Leitsatz

1. Sonderzuwendungen, die im Rahmen eines Berufsausbildungsverhältnisses geleistet werden und dem Kind nach Erreichen der Volljährigkeit zufließen, sind den Monaten anteilig zuzuordnen, in denen die Berufsausbildung stattgefunden hat. 2. Vermögenswirksame Leistungen gem. § 2 Abs. 6 Satz 1 VermBG 5 gehören zu den Einkünften eines Kindes i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.

 

Normenkette

§ 32 Abs. 4 EStG , § 2 Abs. 6 Satz 1 VermBG 5

 

Sachverhalt

Der am 1.9.1979 geborene Sohn des Klägers war 1997 in Berufsausbildung. Er bezog in der Zeit von September bis Jahresende 1997 eine Ausbildungsvergütung und erhielt tarifliche Sonderzahlungen, zusammen in Höhe von 5 447 DM. In den Ausbildungsvergütungen waren vermögenswirksame Leistungen in Höhe von monatlich 26 DM enthalten.

Die Familienkasse lehnte es ab, für die bezeichneten Monate Kindergeld zu gewähren. Das FG gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision der Familienkasse statt und wies die Klage wegen Überschreitung des (anteiligen) Jahresgrenzbetrags ab. Dieser belaufe sich auf 4 000 DM (September bis Dezember 1997). Auf diesen Zeitraum entfielen die laufenden Lohnzahlungen (4 316 DM) zuzüglich zeitanteilige sonstige Bezüge von (4/12 von 1 131 DM) 377 DM, zusammen also 4 693 DM. Davon sei der zeitanteilige Arbeitnehmer-Pauschbetrag von (4/12 von 2 000 DM) 667 DM abzuziehen. Die Einkünfte des Sohns beliefen sich demnach auf (4 693 DM ./. 667 DM) 4 026 DM. Demzufolge sei der anteilige Jahresgrenzbetrag in Höhe von 4 000 DM überschritten. Kindergeld stehe dem Kläger nicht zu.

 

Hinweis

1. Das – auf Wunsch des BMF nachträglich zur Veröffentlichung bestimmte – Besprechungsurteil ergänzt verschiedene Grundsatzentscheidungen zum Kindergeld, insbesondere das Urteil vom 1.3.2000, VI R 162/98, BStBl II 2000, 459. Dort hatte der BFH u.a. entschieden, dass der Jahresgrenzbetrag für alle Monate um 1/12 zu mindern sei, zu deren Beginn das Kind sein 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

2. Hat folglich ein Kind – wie im Streitfall – seinen Geburtstag am 1.9., so vollendet es sein 18. Lebensjahr mit Ablauf des 31.8. (§ 188 Abs. 2 i.V.m. § 187 Abs. 2 BGB). Demzufolge ist der (anteilige) Jahresgrenzbetrag nicht um den Monat September zu kürzen.

3. In der Besprechungsentscheidung äußert sich der BFH nochmals zur zeitlichen Zuordnung von Sonderzuwendungen (vgl. Urteil vom 11.12.2001, VI R 5/00, BFH-PR 2002, 172 und das der Besprechungsentscheidung nachfolgende Urteil vom 16.4.2002, VIII R 76/01, BFH-PR 2002, 299).

Bei der Überprüfung des Ausschlusstatbestands nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG (Überschreitung des Jahresgrenzbetrags) ist zunächst eine Zuordnung der Einkünfte und Bezüge nach dem Zuflussprinzip zum Kalenderjahr vorzunehmen. Zu- und Abflüsse anderer Jahre als des zu beurteilenden Jahrs bleiben außer Betracht, da in den Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nur Einkünfte und Bezüge eingehen, die das Kind im Kalenderjahr hat (so schon BFH, Urteil vom 11.12.2001, VI R 5/00, BFH-PR 2002, 172). Bei Zuflüssen innerhalb eines Jahres muss eine "Entfallensprüfung" vorgenommen werden (§ 32 Abs. 4 Satz 7 EStG a.F., jetzt Satz 8).

Im Streitfall waren tarifliche Sonderzuwendungen (u.a. Urlaubsgeld) während der Volljährigkeit zugeflossen. Offen konnte deshalb bleiben, ob Sonderzuwendungen auch dann zeitanteilig in die Berechnung des (anteiligen) Jahresgrenzbetrags einzubeziehen sind, wenn sie zwar während des Jahres, aber noch im Zeitraum der Minderjährigkeit zugeflossen sind.

4. Hinzuweisen ist letztlich nochmals darauf, dass bei unterjährigem Kindergeld der Arbeitnehmer-Pauschbetrag – auch aus Vereinfachungsgründen – nicht im Verhältnis der jeweils erzielten Einnahmen, sondern zeitanteilig aufzuteilen ist. Gleiches gilt auch für die Kostenpauschale bei Bezügen.

5. Der BFH musste sich zur Frage, ob vermögenswirksame Leistungen (vL) zu den Einkünften gehören, deshalb äußern, weil der Kläger dies bestritten hatte. Im Hintergrund stand der Umstand, dass (u.a.) aufgrund der vL von monatlich 26 DM der (anteilige) Jahresgrenzbetrag überschritten wurde und deshalb das – wesentlich höhere – Kindergeld entfiel.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 11.12.2001, VI R 113/99

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