Leitsatz

1. Ist nach einer Nettolohnvereinbarung streitig, in welcher Höhe Bruttoarbeitslohn in der LSt-Bescheinigung hätte berücksichtigt werden müssen, ist der Finanzrechtsweg nicht gegeben.

2. Nach der Übermittlung der LSt-Bescheinigung kann der Arbeitnehmer eine Berichtigung der LSt-Bescheinigung nicht mehr verlangen.

3. Ein unzutreffender LSt-Abzug kann mit Einwendungen gegen die LSt-Bescheinigung nicht mehr rückgängig gemacht werden.

 

Normenkette

§ 33 Abs. 1 FGO, § 41c Abs. 3 Satz 1, § 42d Abs. 3 Satz 4 EStG, § 17a GVG

 

Sachverhalt

Die Klägerin war bis Mitte 1998 bei der Beklagten, einer Hochschule, tätig. Zur Beendigung eines Rechtsstreits, in dem sich die Klägerin gegen die Be­fris­tung ihres Arbeitsverhältnisses gewandt hatte, schlossen Klägerin und Hochschule einen Vergleich: Das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Hochschule habe aufgrund betriebsbedingter arbeitgeberseitiger Kündigung zum genannten Datum geendet. Für den Verlust des Arbeitsplatzes sollte die Klägerin eine Abfindung i.H.v. 150 000 DM erhalten, die ihr netto -- nach Abzug von Steuern -- zufließen sollte.

Die Klägerin erhielt die genannte Abfindung im März 2000. Auf Antrag der Klägerin stellte die Hochschule 2002 eine (besondere) LSt-Bescheinigung für 2000 aus, in der ein ermäßigt zu besteuernder Arbeitslohn i.H.v. 161 246 DM und die einbehaltene LSt i.H.v. 10 660 DM (nebst Annexsteuern) bescheinigt wurden.

Im ESt-Bescheid für 2000 ergab sich ein Nachzahlungsbetrag. Dieser beruhte insbesondere da­rauf, dass die Klägerin seit dem 01.04.2000 Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit erzielt hatte.

Mit ihrer Klage beim ArbG begehrte die Klägerin, die Hochschule zu verpflichten, eine berichtigte LSt-Bescheinigung auszustellen, insbesondere die von der Klägerin seit dem 01.04.2000 erzielten Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bei der Berechnung der von der Hochschule einzubehaltenden LSt zu berücksichtigen und die LSt-Bescheinigung zu berichtigen.

Das ArbG verwies den Rechtsstreit an das FG. Die Klage blieb erfolglos (EFG 2005, 234).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Klägerin zurück. Eine Verpflichtung der Hochschule, eine berichtigte LSt-Bescheinigung auszustellen, bestehe nicht. In einer LSt-Bescheinigung sei die einbehaltene LSt auszuweisen, also die tatsächlich einbehaltene und nicht die einzubehaltene LSt. Es sei auch unerheblich, dass die Klägerin wieder laufenden Arbeitslohn von einem neuen Arbeitgeber bezogen habe. Die vorliegende Entscheidung entfalte keine auch nicht mittelbare Entscheidung über die Auslegung der zwischen den Beteiligten streitigen Nettolohnvereinbarung.

 

Hinweis

1. Ein im finanzgerichtlichen Verfahren eher seltener Fall, in dem als Beklagter nicht ein FA, sondern eine sonstige Person (hier: eine Anstalt öffentlichen Rechts) vor dem FG verklagt wird. Im Besprechungsfall hatte ein ArbG den Rechtsstreit an das FG verwiesen. Das FG war an den Verweisungsbeschluss hinsichtlich des Rechtswegs gebunden (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG). Auch der BFH hatte als Rechtsmittelgericht nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig war (§ 17a Abs. 5 GVG).

2. Dessen ungeachtet ist der 1. Leitsatz der Besprechungsentscheidung für die Praxis von erheblicher Bedeutung. Bei einem Streit, in welcher Höhe bei einer Nettolohnvereinbarung der Bruttoarbeitslohn in der LSt-Bescheinigung hätte berücksichtigt werden müssen, ist nicht der Finanzgerichtsweg gegeben. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH geht es um die Klärung einer arbeitsrechtlichen Frage, wenn Streit darüber ­besteht, in welcher Höhe ein Beklagter aus der im Weg eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs getroffenen Nettolohnvereinbarung zusätzlichen (Brutto-)Arbeitslohn schuldet und noch durch Zahlungen an das FA erfüllen muss.

3. Mit dem Ausstellen einer LSt-Bescheinigung durch den Arbeitgeber wird der LSt-Abzug abgeschlossen (§ 41b EStG). Durch die Bescheinigung erhält der Arbeitnehmer diejenigen Angaben, die er für eine etwaige Steuererklärung benötigt. Nach der Ausschreibung der LSt-Bescheinigung ist eine Änderung des LSt-Abzugs nicht mehr zulässig (§ 41c Abs. 3 Satz 1 EStG). Etwaige Fehler beim LSt-Abzug können nach Ablauf des Monats März des Folgejahrs nur noch im Rahmen der ESt-Veranlagung berichtigt werden; nach diesem Zeitpunkt besteht damit für eine Berichtigung der LSt-Bescheinigung auch kein Rechtsschutzbedürfnis mehr.

4. Die zeitliche Begrenzung der Möglichkeit, eine LSt-Bescheinigung zu ändern, folgt aus der Funktion dieser Bescheinigung. Die LSt-Bescheinigung ist eine Urkunde, die dem leichteren Nachweis steuerlicher Verhältnisse bei der ESt-Veranlagung dient. Sie ist ein Beweispapier über den LSt-Abzug, so wie er tatsächlich stattgefunden hat und nicht wie er hätte durchgeführt werden müssen. Aus der Dokumentations- und Beweisfunktion für einen abgeschlossenen Sachverhalt ergibt sich, dass mit Einwendungen gegen die LSt-Bescheinigung ein unzutreffender LSt-Abzug nicht mehr ungeschehen gemacht werden kann.

5. Hiervon ausgehend ist eine Klage...

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