Leitsatz

1. Nach Freigabe der Sicherheit für die vorschussweise gewährte Ausfuhrerstattung erfolgt eine etwa notwendige Rückforderung der Ausfuhrerstattung nach den Vorschriften, die für die Rückforderung endgültig gewährter Ausfuhrerstattung gelten.

2. Die endgültige Zahlung der Ausfuhrerstattung ist, abgesehen von der Einhaltung der vorgeschriebenen Fristen, davon abhängig, dass die Ware überhaupt ausgeführt worden ist.

3. Auf Vertrauen in den Bestand des Bescheids, mit dem die geleistete Sicherheit für die vorschussweise gewährte Ausfuhrerstattung freigegeben wurde, kann sich der Ausführer nicht berufen, dem die Kenntnis des Käufers der Ware über die im Zeitpunkt der Freigabe der Sicherheit noch nicht erfolgte Ausfuhr der Ware zuzurechnen ist.

 

Normenkette

Nr. 3665/87 Art. 4 Abs. 1 , Art. 22 VO (EWG) , Art. 23 VO (EWG) , § 166 BGB , § 278 BGB , § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO , § 10 Abs. 1 MOG , § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG

 

Sachverhalt

Ein Exporteur hatte die vorschussweise Zahlung von Ausfuhrerstattung für Zucker beantragt und gegen Sicherheitsleistung erhalten. Das HZA gab die Sicherheit später frei, ohne dabei zu berücksichtigen, dass der Zucker zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht ausgeführt worden war. Auch der Exporteur wusste dies möglicherweise nicht, weil er den Zucker an ein britisches Unternehmen weiterverkauft hatte, das die Ausfuhr besorgen sollte.

Das HZA hat den geleisteten Vorschuss – aus hier nicht weiter interessierenden Gründen – zurückgefordert. Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

§ 10 Abs. 1 MOG ist Rechtsgrundlage für die Rückforderung der ursprünglich als Vorschuss gezahlten Ausfuhrerstattung. Art. 23 VO Nr. 3665/87 (heute VO Nr. 800/1999) betraf nur Ausfuhrerstattung, die noch nicht durch Freigabe der Sicherheit in eine endgültig gewährte Ausfuhrerstattung umgewandelt worden ist. Das geschieht mit der Freigabe der Sicherheit (vgl. BFH, Urteil vom 7.5.2002, VII R 5/01, BFH/NV 2002, 1189).

Der Bescheid über die Freigabe der Sicherheit war rechtswidrig, weil die Zahlung der Ausfuhrerstattung von dem Nachweis abhängig ist, dass die Ware spätestens 60 Tage nach Annahme der Ausfuhranmeldung das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen hat, also kurz gesagt, ausgeführt worden ist. Dies war bei Freigabe der Sicherheit nicht der Fall.

Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen der Rückforderung der Ausfuhrerstattung nicht entgegen. Zwar hat die Klägerin möglicherweise nicht gewusst, dass die Ware noch gar nicht ausgeführt ist, wohl aber ihr britischer Abnehmer. Dessen Wissen müsse sie sich zurechnen lassen.

 

Hinweis

Bei begünstigenden Bescheiden, wie der Gewährung von Ausfuhrerstattung, sind nach § 10 Abs. 1 MOG die Vorschriften des § 48 Abs. 2 bis 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) über die Gewährung von Vertrauensschutz anzuwenden. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte danach nicht berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge von grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG). Dabei besteht ein allgemeiner Rechtsgedanke, dass derjenige, der sich zur Erfüllung seiner Verpflichtungen eines anderen bedient, nicht besser stehen darf als derjenige, der diese Verpflichtungen selbst erfüllt. Wer also die Erfüllung seiner Ausfuhrverpflichtung einem anderen überlässt, muss sich gegebenenfalls dessen Kenntnis zurechnen lassen und kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil er persönlich bestimmte Kenntnisse nicht gehabt habe.

Beachten Sie, dass die Rückforderung zuunrecht gewährter Ausfuhrerstattung inzwischen vom Gemeinschaftsrecht selbst in der VO (EG) Nr. 800/1999 geregelt wird, die insoweit an die Stelle des MOG getreten ist. Die vorgenannte VO enthält allerdings keine umfassende Vertrauensschutzregelung. Da indes der Grundsatz des Vertrauensschutzes ein Grundsatz (auch) des Gemeinschaftsrechts ist, dürften die Regelungen durch (gemeinschaftsrechtliche) ungeschriebene Vertrauensschutzgrundsätze zu ergänzen sein, wobei bislang weitgehend offen ist, inwiefern diese § 48 des deutschen VwVfG entsprechen oder sich von ihnen unterscheiden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.7.2003, VII R 3/01

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