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Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die internationale Wirtschafts- und Kapitalverflechtung bringt die Notwendigkeit mit sich, die steuerlich relevanten Beziehungen der am Wirtschaftsleben Beteiligten auch über die Grenzen hinaus feststellen und überprüfen zu können. In zunehmendem Maße sind die Staaten gezwungen, gegenseitig zur Abwehr von Manipulationen, die unter Ausnutzung der den innerstaatlichen Behörden gezogenen Ermittlungs- und Handlungsgrenzen (Unzulässigkeit von unmittelbaren Ermittlungsmaßnahmen auf fremdem Hoheitsgebiet) unter erheblicher persönlicher Bereicherung auf Kosten der Allgemeinheit vorgenommen werden, Hilfe zu leisten. Zu diesem Zwecke sind mit zahlreichen Ländern in die mit ihnen abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen Vereinbarungen über Auskunftsaustausch aufgenommen worden. In der Regel umfasst der Auskunftsaustausch aufgrund von DBA die unter die DBA fallenden Steuern, also die Ertragsteuern (ESt, KSt und ggf. GewSt), nur ausnahmsweise auch andere Steuerarten. Innerhalb der EU ist der Auskunftsaustausch darüber hinaus in verschiedenster Weise geregelt. Von besonderer Bedeutung ist die Amtshilfe auf der Grundlage der EG-Amtshilferichtlinie, die wiederholt ergänzt und erweitert wurde, durch das EU-Amtshilfegesetz – EUAHiG – und das FinanzkonteninformationsaustauschG – FKAustG (s. Rz. 7 ff.). Auch für die Zukunft sind weitere Ergänzungen zu erwarten. Für die Umsatzsteuer gilt die VO 904/2010 vom 07.10.2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. EU Nr. L 268, 1; s. auch www.bzst.de). Die grenzüberschreitende Beitreibung (Vollstreckung) von Forderungen des Fiskus ist im EU-Beitreibungsgesetz normiert. Im Zollbereich findet die VO über gegenseitige Amtshilfe und das sog. Neapel-II-Übereinkommen Anwendung. Die Datenübermittlung durch die Zollfahndungsämter ist in § 34 ZfdG geregelt. Ergänzende Regelungen finden sich in der ZinsinformationsVO für Kapitalerträge sowie im GWG zur Geldwäsche. Außerhalb der EU finden sich neben den DBA verschiedene bilaterale Abkommen zur gegenseitigen Amtshilfe. Darüber hinaus wurden mit verschiedenen Drittstaaten, die als Steueroasen gelten, Informationsabkommen (sog. Tax Information Exchange Agreements – TIEA) oder spezielle Abkommen für den Inhalt und Ablauf des automatischen Informationsaustauschs (z. B. FATCA – Foreign Account Tax Compliance Act) geschlossen, die z. T. auf dem OECD-MA Inf. beruhen. Von den multilateralen Aktivitäten zur Verbesserung des Informationsaustauschs ist auch die Entwicklung des Common Reporting Standard – CRS – hervorzuheben. Der dazu entwickelte OECD-Kommentar wurde vom Rat der OECA am 15.07.2015 gebilligt. Der CRS hat sich inzwischen weltweit als Standard etabliert. Die rechtliche Umsetzung erfolgte über zwei sog. "Mehrseitige Vereinbarungen über den automatischen Austausch von Finanzkonten" (sog. Multilateral Competent Authority Agreement – MCAA 1 und MCAA 2). Ins nationale Recht wurde das erste Abkommen mit Gesetz v. 21.12.2015, BGBl II 2015, 1630, übernommen, das zweite Abkommen wurde durch Gesetz v. 20.12.2016, BGBl I 2016, 3000, umgesetzt; zu diesem Zweck wurde § 138a AO in das Gesetz eingefügt. Mit der Schaffung des Country-by-country Reporting soll ein automatischer Datenaustausch erfolgen. Die teilnehmenden Staaten sind in einer Länderliste der OECD veröffentlicht: http://www.oecd.org/tax/automatic-exchange. Mit der Fülle der Regelungen ist die Anwendung in der Praxis nicht einfacher geworden (s. ausführlich zur Rechtsentwicklung Czakert, ifst 514 (2017); instruktiv dazu hat die FinVerw. einige Erläuterungen herausgegeben: z. B. Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Auskunftsaustausch in Steuersachen v. 23.11.2015 (BGBl I 2015, 928; Schreiben zur Anwendung der Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch v. 10.11.2015, BStBl I 2016, 138; Merkblatt über koordinierte steuerliche Außenprüfungen mit Steuerverwaltungen anderer Staaten und Gebiete, BStBl I 2017, 89).

§ 117 AO bildet die innerstaatliche Basis für die internationale Rechts- und Amtshilfe. Sie kodifiziert im Wesentlichen die von der Rechtsprechung erarbeiteten und in der Verwaltungspraxis weithin anerkannten Grundsätze. Dabei regelt § 117 Abs. 1 AO die Amtshilfe zugunsten der inländischen Behörden. § 117 Abs. 2 und Abs. 3 AO betreffen die Amtshilfeleistungen zugunsten ausländischer Behörden.

Zur zwischenstaatlichen Vollstreckungshilfe s. § 250 AO Rz. 4; zum EU-AmtshilfeG s. Rz. 9 ff.

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