Tz. 9

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Auch ein Rechtsmittelverfahren setzt ein Rechtsschutzbedürfnis voraus. Regelmäßig wird das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen sein, wenn der Rechtsmittelführer beschwert ist (s. Rz. 7). Ausnahmsweise aber fehlt für die Einlegung eines Rechtsmittels dann das Rechtsschutzbedürfnis, wenn das damit erstrebte Ziel auf einfacherem Wege erreichbar ist, ferner auch dann, wenn der Revisionsführer lediglich die Klärung abstrakter Rechtsfragen erreichen will (BFH v. 07.01.2002, III B 34/01, BFH/NV 2002, 665) oder das gewünschte Ziel mit dem gewählten Rechtsmittel nicht erreicht werden kann.

Das Rechtsschutzbedürfnis kann auch während des Verfahrens über das Rechtsmittel entfallen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn während des Revisionsverfahrens oder im Verfahren über die NZB ein dem Klagebegehren entsprechender Änderungsbescheid ergeht und insoweit Erledigung des Rechtsstreits eintritt, der Rechtsmittelführer aber gleichwohl das Rechtsmittel gegen den Änderungsbescheid aufrechterhält, der nach § 68 FGO automatisch zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Insoweit kann der Rechtsmittelführer die Zurückweisung seines Rechtsmittels nur vermeiden, indem es sich einer entsprechenden Erledigungserklärung der Finanzbehörde anschließt.

Auf der anderen Seite kann trotz fehlender formeller, aber materieller Beschwer ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage bestehen, wenn der Kläger mit seinem Rechtsmittel rechtliche Nachteile abwenden will, die mit den Entscheidungsgründen des Urteils verbunden sind. Dies kommt z. B. in Betracht, wenn der Stpfl. sich gegen eine Steuerfestsetzung auf 0,– EUR wendet, er aber im Hinblick auf die Folgejahre eine ersatzlose Aufhebung der Steuerfestsetzung anstrebt, weil er seine Steuerpflicht dem Grunde nach bestreitet (BFH v. 04.04.2008, IV R 91/06, BFH/NV 2008, 1298; BFH v. 22.06.2016, V R 49/15, BFH/NV 2016, 1754) oder der Regelungsgehalt des Steuerbescheids ausnahmsweise über die bloße Steuerfestsetzung hinausreicht (BFH v. 07.05.2013, VIII R 17/09, BFH/NV 2013, 1581). Zur Beschwer bezüglich der Anfechtung von ESt-Festsetzungen auf 0,– Euro um den Verlustabzug nach § 10d EStG zu sichern s. Schmidt/Heinicke, § 10d EStG, Rz. 36.

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