche, organisierte Kriminalität, Produktpiraterie, Korruption u.Ä. (Rätke in Klein, § 117a AO Rz. 15).

 

Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 117a Abs. 4 Satz 1 AO gelten für Spontanauskünfte die Vorschriften über die Datenübermittlung im innerstaatlichen Bereich entsprechend. § 117...

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