Leitsatz

Aufwendungen für ein Universitätsstudium im Anschluss an ein Fachhochschulstudium können Werbungskosten sein, sofern sie beruflich veranlasst sind. Es ist nicht darauf abzustellen, ob es sich bei dem Hochschulstudium um ein Erst- oder Zweitstudium handelt oder ob das Studium die Grundlage für eine neue oder andere berufliche Basis schafft.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG , § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG , § 12 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der 24-jährige Kläger schloss 1992 ein Maschinenbaustudium mit dem Grad eines Diplom-Ingenieurs (FH) ab. 1992/1993 begann er ein Maschinenbaustudium an einer Technischen Hochschule, welches er 1995 erfolgreich abschloss. Bei dem Universitätsstudium handelte es sich um ein Zweitstudium in Form eines Aufbaustudiums. Die Studienordnung, das Lehrangebot und das Prüfungsverfahren waren so aufeinander abgestimmt, dass die Diplomprüfung im Regelfall nach dem vierten Semester abgelegt werden konnte. Nach Abschluss des Zweitstudiums nahm der Kläger eine Beschäftigung als Projektleiter bei einer Firma auf.

In der ESt-Erklärung für 1994 machte der Kläger – neben Einnahmen aus einer studienbegleitenden Nebentätigkeit in Höhe von 5.880 DM – Aufwendungen für das Universitätsstudium in Höhe von 15.861 DM (insbesondere Kosten für eine doppelte Haushaltsführung) als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Das FA berücksichtigte lediglich 1.200 DM nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Die ESt-Schuld für 1994 betrug 0 DM. Der Antrag des Klägers auf gesonderte Feststellung eines am Schluss des VZ 1994 verbleibenden Verlustabzugs blieb erfolglos.

Die Klage des Klägers auf gesonderte Verlustfeststellung zum 31.12.1994 hatte Erfolg.

 

Entscheidung

Die Revision des FA führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Das FG habe zwar zu Recht entschieden, dass die Aufwendungen des Klägers für das Maschinenbaustudium dem Grunde nach beruflich veranlasst seien. Die Sache sei – der Höhe nach – jedoch nicht spruchreif. Es sei unklar, ob die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung (eigener Hausstand des Klägers) vorlägen.

 

Hinweis

1. Das Besprechungsurteil ergänzt die bisherige geänderte Rechtsprechung zur Anerkennung beruflicher Bildungsmaßnahmen als Werbungskosten (vgl. BFH, Urteil vom 22.7.2003, VI R 137/99, , m.w.N.BFH-PR 2003, 416). Es zeigt, dass nicht nur ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium (BFH, Urteil vom 17.12.2002, VI R 137/01, BFH-PR 2003, 98) zu (vorab entstandenen) Werbungskosten führen kann. Vielmehr betont der BFH nochmals seinen Standpunkt, dass jegliche Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahme bei hinreichend beruflichem Bezug zu Erwerbsaufwendungen führt bzw. ein Sonderausgabenabzug ausscheidet. Unter diesen Voraussetzungen kommt es auch nicht darauf an, ob es sich bei dem Hochschulstudium (d.h. Fachhochschul- oder Universitätsstudium) um ein Erst- oder Zweitstudium handelt bzw. ein erstmaliger oder ein anderer Beruf angestrebt wird.

2. Im Übrigen ist die Finanzverwaltung offenbar bereit, die neue Rechtsprechung im Großen und Ganzen anzuwenden (vgl. zuletzt: FinBeh. Hamburg, Verfügung vom 13.8.2003, DStR 2003, 1619). Allerdings sollen in Fällen erstmaliger Berufsausbildung Bildungsaufwendungen weiterhin nur als Sonderausgaben zu berücksichtigen sein. Dies soll insbesondere dann gelten, wenn durch ein Erststudium (Ausnahme: berufsbegleitendes Erststudium) ein allgemeiner Berufsabschluss angestrebt wird, der Einsatzmöglichkeiten in unterschiedlichen Bereichen und Einkunftsarten eröffnet. Unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechungsgrundsätze dürften diese Einschränkungen vom BFH so nicht gebilligt werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.7.2003, VI R 50/02

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