Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Grundsätzlich muss vor Erhebung einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1 FGO) ein außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren (Einspruchsverfahren) durchgeführt werden (§ 44 Abs. 1 FGO). § 46 FGO begründet eine Ausnahme vom Vorliegen dieser Sachentscheidungsvoraussetzung (s. § 44 FGO Rz. 1 f.; s. Vor FGO Rz. 30). Die Untätigkeitsklage stellt dabei keine eigene Klageart dar (z. B. BFH v. 18.11.2015, XI R 24-25/14, BFH/NV 2016, 418), sondern wird je nach Klagebegehren als Anfechtungsklage oder Verpflichtungsklage erhoben, die ausnahmsweise abweichend von § 44 Abs. 1 FGO auch ohne abgeschlossenes Einspruchsverfahren zulässig ist. Zweck des § 46 FGO ist es, Rechtsschutz gegen eine unangemessene Verzögerung der Entscheidung über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf zu bieten. Dem entspricht im Verwaltungsverfahren der Untätigkeitseinspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 AO. Jedoch zielt die Klage nicht auf die Verurteilung der Finanzbehörde zum Erlass der bisher verzögerten Rechtsbehelfsentscheidung oder zum Tätigwerden überhaupt, sondern ist – je nach Klagebegehren – eine Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage (BFH v. 05.05.1970, II B 19/67, BStBl II 1970, 551; BFH v. 03.08.2005, I R 74/02, BFH/NV 2006, 19; BFH v. 02.07.2012, III B 101/11, BFH/NV 2012, 1628). Der besondere Rechtsschutz des § 46 FGO besteht darin, dass das FG mit der Klage unter bestimmten Voraussetzungen schon vor der Beendigung des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens angerufen werden kann. Es bedarf dann keines Abschlusses dieses Verfahrens durch eine förmliche Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf. Für allgemeine Leistungsklagen und Feststellungsklagen gilt § 46 FGO nicht, da in diesen Fällen kein Einspruchsverfahren gegeben ist.

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