Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmer; Frage der Zurechnung von in Bordellen ausgeführten Prostitutionsumsätzen
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt es darauf an, ob der Unternehmer als Inhaber eines Bordellbetriebs als Erbringer sämtlicher von Kunden erwarteten Dienstleistungen einschließlich der Verschaffung von Geschlechtsverkehr aufgetreten ist und nicht nur als Zimmervermieter und Gastwirt. Im Streitfall ist der Stpfl. im Rahmen seiner Werbung als Erbringer ebendieser Dienstleistungen aufgetreten. Der Stpfl. hat mit seinen Bordellen jeweils eine organisatorische Struktur geschaffen und unterhalten, die den gewerbsmäßigen Geschlechtsverkehr der dort tätigen Prostituierten fördern sollte. Er ist damit nicht nur als Zimmervermieter aufgetreten, sondern hat als Erbringer eines vollständigen Leistungspaketes den Bordellbesuchern mit Hilfe der dort tätigen Prostituierten die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr verschafft.
2. Die Entscheidung über die Zurechnung der Prostitutionsumsätze hat dabei unter Würdigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu erfolgen.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 2 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger die in seinen Bordellen „X” und „Y” ausgeführten Prostitutionsumsätze zuzurechnen sind.
Der Kläger betrieb als Einzelunternehmer zum einen seit März 2007 das in 00000 I gelegene Bordell „X” und zum anderen seit Mai 2008 das in 00000 J gelegene Bordell „Y”. Darüber hinaus betrieb der Kläger in den Streitjahren in C eine gewerbliche Zimmervermietung (sog. Laufhaus).
Der Kläger wurde in den Streitjahren zunächst vom Finanzamt T zur Umsatzsteuer veranlagt. Mit seiner Umsatzsteuererklärung vom 07.11.2008 erklärte der Kläger eine festzusetzende Umsatzsteuer 2007 i.H.v. 3.547,36 €. Das Finanzamt stimmte am 24.04.2009 der Umsatzsteuererklärung zu. Am 08.09.2009 reichte der Kläger beim Finanzamt T seine Umsatzsteuererklärung 2008 ein und erklärte eine festzusetzende Umsatzsteuer i.H.v. 28.722,85 €. Im Rahmen seiner am 17.09.2010 eingereichten Umsatzsteuererklärung 2009 erklärte der Kläger eine festzusetzende Umsatzsteuer i.H.v. 45.787,61 €. Die festzusetzende Umsatzsteuer 2010 betrug nach der am 13.04.2012 eingereichten Umsatzsteuererklärung 39.760,43 €. Die eingereichten Steuererklärungen standen als Steueranmeldungen Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
Mit Beginn am 22.08.2012 führte das Finanzamt T beim Kläger für die Streitjahre eine Umsatzsteuersonderprüfung durch. Dabei kam der Prüfer hinsichtlich des Bordells „Y” zu folgenden Feststellungen: An dem Gebäude des Bordells sei eine von der Straße aus sichtbare Leuchtreklame mit dem Namen des Bordells vorhanden. Das Gebäude sei von einer hohen Mauer umgeben, die hinsichtlich der vorhandenen Parkmöglichkeiten und eines Seiteneinganges Sichtschutz und damit Diskretion geboten hätte. Über dem Seiteneingang habe sich ebenfalls eine Leuchtreklame mit dem Schriftzug des Bordells befunden. Weiter sei ein Schild mit den Öffnungszeiten und den Getränkepreisen angebracht gewesen. Bei Betreten des Gebäudes gelange der Kunde in zwei barähnliche Räume mit Tischen sowie Sitzmöglichkeiten und einem Tresen zum Getränkeverkauf. Zudem seien in dem Bereich ein EC-Terminal sowie verschiedene Geräte zur Abrechnung von Kreditkarten vorhanden gewesen. Im Erdgeschoss des Gebäudes hätten sich acht Einzelzimmer, jeweils mit eigener Nasszelle, befunden, wovon ein Zimmer mit einem Whirlpool ausgestattet gewesen sei. In dem Gang zu den Einzelzimmern hätten sich zwei Aushänge mit folgendem Inhalt befunden: „”Y” – Wir weisen darauf hin, dass alle Damen (außer der Thekenbedienung) selbständig auf eigene Rechnung arbeiten!!! – Die Geschäftsleitung”. In dem Thekenbereich, in dem sich häufig wechselnde Prostituierte aufgehalten hätten, welche dann in den Einzelzimmern für Kunden sexuelle Dienstleistungen erbracht hätten, sei ein solcher Aushang nicht vorhanden gewesen. Im Obergeschoss des Gebäudes hätten sich Privaträume der im Bordell tätigen Prostituierten befunden, zu denen der Zutritt für die Kunden nicht möglich gewesen sei. Die von den Prostituierten genutzten Hand- und Papiertücher sowie die Bettwäsche seien vom Kläger zur Verfügung gestellt. Die Handtücher und die Bettwäsche seien vom Thekenpersonal zudem gereinigt worden. Die Reinigung der Zimmer sei durch beim Kläger beschäftigte Reinigungskräfte erfolgt. Der Thekenbereich sowie die Schlüssel zu den Einzelzimmern seien von Arbeitnehmern des Klägers verwaltet worden. Der Kläger habe von den in seinem Bordell tätigen Prostituierten für die Zimmernutzung täglich 40 € und für die Nutzung der Privaträume sowie Verpflegung weitere 10 € erhalten. Der Kläger habe zudem am sog. Düsseldorfer Verfahren teilgenommen, in dessen Rahmen er die Tätigkeit der Prostituierten beim Finanzamt J angemeldet und die Beträge zur pauschalen Besteuerung bezahlt habe, welche er wiederum von den Prostituierten erhoben hätte. Für ...