rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage und Bestimmung des leistenden Unternehmers bei einem Escort-Service

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine sog. Escort-Agentur, die über eine Internetseite gegen Entgelt die Begleitung und die Erbringung sexueller Dienstleistungen durch Damen ermöglicht, welche sich ausschließlich gegenüber ihr und nicht gegenüber den Kunden zur Leistungserbringung verpflichten, ist als leistende Unternehmerin anzusehen. Daran ändert sich nichts dadurch, dass bei vereinbarter Barzahlung die Damen das Entgelt entgegennehmen.

2. Die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage umfasst das gesamte von den Kunden für die Inanspruchnahme der Frauen aufgewandte Entgelt und nicht nur die von der Escort-Agentur einbehaltenen Beträge.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Sätze 2, 5; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin begehrt mit dem vorliegenden Antrag die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das 1. Quartal 20xx sowie der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für April, Mai und Juni 20xx, welche der Antragsgegner (das Finanzamt …; im Folgenden: FA) auf Grund von Feststellungen und Kontrollmaterial der Steuerfahndung geändert hatte.

Die Antragstellerin betreibt nach ihrem eigenen Vorbringen in A eine Agentur zur Vermittlung von Begleitdamen (Escort Agentur), die es zahlenden Kunden ermöglicht, die Begleitung von Frauen einschließlich sexueller Leistungen in Anspruch zu nehmen.

Zur Verwirklichung dieses Geschäftszwecks betreibt die Antragstellerin unter ihrem Firmennamen die Internetseite „http://www.xxxx-escorts.de/”, unter der die sogenannten Escort Ladies „gebucht” werden können, darüber hinaus können hier ausführliche Informationen über die einzelnen Damen und die Geschäftsbedingungen sowie die Preise der Leistungen abgerufen werden.

Streitig ist zwischen dem FA und der Antragstellerin, ob die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze den gesamten von den Kunden zu zahlenden Betrag für die Inanspruchnahme der Frauen umfasst, oder ob die Bemessungsgrundlage nur die von der Antragstellerin einbehaltenen Beträge von circa 30 Prozent der Gesamteinnahmen zum Inhalt hat.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten und zum Vorbringen der Beteiligten auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom … verwiesen.

Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),

die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das 1. Quartal 20xx vom 6. September 2012 und die Bescheide über Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für April, Mai und Juni 20xx jeweils vom 5. Dezember 2012 von der Vollziehung auszusetzen.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Mit Beschluss vom 7. Januar 2013 sind die Verfahren 3 V 3225/12 (UmsatzsteuerVorauszahlung 1. Quartal 20xx) und 3 V 3563/12 (Umsatzsteuer-Voranmeldungen April, Mai, Juni 20xx) miteinander verbunden und unter dem Aktenzeichen 3 V 3225/12 fortgeführt worden.

Mit Beschluss vom 17. Januar 2013 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist unbegründet.

1. Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen vom 6. September 2012 und vom 5. Dezember 2012 (vgl. Bundesfinanzhof (BFH)-Beschluss vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298), und zwar aus folgenden Erwägungen:

a) Zulässigkeit des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich der UmsatzsteuerVoranmeldungen April, Mai und Juni 20xx

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist bei summarischer Würdigung des Sachverhalts hinsichtlich der Bescheide über die Umsatzsteuer-Voranmeldungen für April, Mai und Juni 20xx (jeweils vom 5. Dezember 2012) als zulässig zu erachten.

Im Streitfall teilte der steuerliche Vertreter der Antragstellerin dem FA mit Schreiben vom 27. November 2012 mit, dass er die Bescheide über die Umsatzsteuer-Voranmeldungen für April, Mai und Juni 20xx – jeweils vom 2. Oktober 2012 – nicht erhalten habe; er habe von den bestehenden Steuerforderungen nur durch eine Vollstreckungsankündigung Kenntnis erlangt; er legte zugleich „vorsorglich gegen diese Bescheide Einspruch ein”. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte er diesen Sachverhalt auch dem Gericht mit und beantragte, „diese Voranmeldungen in das laufende Verfahren (3 V 3225/12) mit einzubeziehen”.

Grundsätzlich besteht eine Einspruchsmöglichkeit auch dann, wenn zweifelhaft ist, ob ein Verwaltungsakt wirksam bekannt gegeben worden ist oder ob mangels einer Bekanntgabe ein Nicht-Verwaltungsakt vorliegt (Seer in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 347 AO Rz. 16); davon ist hier bei summaris...

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