I. Die Steuer als öffentlich-rechtliche Abgabe

 

Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Steuern (althochdeutsch "stiura" = Beihilfe) bilden mit den Gebühren und Beiträgen (sog. Vorzugslasten) sowie den Sonderabgaben die vier wesentlichen öffentlich-rechtlichen Abgaben. Die Steuern bilden dabei das wichtigste Instrument der Staatsfinanzierung, d. h., sie dienen dazu, den allgemeinen Finanzbedarf des Staatswesens zu decken, mag die Einnahmenerzielung auch nur Nebenzweck sein (§ 3 Abs. 1 2. HS AO; s. Rz. 33). Wegen der Abgrenzung der einzelnen Abgaben s. Rz. 28 ff.

 

Tz. 6

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vorläufig frei

II. Die Einzelmerkmale des Steuerbegriffs

1. Geldleistung

 

Tz. 7

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Geldleistungen sind auf Zahlung von Geldbeträgen gerichtete Leistungen. Die geschuldete Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis wird durch einen Geldbetrag konkretisiert (§ 224 AO). Naturalleistungen, Dienste, Sachlieferungen stellen daher keine Steuern dar. Hand- und Spanndienstpflichten, eine allgemein auferlegte Feuerwehrdienstpflicht, die allgemeine Wehrpflicht oder aber auch die Zeugenpflicht, die Pflicht zur Übernahme ehrenamtlicher Richterämter ebenfalls nicht. Für die Qualifizierung einer Geldleistung als Steuer ist es ohne Bedeutung, ob sie einmalig oder fortlaufend erhoben wird. An der Geldleistungspflicht ändert auch die Verwendung von Steuerzeichen (z. B. § 17 Abs. 1 Satz 1 TabStG) und Steuerstemplern (z. B. §§ 13 Abs. 2, 22 RennwLottG) nichts (BFH v. 12.10.1951, II z D 4/51 S, BStBl III 1951, 207).

 

Tz. 8

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vorläufig frei

2. Auferlegung durch Gesetz

 

Tz. 9

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Die Geldleistungspflicht wird durch einen einseitigen Hoheitsakt "auferlegt", indem die Steuerpflicht gesetzlich begründet wird. Die Auferlegung von steuerlichen Geldleistungspflichten ist nur zulässig, wenn und soweit dies durch ein förmliches Parlamentsgesetz angeordnet ist; es gilt der Vorbehalt des Gesetzes als Prinzip der formalen Rechtsstaatlichkeit, da der Steuerzugriff immer auch einen Grundrechtseingriff darstellt (Hey in Tipke/Lang, § 3 Rz. 230). Insoweit gilt § 4 AO nicht (zutr. Hey in Tipke/Lang, § 3 Rz. 234). Dem trägt der Steuerbegriff des § 3 Abs. 1 AO dadurch Rechnung, dass bereits seinem Inhalt nach die Leistungspflicht durch ein Gesetz begründet werden muss.

Die kommunalen Verbrauch- und Aufwandsteuern werden zwar von den Gemeinden unmittelbar aufgrund von kommunalen Satzungen erhoben, weil ihnen keine andere Handlungsform zur Verfügung steht. Die Ermächtigung hierzu erfolgt durch die KAG der Länder (s. § 1 AO Rz. 31) – deren Gesetzgebungskompetenz folgt aus Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG –, sodass auch diese Steuern letztlich auf förmliche Parlamentsgesetze gründen.

 

Tz. 10

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Neben diesem formalen Aspekt der Rechtsstaatlichkeit (s. Rz. 10) muss ein Steuergesetz auch inhaltlich den verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbes. den Grundrechten genügen. Auch eine auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruhende Geldleistungspflicht erfüllt den Steuerbegriff. Daher muss ein Steuergesetz auch materiell verfassungsgemäß sein. Ausführungen dazu gehen indessen weit über den Rahmen dieser Kommentierung hinaus; daher muss insbes. auf die umfassende Darstellung von Tipke, StRO, Band I, S. 103 ff., verwiesen werden; auch Hey in Tipke/Lang, § 3 Rz. 40 ff.

3. Auferlegung durch ein öffentlich-rechtliches Gemeinwesen

 

Tz. 11

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Die Steuer muss durch ein öffentlich-rechtliches Gemeinwesen auferlegt werden, also juristische Personen des öffentlichen Rechts, die mit der Befugnis ausgestattet sind, Steuern zu erheben (a. A. Drüen in Tipke/Kruse, § 3 AO Rz. 11; Neumann in Gosch, § 3 AO Rz. 11: jedwede juristische Person des öffentlichen Rechts). Dies sind zunächst die Gebietskörperschaften, nämlich Bund, Länder und Gemeinden sowie Gemeindeverbände.

 

Tz. 12

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Die Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts (vgl. Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV) – insbes. die römisch-katholische Kirche (die katholischen Bistümer), die evangelisch-lutherische Kirche und die jüdischen Synagogengemeinden – besitzen ihr Besteuerungsrecht aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Verleihung durch den Staat (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 6 WRV; BVerfG v. 14.12.1965, 1 BvR 413/60, BVerfGE 19, 206, 217 ff.). Die Auferlegung ist ein Hoheitsakt und erfolgt durch öffentlich-rechtliche Vorschriften mit Rechtsnormcharakter. Freiwillige Leistungen, wie z. B. Spenden, sind nicht hoheitlich auferlegt. Hiervon zu unterscheiden ist das Kirchenrecht, das im Innenverhältnis zu den Gläubigen Geldleistungspflichten begründen kann (z. B. für die Katholische Kirche can. 222 § 1, 1260 c.i.c.). Zudem ist die Erhebung von Steuern auch im (katholischen) Kirchenrecht angelegt (can. 1263 c.i.c.: "ius tributum imponendi"). Dies betrifft allerdings nur das kirchliche Binnenverhältnis und stellt keine hinreichende Grundlage für die Erhebung der Kirchensteuer (Kultussteuer) dar.

 

Tz. 13

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vorläufig frei

4. Tatbestandsmäßigkeit (Gesetzmäßigkeit) der Besteuerung

 

Tz. 14

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Mit dem Erfordernis, dass die Erhebung von Steuern durch ein förmliches G...

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