Tz. 46

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Schuldrechtliche Verträge haben selbst dann keine steuerliche Rückwirkung, wenn sie nach dem Willen der Beteiligten rückwirkende Kraft haben sollen oder zulässigerweise zurückdatiert sind. Fraglich ist, ob dies auch für Steuerklauseln oder Satzungsklauseln gilt. Darunter versteht man vertragliche Vereinbarungen, die geschäftliche Maßnahmen aller Art als ungeschehen behandeln wollen, sofern eine von den Vertragspartnern zur Geschäftsgrundlage gemachte bestimmte steuerliche Behandlung dieser Maßnahme von der Finanzbehörde abgelehnt bzw. sofern eine bestimmte für möglich gehaltene ungünstige steuerliche Behandlung von der Finanzbehörde für gerechtfertigt gehalten wird. Die steuerliche Anerkennung solcher gerade im Hinblick auf die steuerliche Auswirkung vereinbarter rückwirkender Sachverhaltsänderungen ist umstritten (Frotscher in Schwarz/Pahlke, § 175 AO Rz. 71; offenlassend BFH v. 24.11.1992, IX R 30/88, BStBl II 1993, 296). Da zivilrechtlich keine echte auflösende Bedingung i. S. des § 158 Abs. 2 BGB vorliegt (s. Rz. 41), liegt auch kein Ereignis mit Rückwirkung i. S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vor. Ihre steuerrechtliche Wirksamkeit ergibt sich aus den Grundsätzen unwirksamer Rechtsgeschäfte, d. h. abgabenrechtliche Grundlage ist § 41 Abs. 1 AO (auch Balmes, DStZ 1993, 620; von Wedelstädt in Gosch, § 175 AO Rz. 57 ff.). Abzustellen ist allein darauf, ob die Beteiligten i. S. der primär im Steuerrecht maßgeblichen tatsächlichen Gestaltung des entsprechenden Sachverhalts sich gegenseitig so stellen, wie sie ohne das entfallene Geschäft gestanden haben würden. Werden in dieser Weise alle Folgerungen aus dem Eintritt des Auflösungsgrunds mit der praktisch möglichen tatsächlichen Rückwirkung gezogen, ist die Klausel steuerlich anzuerkennen (BFH v. 19.08.2003, VIII R 67/02, BStBl II 2004, 107; BFH v. 24.11.1992, IX R 30/88, BStBl II 1993, 296 verlangt rechtzeitige Offenbarung; Loose in Tipke/Kruse, § 175 AO Rz. 41; vgl. auch Bartone in Bartone/von Wedelstädt, Rz. 1394).

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