Leitsatz

* Ein rechtliches Interesse an der Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft besteht dann nicht, wenn die im Auskunftsantrag bezeichnete Ware weder schon eingeführt noch beabsichtigt ist, sie einzuführen.

* Leitsatz nicht amtlich

 

Normenkette

Art. 12 Zollkodex

 

Sachverhalt

Die für die Erteilung von Zolltarifauskünften zuständige OFD hatte der Klägerin die verbindliche Auskunft erteilt, dass eine bestimmte von dieser bezeichnete und vorgelegte Ware – ein Metallrädchen, wie es für die Herstellung von Feuerzeugen verwendet wird – als Teil eines Feuerzeugs und nicht als Ware der KN-Position 8207 zu tarifieren sei. Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

Während des Revisionsverfahrens teilte die Klägerin dem BFH mit, sie führe nicht solche Rädchen, sondern nur komplette Feuerzeuge ein.

 

Entscheidung

Der BFH hat das neue tatsächliche Vorbringen der Klägerin berücksichtigt, ohne sich daran durch die FGO gehindert zu sehen, und die auf Antrag der Klägerin erteilte Tarifauskunft aufgehoben (Folge: Kostenlast der OFD).

Die Auskunft über die Tarifierung der Rädchen habe als verbindliche Zolltarifauskunft (Verwaltungsakt) nicht ergehen dürfen. Voraussetzung für die Erteilung einer solchen Auskunft sei nämlich, dass die im Auskunftsantrag bezeichnete Ware entweder schon eingeführt worden sei oder dass beabsichtigt sei, sie einzuführen. Daran habe es im Streitfall gefehlt.

Die Absicht, die Räder in Feuerzeuge eingebaut einzuführen, reiche für die Auskunftserteilung nicht aus (die Feuerzeuge, nicht ihre Teile, sind dann zu tarifieren); denn insoweit könne sich allenfalls die Frage nach dem zollrechtlichen Ursprung der Räder stellen. Eine verbindliche Ursprungsauskunft sei bei Antragstellung jedoch noch nicht vorgesehen gewesen; der Auskunftsantrag hätte sich überdies auf die Einfuhrware (die Feuerzeuge) beziehen müssen.

 

Hinweis

1. Auskünfte der Verwaltungsbehörden sind im Allgemeinen nicht bindend. Denn sonst könnte die Verwaltung die Gesetze unterlaufen, indem sie gesetzwidrige Auskünfte (leichtfertig oder sogar absichtlich) erteilt und sich anschließend auf ihre dadurch bewirkte (Selbst-)Bindung beruft.

Dieser Grundsatz gilt auch im europarechtlich normierten Zollrecht. Beachten Sie, dass der Zollkodex den Wirtschaftsteilnehmern zwar ein Recht auf Auskunftserteilung über die Anwendung des Zollrechts gibt, dass er diesen Auskünften jedoch keine Bindungswirkung beimisst. Sind die erteilten Auskünfte falsch, kann der Beteiligte also aus der ihm erteilten Auskunft allenfalls im Rahmen von Erstattungs- und Erlassverfahren (Art. 239 des Zollkodex) bzw. im Rahmen eines Anspruchs auf Absehen von der Nacherhebung von Zoll (Art. 220 Abs. 2 Buchst. b) des Zollkodex) etwas für sich herleiten.

Das Zollrecht kennt jedoch (und zwar seit jeher) eine wichtige Kategorie verbindlicher Auskünfte, nämlich die Zollauskünfte über die Tarifierung von Waren. Die Bindungswirkung dieser Auskünfte ist in Art. 12 des Zollkodex sehr genau geregelt, ebenso das Verfahren ihrer Erteilung, ihr Außer-Kraft-Treten usw. Art. 12 des Zollkodex hat ferner seit 1997 das Institut der ebenfalls verbindlichen Zollauskunft über den zollrechtlichen Ursprung einer Ware geschaffen, welcher für die zahlreich bestehenden Präferenzregelungen von entscheidender Bedeutung ist.

2. Beachten Sie, dass in Zolltarifsachen bis 31.12. 2000 die Revision zum BFH stets (zulassungsfrei) zulässig war (§ 116 Abs. 2 FGO a.F.). Jetzt bedarf eine solche Revision der Zulassung nach den allgemeinen Regeln des § 115 FGO n.F.

3. Beachten Sie ferner, dass Sie im Revisionsverfahren vor dem BFH keine neuen Tatsachen geltend machen können. Der BFH muss vielmehr grundsätzlich bei seiner Entscheidung von dem Sachverhalt ausgehen, den das FG (ausdrücklich) festgestellt hat oder von dem es sonst (stillschweigend) ausgegangen ist. Das gilt selbstredend auch in zollrechtlichen Streitverfahren: das gerichtliche Verfahrensrecht ist auch dort nach wie vor weitgehend nationales Recht; nur das materielle Zollrecht ist (weitestgehend) Recht der EG.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.11.2001, VII R 31/00

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