Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Vorschrift behandelt die besondere Pflicht, dem Bundeszentralamt für Steuern die Kenntnis über Steuerstraftaten anzuzeigen. Ist der Behörde das für die Durchführung des Strafverfahrens zuständige FA bekannt, hat die Mitteilung an dieses FA zu erfolgen. Im Ergebnis erhält das Bundeszentralamt für Steuern also eine Auffangzuständigkeit. Es handelt sich nicht um Amtshilfe i. S. der §§ 111ff. AO, sondern um eigene den betroffenen Gerichten und Behörden gesetzlich auferlegte Pflichten im steuerlichen Interesse. Die Anzeigeverpflichteten müssen von Amts wegen tätig werden. Es handelt sich nicht um ein im Ermessen stehendes Handeln.

Spezielle Regelungen enthält das Geldwäschegesetz – GwG – v. 23.06.2017 (BGBl I 2017, 1822), das in § 43 GWG verschiedene Meldepflichten vorsieht. Von praktischer Bedeutung ist auch die Mitteilungspflicht der Zollbehörden im Zuge der Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs nach § 12a Abs. 5 Satz 4 ZollVG v. 26.6.2017 in der Fassung v. 23.06.2017, BGBl I 2017, 1822). Eine weitere Anzeigepflicht ist in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG normiert für Bestechungs- und Schmiergelder.

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Mitteilungspflichtig sind die Gerichte und die Behörden der Gebietskörperschaften, § 116 Abs. 1 AO. Die Verpflichtung dritter Behörden, Verdachtsfälle unmittelbar der zuständigen Finanzbehörde zu melden, dient der Verfahrensvereinfachung und nicht zuletzt auch der beschleunigten Einleitung etwa erforderlicher Ermittlungshandlungen. Die Mitteilungspflicht des Bundeszentralamts für Steuern und umgekehrt der Finanzbehörden dient – an sich selbstverständlich – der Sicherstellung eines einheitlichen Informationsstands.

Die Anzeigepflicht setzt das Vorhandensein konkreter Verdachtsumstände voraus; vage Vermutungen oder bloße Gerüchte begründen keine Mitteilungspflicht. Ferner brauchen Tatsachen, die den Amtsträgern der Behörden nicht dienstlich, sondern in ihrer privaten Sphäre bekannt geworden sind, nicht mitgeteilt zu werden. Nur Tatsachen, die den Verdacht einer Steuerstraftat begründen (§§ 369ff. AO) müssen mitgeteilt werden. Kenntnisse über begangene Steuerordnungswidrigkeiten (§§ 377 AO) fallen nicht unter die Anzeigepflicht.

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 116 Abs. 2 AO trägt mit dem Verweis auf § 105 Abs. 2 AO der grundgesetzlich garantierten Unverletzbarkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses Rechnung. Abgesehen davon findet § 116 AO aufgrund verschiedener (außer)steuerlichen Regelungen oftmals keine Anwendung. Von besonderer Bedeutung ist, dass strafprozessuale Telefonüberwachungsergebnisse nicht mitgeteilt werden dürfen (Brandis in Tipke/Kruse, § 116 AO Rz. 4).

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Gegen die Anzeige stehen dem Betroffenen keine Rechtsbehelfe zu. Sind zu Unrecht Mitteilungen erfolgt oder liegt ein Verstoß gegen Abs. 2 vor, kann dies zu einem Verwertungsverbot führen; dies ist im Verfahren gegen einen aufgrund der Anzeige erlassenen Steuerbescheid zu prüfen.

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