Tz. 66

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Im Klageverfahren ist die Schätzung voll nachprüfbar. Das FG hat im Klageverfahren eine eigene Schätzungsbefugnis (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i. V. m. § 162 AO; s. BFH v. 12.09.2001, VI R 72/97, BStBl II 2001, 775). Das FG darf seine Wahrscheinlichkeitsüberlegungen an die Stelle der des FA stellen, ohne deshalb die Schätzung des FA als rechtsfehlerhaft einstufen zu müssen (BFH v. 17.10.2001, I R 103/00, BStBl II 2004, 171). Es ist an die Schätzungsmethode, die das FA eingesetzt hat, nicht gebunden (BFH v. 23.04.2015, V R 32/14, BFH/NV 2015, 1106), es kann sich zur Überprüfung anderer Schätzungsmethoden als das FA bedienen.

 

Tz. 67

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Ist die Schätzung wegen Nichtabgabe der Steuererklärung durchgeführt worden, darf das FG den Steuerbescheid nicht ohne Entscheidung in der Sache aufheben und der Finanzbehörde die weitere Ermittlung auferlegen (§ 100 Abs. 3 Satz 2 FGO). Es muss vielmehr von seiner eigenen Schätzungsbefugnis Gebrauch machen (BFH v. 18.05.1999, I R 102/98, BFH/NV 1999, 1492). Zu Recht wird gegen diese Regelung eingewandt, dass dadurch dem FG umfangreiche Ermittlungen aufgelastet werden, die dem säumigen Stpfl. zusätzlichen Aufschub gewähren können (s. § 100 FGO Rz. 17; Seer in Tipke/Kruse, § 162 AO Rz. 94 m. w. N.).

 

Tz. 68

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Da es sich bei der vom FG durchgeführten Schätzung um eine Tatsachenentscheidung handelt, ist der BFH im Revisionsverfahren daran gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO), sofern die Schätzung nicht auf einem Rechtsirrtum oder Verfahrensmangel beruhen (§ 118 Abs. 2 FGO). Der BFH kann die Schätzung eines FG nur darauf überprüfen, ob sie zulässig war und ob das FG anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze beachtet hat, d. h. ob das Ergebnis der Schätzung schlüssig und plausibel ist. Er darf eine eigene "richtigere" Schätzung nicht an die Stelle der Schätzung des FG setzen (BFH v. 15.09.2004, I R 7/02, BStBl II 2005, 867).

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