Tz. 13

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Bei anderen als in § 193 Abs. 1 AO genannten Stpfl. ist die Außenprüfung zulässig, wenn die für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse der Aufklärung bedürfen und eine Prüfung an Amtsstelle nach Art und Umfang des zu prüfenden Sachverhalts nicht zweckmäßig ist. Ob eine Prüfung an Amtsstelle nicht zweckmäßig, vielmehr eine Außenprüfung angezeigt ist, entscheidet das FA nach pflichtgemäßem Ermessen; es muss dabei Art und Umfang des zu prüfenden Sachverhalts berücksichtigen (BFH v. 18.10.1994, IX R 128/92, BStBl II 1995, 291). Dabei ist auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO kann auch durchgeführt werden, wenn eine Erklärung nicht oder noch nicht vorliegt (BFH v. 17.11.1992, VIII R 25/89, BStBl II 1993, 146 m. w. N.).

 

Tz. 14

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Ein Aufklärungsbedürfnis liegt vor, wenn bei den gegebenen Umständen nach den Erfahrungen der Finanzverwaltung die Möglichkeit besteht, dass ein Steuertatbestand erfüllt ist, nämlich eine Steuerschuld entstanden ist bzw. Steuern verkürzt oder zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen oder Steuervergütungen zu Unrecht gewährt oder versagt worden sind (h. M.; BFH v. 26.07.2007, VI R 68/04, BStBl II 2009, 338 m. w. N.; AEAO zu § 193, Nr. 5 Abs. 2 Satz 1 m. w. N.); konkrete Anhaltspunkte sind nicht erforderlich (BFH v. 18.10.1994, IX R 128/92, BStBl II 1995, 291; Seer in Tipke/Kruse, § 193 AO Rz. 36 m. w. N.; a. A. Gosch in Gosch, § 193 AO Rz. 76 m. w. N.). Ein Aufklärungs- und Kontrollbedürfnis besteht, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, die es nach den Erfahrungen der Finanzbehörde als möglich erscheinen lässt, dass der Stpfl. seine Steuererklärungen nicht vollständig oder unrichtig abgegeben hat (BFH v. 26.07.2007, VI R 68/04, BStBl II 2009, 338 m. w. N.; AEAO zu § 193, Nr. 5 Abs. 2), wie z. B. bisher (s. Rz. 6) bei einem sog. Einkunftsmillionär, der bei außergewöhnlich hohen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit nur vergleichsweise geringe Kapitaleinkünfte erklärt hat und eine anderweitige Verwendung der erfahrungsgemäß zu Anlagezwecken zur Verfügung stehenden Geldmittel nicht erkennbar ist (BFH v. 26.07.2007, VI R 68/04, BStBl II 2009, 338). Die Anordnung einer Außenprüfung ist insbes. auch dann zweckmäßig, wenn zu erwarten ist, dass eine größere Anzahl von Lebensvorgängen mit einem größeren Zeitaufwand zu prüfen ist oder bei der Prüfung der Mittelverwendung durch den Stpfl. eine Vielzahl von Belegen zu überprüfen und insoweit mit zahlreichen Rückfragen zu rechnen ist (BFH v. 26.07.2007, VI R 68/04, BStBl II 2009, 338 m. w. N.). Unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 194 Abs. 2 AO vorliegen, kann für ein Prüfungsbedürfnis auch die enge Bindung berücksichtigt werden, die zwischen einem Gesellschafter und seiner Gesellschaft besteht (BFH v. 17.11.1992, VIII R 25/89, BStBl II 1993, 146). Eine Ermittlung "ins Blaue" hinein ist unzulässig (BFH v. 26.07.2007, VI R 68/04, BStBl II 2009, 338 m. w. N.; Schallmoser in HHSp, § 193 AO Rz. 70). Die Finanzbehörde darf aber durch eine auf § 193 Abs. 1 AO gestützte Prüfung prüfen, ob unternehmerische Tätigkeit i. S. des § 193 Abs. 1 AO vorliegt (s. Rz. 7).

 

Tz. 15

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Ob eine Prüfung an Amtsstelle nicht zweckmäßig, vielmehr eine Außenprüfung angezeigt ist, entscheidet das FA nach pflichtgemäßem Ermessen. Unter Prüfung an Amtsstelle sind Maßnahmen der Einzelermittlung i. S. der §§ 88ff. AO durch die Veranlagungsstelle als Teil des allgemeinen Besteuerungsverfahrens zu verstehen. Die Prüfung an Amtsstelle ist dann nicht zweckmäßig, wenn umfangreiche und vielgestaltige Überschusseinkünfte (Besteuerungsgrundlagen) des Stpfl. vorliegen (AEAO zu § 193, Nr. 5 Abs. 2 Satz 2); von einer Außenprüfung ist andererseits abzusehen, wenn die gewünschte Aufklärung auch durch Maßnahmen der Einzelermittlung erreicht werden kann. Die Anordnung einer Außenprüfung ist insbes. dann zweckmäßig, wenn zu erwarten ist, dass eine größere Anzahl von Lebensvorgängen mit einem größeren Zeitaufwand zu prüfen ist. Dem steht die Durchführung einer Außenprüfung an Amtsstelle nicht entgegen, die durch die Betriebsprüfungsstelle vorgenommen wird. Zum Tatbestandsmerkmal Unzweckmäßigkeit der Prüfung an Amtsstelle ausführlich BFH v. 26.07.2007, VI R 68/04, BStBl II 2009, 338 m. w. N.

 

Tz. 16

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Gemeinnützige Körperschaften, die wegen ihrer Selbstlosigkeit und mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht unter § 193 Abs. 1 AO fallen, unterliegen der Prüfung nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO zum Zwecke der Anerkennung, Versagung oder Entziehung der Gemeinnützigkeit (Seer in Tipke/Kruse, § 193 AO Rz. 34 m. w. N.; AEAO zu § 193, Nr. 5 Abs. 2 Satz 3); unter § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO fallen auch wirtschaftliche Geschäftsbetriebe; liegt aber Gewinnerzielungsabsicht vor oder geht es darum, festzustellen, ob eine solche vorliegt, ist § 193 Abs. 1 AO Rechtsgrundlage für die Außenprüfung (Gosch in Gosch, § 193 AO Rz. 87; Seer ...

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