Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die gegenüber dem Stpfl. eingetretene Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung muss ferner gegen sich gelten lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Stpfl. erlassenen Bescheid als dessen Vertreter oder Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten. Die Aufzählung ist abschließend. Ausschlaggebend ist allein die während der gesamten Dauer der Rechtsbehelfsfrist bestehende rechtliche, nicht die tatsächliche Möglichkeit, einen Rechtsbehelf einzulegen (BFH v. 16.12.1997, VII R 30/97, BStBl II 1998, 319). Die Drittwirkung der unanfechtbaren Steuerfestsetzung tritt daher nicht ein, wenn der als Haftungsschuldner in Anspruch genommene Geschäftsführer einer GmbH nicht während der gesamten Dauer der Rechtsbehelfsfrist berechtigt gewesen ist, als Vertreter der GmbH zu handeln, oder wenn er seine Vertretungsbefugnis zu einem Zeitpunkt verloren hat, zu dem er noch vor Ablauf der Festsetzungsfrist und dem damit verbundenen Wegfall des Vorbehalts (§ 164 Abs. 4 Satz 1 AO) nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO einen Antrag auf Änderung oder Aufhebung der unter Vorbehalt festgesetzten Steuer hätte stellen können (BFH v. 16.05.2017, VII R 25/16, BStBl II 2017, 934 m. w. N.).

 

Tz. 7

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Vertreter sind die gesetzlichen Vertreter i. S. des § 34 AO, Bevollmächtigte, die kraft Auftrags oder aufgrund Vertrags mit der Wahrnehmung der Interessen des Stpfl. beauftragten Personen. Voraussetzung ist jedoch, dass er während der gesamten Dauer der Rechtsbehelfsfrist Vertretungsmacht und damit das Recht gehabt hat, namens des Stpfl. zu handeln (BFH v. 24.08.2004, VII R 50/03, BStBl II 2005, 127). Die rechtliche Möglichkeit, einen Rechtsbehelf einzulegen, bestimmt sich nach dem jeweiligen Umfang der Vertretungsmacht, wie er sich aus Gesetz, Satzung, Vertrag u.Ä. ergibt, und reicht nicht weiter als ihre Vertretungsmacht (BFH v. 24.08.2004, VII R 50/03, BStBl II 2005, 127; Krumm in Tipke/Kruse, § 166 AO Rz. 15). Sie fehlt z. B., wenn bei Gesamtvertretung nicht alle vertretungsbefugten Personen zugestimmt haben (FG Ddorf v. 21.11.1997, 3 K 8003/93 H (U), EFG 1998, 616), oder wenn rechtliche Einschränkungen der erteilten Vollmacht im Innenverhältnis bestehen (h. M.; u. a. Krumm in Tipke/Kruse, § 166 AO Rz. 15; Rüsken in Klein, § 166 AO Rz. 7), oder wenn das Verfügungsrecht auf den Insolvenzverwalter übergegangen ist (FG Nds v. 24.03.1998, XI 188/93, EFG 1998, 979). Sie fehlt auch bei einem Gesellschafter einer GbR, der für Steuerschulden der Gesellschaft als Haftungsschuldner in Anspruch genommen worden ist, wenn er nicht zur Alleinvertretung der GbR berechtigt war. Das gilt auch im Hinblick auf ein etwaiges Notgeschäftsführungsrecht nach § 744 Abs. 2 BGB analog (BFH v. 16.12.1997, VII R 30/97, BStBl II 1998, 319). Sie endet mit der Beendigung der Stellung als Vertreter oder Bevollmächtigter. Daraus folgt auch, dass ein Geschäftsführer einer GmbH nur diejenigen Steuerfestsetzungen gegen sich gelten lassen muss, die während der Zeit wirksam geworden sind, in der er als Geschäftsführer bestellt war (s. auch BFH v. 28.03.2001, VII B 213/00, BFH/NV 2001, 1217).

 

Tz. 8

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Kraft eigenen Rechts i. S. der Vorschrift anfechten kann die Steuerfestsetzung derjenige, gegen den der Steuerbescheid in der Weise wirkt, dass er als Beschwerter i. S. von § 350 AO anzusehen ist. Dazu gehören auch bei Feststellungsbescheiden die Einspruchsbefugten i. S. des § 352 AO, die Parteien kraft Amtes wie z. B. der Insolvenz- bzw. Konkursverwalter sowie die Vermögensverwalter i. S. des § 35 Abs. 3 AO, nicht der Testamentsvollstrecker (BFH v. 15.02.1978, I R 36/77, BStBl II 1978, 491; Krumm in Tipke/Kruse, § 166 AO Rz. 21; Rüsken in Klein, § 166 AO Rz. 8). Entscheidend ist auch hier die rechtliche Möglichkeit zur Anfechtung, nicht die tatsächliche.

 

Tz. 9

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Kraft eigenen Rechts kann z. B. der Arbeitnehmer den an den Arbeitgeber gerichteten LSt-Haftungsbescheid insoweit anfechten, als er persönlich für die nachgeforderte LSt in Anspruch genommen werden kann (BFH v. 29.06.1973, VI R 311/69, BStBl II 1973, 780). Ebenso hat der Arbeitnehmer als Schuldner der LSt das Recht, die in der Anmeldung des Arbeitgebers liegende Steuerfestsetzung anzufechten (BFH v. 12.10.1995, I R 39/95, BStBl II 1996, 87). Desgleichen kann der Gläubiger der Kapitalerträge einen gegen den Schuldner der Kapitalerträge gerichteten Kapitalertragsteuerbescheid kraft eigenen Rechts anfechten (BFH v. 10.03.1971, I R 73/67, BStBl II 1971, 589). Das gilt in Abzugsverfahren jedoch nur dann, wenn der Steuerabzug abgeltenden Charakter hat, nicht aber, wenn gegen den Arbeitnehmer als Steuerschuldner ein eigenes Festsetzungsverfahren wie die ESt-Veranlagung durchgeführt wird, weil die Entscheidung in diesem Verfahren die Rechtsgrundlage für die Steuerzahlung ablöst (BFH v. 12.10.1995, I R 39/95, BStBl II 1996, 87).

 

Tz. 10

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

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