Tz. 31

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Sonderabgaben stellen ebenfalls keine Steuern dar, weil sie nicht der Finanzierung des allgemeinen Haushalts durch die Allgemeinheit der Steuerpflichtigen dienen. Vielmehr ist ihr Zweck die Finanzierung von besonderen Aufgaben durch einzelne Gruppen von Bürgern. Das Aufkommen fließt regelmäßig in einen Sonderfonds außerhalb des Haushaltsplans, daher spricht man von parafiskalischen Abgaben. Die Gesetzgebungskompetenz hierfür ergibt sich als Annexkompetenz zu den allgemeinen Kompetenzregelungen in Art. 70 ff. GG. Der Gesetzgeber nimmt mit der Erhebung von Sonderabgaben Kompetenzen außerhalb der Finanzverfassung für die Auferlegung von Geldleistungen in Anspruch, die ähnlich wie Steuern keine Gegenleistung bilden und in Konkurrenz zu den Steuern stehen, während für Letztere die Art. 105 ff. GG ein austariertes System enthalten. Wegen der daraus erwachsenden Gefährdung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen und des parlamentarischen Budgetrechts sind Sonderausgaben nur unter engen Voraussetzungen zulässig und müssen deshalb gegenüber den Steuern seltene Ausnahmen bleiben (z. B. BVerfG v. 10.12.1980, 2 BvF 3/77, BVerfGE 55, 274; BVerfG v. 17.07.2003, 2 BvL 1, 4, 6, 16, 18/99, 1/01, BVerfGE 108, 186; s. Rz. 42).

 

Tz. 32

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach der Rspr. des BVerfG (z. B. BVerfG v. 28.01.2014, 2 BvR 1561/12, 2 BvR 1562/12, 2 BvR 1563/12, 2 BvR 1564/12, EuGRZ 2014, 98) sind Sonderausgaben nur unter den folgenden Voraussetzungen ausnahmsweise verfassungsrechtlich zulässig und müssen gegenüber den Steuern die seltene Ausnahme bleiben (st. Rspr., z. B. BVerfG v. 10.12.1980, 2 BvF 3/77, BVerfGE 55, 274; BVerfG v. 12.05.2009, 2 BvR 743/01, BVerfGE 123, 132):

Für Sonderabgaben mit Finanzierungszweck gilt: Der Gesetzgeber darf sich einer solchen Abgabe nur im Rahmen der Verfolgung eines Sachzwecks bedienen, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht (st. Rspr.; z. B. BVerfG v. 16.09.2009, 2 BvR 852/07, BVerfGE 124, 235; BVerfGE v. 24.11.2009, 2 BvR 1387/04, BVerfGE 124, 348). Mit einer Sonderabgabe darf nur eine homogene Gruppe belegt werden. Die Gruppe muss zu dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck in einer Beziehung spezifischer Sachnähe stehen, aufgrund deren ihr eine besondere Finanzierungsverantwortung zugerechnet werden kann (st. Rspr., z. B. BVerfG v. 16.09.2009, 2 BvR 852/07, BVerfGE 124, 235; BVerfGE v. 24.11.2009, 2 BvR 1387/04, BVerfGE 124, 348). Das Abgabenaufkommen muss außerdem gruppennützig verwendet werden (z. B. BVerfG v. 16.09.2009, 2 BvR 852/07, BVerfGE 124, 235; BVerfG v. 24.11.2009, 2 BvR 1387/04, BVerfGE 124, 348).

Zusätzlich muss der Gesetzgeber im Interesse wirksamer parlamentarisch-demokratischer Legitimation und Kontrolle die erhobenen Sonderabgaben haushaltsrechtlich vollständig dokumentieren (vgl. BVerfG v. 16.09.2009, 2 BvR 852/07, BVerfGE 124, 235; BVerfG v. 24.11.2009, 2 BvR 1387/04, BVerfGE 124, 348) und ihre sachliche Rechtfertigung in angemessenen Zeitabständen überprüfen (z. B. BVerfG v. 16.09.2009, 2 BvR 852/07, BVerfGE 124, 235; BVerfG v. 24.11.2009, 2 BvR 1387/04, BVerfGE 124, 348).

 

Tz. 33

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

vorläufig frei

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