Tz. 30

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 30 Abs. 4 Nr. 4 AO betrifft ausschließlich solche Offenbarung bzw. Verwertung, die der Durchführung eines außersteuerlichen Strafverfahrens (nicht eines Bußgeldverfahrens!) dient. Zum Begriff des Dienens s. Rz. 21. Die Befreiung vom Steuergeheimnis im Fall des § 30 Abs. 4 Nr. 4a AO ist dadurch motiviert, dass dieses als Korrelat zur Offenbarungs- und Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen und auskunftspflichtiger Dritter im Besteuerungsverfahren anzusehen ist und daher für einen Schutz des Steuergeheimnisses dann kein Anlass besteht, wenn die Finanzbehörde Kenntnisse der hier betroffenen Art im Steuerstraf- und Bußgeldverfahren bzw. ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung des Erklärenden oder unter Verzicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht erlangt hat. In diesem Zusammenhang steht, dass der Steuerpflichtige sich zwar nicht auf ein Aussageverweigerungsrecht berufen kann, wenn er sich selbst belasten müsste; dies sieht § 102 AO nur für die nicht Beteiligten vor. Er ist dennoch vor dem Zwang strafrechtlicher Selbstbelastung durch §§ 393 und 397 Abs. 3 AO sowie § 136 StPO i. V. m. § 393 Abs. 1 Satz 1 AO geschützt (s. auch die Erläuterungen zu § 393 AO). Dementsprechend greift das Steuergeheimnis ein, wenn der Steuerpflichtige die relevanten Angaben entweder vor Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens oder in Unkenntnis einer solchen Einleitung in Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten gemacht hat. Erst nach der Bekanntgabe der Verfahrenseinleitung ist die Schutzwirkung des § 30 AO eingeschränkt. Besteht die Befugnis zur Offenbarung der erlangten Kenntnisse, ergibt sich aus dem Legalitätsgrundsatz, dass die dienstlich erlangten Kenntnisse der Staatsanwaltschaft mitgeteilt werden müssen (s. § 108 StPO wegen Zufallsfunden; gl. A. Weyand, DStR 1990, 411; a. A. Schneider, wistra 2004, 1).

 

Tz. 31

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung sind die betreffenden Angaben i. S. des § 30 Abs. 4 Nr. 4b AO nur dann gemacht, wenn der Erklärende das Fehlen einer solchen Verpflichtung kannte und daher bewusst freiwillig handelte. Auch ein stillschweigender Verzicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht kann die Weiterleitung der gewonnenen Kenntnisse nur dann rechtfertigen, wenn die Finanzbehörde der gesetzlichen Belehrungspflicht (s. § 101 Abs. 1 Satz 3, § 103 Satz 2 AO) nachgekommen ist oder wenn die Person spontan gehandelt hat und nach Lage des Falles von einem bewussten Verzicht ausgegangen werden kann.Falsche Angaben sind nicht zur Erfüllung steuerlicher Pflichten geeignet (BGH v. 05.05.2004, 5 StR 548/03, wistra 2004, 309, 312).

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