Tz. 8

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Fehlt ein zur Vertretung berufener Geschäftsführer, ist der Empfangsbevollmächtigte befugt, Einspruch einzulegen. Die Befugnis nach § 352 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. AO schließt eine Befugnis des § 352 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. AO also tatbestandsmäßig aus. An einem vertretungsbefugten Geschäftsführer fehlt es z. B. bei Erbengemeinschaften oder Miteigentümergemeinschaften. Steht die Geschäftsführung und Vertretung einer GbR gesetzlich allen Gesellschaftern zu (§§ 709, 714 BGB), ist unklar, ob damit alle Gesellschafter zur Vertretung berufene Geschäftsführer sind (dann Einspruchsbefugnis nach § 352 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. AO; so: Siegers in HHSp, § 352 AO Rz. 67) oder ein solcher gerade nicht vorhanden ist (Einspruchsbefugnis nach § 352 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. AO oder § 352 Abs. 1 Nr. 2 AO; so: BFH v. 15.01.1998, IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994; Siegert, DStZ 1995, 25). Die Rechtsprechung ist dahingehend uneinheitlich (Brandis in Tipke/Kruse, § 48 FGO Rz. 12 m. w. N.). Bei einer atypisch stillen Gesellschaft ist nicht der Inhaber des Handelsgeschäftes der Geschäftsführer dieser Innengesellschaft (Siegers in HHSp, § 352 AO Rz. 80; veraltet: BFH v. 24.11.1988, VIII R 90/87, BStBl II 1989, 145).

 

Tz. 9

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Empfangsbevollmächtigung nach § 183 Abs. 1 Satz 1 AO (§ 6 Abs. 1 Satz 1 VO zu § 180 Abs. 2 AO) wird gesetzlich zu einer Einspruchsbefugnis erweitert. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Feststellungsbeteiligten entweder in der Feststellungserklärung oder in der Aufforderung zur Benennung eines Empfangsbevollmächtigten darüber belehrt worden sind (§ 352 Abs. 2 Satz 3 AO). Ob die Belehrung für jeden Feststellungszeitraum getrennt erfolgen muss, ist unklar. Sie sollte jedoch klar zum Ausdruck bringen, für welchen Zeitraum die Einspruchsbefugnis gelten soll (Brandis in Tipke/Kruse, § 48 FGO Rz. 21). Die Erteilung der Belehrung ist bei der Zulässigkeitsprüfung festzustellen.

 

Tz. 10

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Einspruchsbevollmächtigter kann danach sein

Bestimmt die Finanzbehörde einen Empfangsbevollmächtigten oder fingiert sie ihn, steht diesen keine Einspruchsbefugnis zu, soweit die Feststellungsbeteiligten dem widersprechen (§ 352 Abs. 2 Satz 2 2. HS AO). Um selbst einspruchsbefugt zu werden, muss der Widerspruch innerhalb der Einspruchsfrist erfolgen (Brandis in Tipke/Kruse, § 48 FGO Rz. 23).

 

Tz. 11

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Benennung zum Empfangsbevollmächtigten erfolgt nach h. M. durch Vollmacht jedes einzelnen Feststellungsbeteiligten. Ist der Empfangsbevollmächtigte nicht von allen bestellt worden, soll die Einspruchsbefugnis des Empfangsbevollmächtigten auf die Vollmachtgeber beschränkt sein. Für die übrigen Beteiligten soll § 348 Abs. 1 Nr. 2 AO gelten (Keß in Schwarz/Pahlke, § 352 AO Rz. 22a; a. A. Brandis in Tipke/Kruse, § 48 FGO Rz. 22; BFH v. 14.12.2000, VIII B 66/00, BFH/NV 2001, 792). Der bestellte Empfangsbevollmächtigte muss nicht selbst Feststellungsbeteiligter sein und seine Bestellung kann jederzeit gegenüber der Finanzbehörde widerrufen werden. Ist der Finanzbehörde bekannt, dass die Gesellschaft nicht mehr besteht oder ernstliche Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten bestehen, entfällt mit der Empfangsvollmacht auch die Einspruchsbefugnis (Siegers in HHSp, § 352 AO Rz. 135 f.; Rätke in Klein § 352 AO Rz. 18; a. A. Keß in Schwarz/Pahlke, § 352 AO Rz. 22b).

 

Tz. 12

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Ist ein Empfangsbevollmächtigter nicht gemeinsam bestellt worden, ist der fingierte Empfangsbevollmächtigte nach § 183 Abs. 1 Satz 2 AO einspruchsbefugt. Als fingiert gilt ein Empfangsbevollmächtigter dann, wenn er durch die Finanzbehörde in einem Feststellungsbescheid als solcher bekanntgegeben wird. Dafür kommt nur ein zur Vertretung der Gesellschaft oder der Feststellungsbeteiligten oder ein zur Verwaltung des Gegenstandes der Feststellung Berechtigter in Betracht. Nur dann, wenn es weder einen benannten noch einen fingierten Empfangsbevollmächtigten gibt, muss die Finanzbehörde unter Aufforderung, einen solchen zu benennen, einen Empfangsbevollmächtigten vorschlagen mit dem Hinweis, dass dieser damit auch die Einspruchs- und Klagebefugnis erhält.

 

Tz. 13

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

vorläufig frei

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