2.4.1 Vorbemerkung

 

Rz. 11

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG unterliegt das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren der Grunderwerbsteuer (vgl. hierzu § 1 GrEStG Rz. 51). Als Gegenleistung gelten hierbei nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG neben dem Meistgebot auch die Rechte, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben.

Die frühere Steuervergünstigung für den Erwerb zur Rettung eines Grundpfandrechts (sog. "Rettungserwerb" vgl. § 9 GrEStG 1940) ist in das GrEStG 1983 nicht übernommen worden. Auch die Bemessungsgrundlage hat im GrEStG 1983 gegenüber der früheren Regelung (§ 11 GrEStG 1940) Änderungen erfahren. Nach der amtlichen Begründung vom 19.3.1981 (BT-Drs. 9/251) liegt diesen Änderungen Folgendes zugrunde:

 

Zu § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG

"Nach dieser Vorschrift gilt als Gegenleistung bei Erwerb eines Grundstücks durch Abgabe des Meistgebots im Zwangsversteigerungsverfahren das Meistgebot einschließlich der Rechte, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben. Für Fälle, in denen das Grundstück von einem Grundpfandgläubiger ersteigert worden ist, der seine durch Grundpfandrechte gesicherten Forderungen nicht auszubieten brauchte und dessen Meistgebot dadurch unter dem Wert des Grundstücks lag, schreibt das GrEStG 1940 (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2 und 3) die Hinzurechnung des durch das Gebot nicht gedeckten Anspruchs des Meistbietenden bis zum Wert des Grundstücks vor. Bemessungsgrundlage ist somit in solchen Fällen trotz Vorliegens einer Gegenleistung der Wert des Grundstücks. Das widerspricht dem Grundsatz, dass die Steuer – abgesehen von den Fällen des § 1 Abs. 3 – nur dann vom Wert des Grundstücks zu berechnen ist, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist (§ 8 Abs. 2 Nr. 1). Im Übrigen wird durch diese Hinzurechnung der Grundpfandgläubiger schlechter behandelt als ein anderer Erwerber, dessen Steuer nur aus dem Meistgebot einschließlich der Rechte, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben, berechnet wird. Auch das GrEStG 1940 (§ 11 Abs. 1 Nr. 5) sieht eine Hinzurechnung seines nicht gedeckten Anspruchs nicht bei dem Grundpfandgläubiger vor, dem die Rechte aus dem Meistgebot abgetreten worden sind. Aus diesen Gründen werden die Sätze 2 und 3 des § 11 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG 1940 nicht übernommen."

Der Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG erstreckt sich auf alle nach dem Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) durchgeführten Versteigerungen, also z. B. auch auf die Zwangsversteigerung im Insolvenzverfahren (§§ 172 bis 174a ZVG) oder die Zwangsversteigerung eines Nachlassgrundstücks auf Antrag des Erben (§§ 175 bis 179 ZVG).

Die in § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG verwendeten Begriffe, wie z. B. der Begriff des Meistgebots, sind i. S. d. ZVG auszulegen (BFH v. 23.1.1985, II R 36/83, BStBl II 1985, 339; BFH v. 24.10.2000, II B 38/00, BFH/NV 2001, 482, und BFH v. 20.4.2007, II B 69/06, BFH/NV 2007, 1538; BFH v. 14.10.2008, II B 65/07, BFH/NV 2009, 214). Die Vorschrift knüpft allgemein formalrechtlich strikt an das Zwangsversteigerungsrecht an.

2.4.2 Gegenstand der Zwangsversteigerung

 

Rz. 11a

Gegenstand der Zwangsversteigerung sind in erster Linie Grundstücke i. S. d. bürgerlichen Rechts. Gegenstand einer Zwangsversteigerung können auch Miteigentumsanteile an Grundstücken (vgl. §§ 1008 bis 1011 BGB) unter Beachtung des § 864 Abs. 2 ZPO sein, wonach der Bruchteil in dem Anteil eines Miteigentümers besteht oder sich der Anspruch des Gläubigers auf ein Recht gründet, mit dem der Bruchteil als solcher belastet ist. Schließlich rechnen zu diesen Gegenständen auch die grundstücksgleichen Rechte (§ 864 Abs. 1 ZPO), wie das Erbbaurecht (§§ 11, 14 ErbbauRG) einschließlich des Wohnungs- und Teilerbbaurechts (§ 30 WEG), als besondere Art des Bruchteileigentums das Wohnungs- und Teileigentum (§ 1 WEG) und das Gebäudeeigentum i. S. v. § 288 Abs. 4 und § 292 Abs. 3 ZGB, das ein grundstücksgleiches Recht darstellt (§ 295 Abs. 2 S. 2 ZGB, Art. 233 § 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB i. V. m. § 864 Abs. 1 ZPO).

Nicht Gegenstand der Zwangsversteigerung können Gebäude auf fremdem Boden selbst – ohne den dazu gehörenden Grund und Boden – sein, sofern sie wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind (§ 94 Abs. 1 S. 1 BGB) und daher nicht Gegenstand besonderer Rechte sein können. Derartige Gebäude auf fremdem Boden können nur gemeinsam mit dem Grund und Boden versteigert werden. Sind die Gebäude dagegen als bewegliche Sachen anzusehen (§ 95 BGB), richtet sich die Zwangsvollstreckung nach den für die Zwangsvollstreckung für körperliche Sachen geltenden Bestimmungen (§§ 808 bis 827 ZPO). Insoweit kommt eine entsprechende Anwendung des § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG in Betracht. Auch hier ist also das Meistgebot Gegenleistung, wenngleich es kein Recht auf Zuschlag wie in den Fällen des § 81 Abs. 1 ZVG begründet.

Da die Zwangsversteigerung das gesamte Grundstück (vgl. §§ 15ff. ZVG) mit allen seinen Bestandteilen erfasst, sind hiervon auch Maschinen und sonstige Betriebsvorrichtungen betroffen. Grunderwerbsteuerrechtlich sind diese Gegenstände jedoch keine Grundstücksbestandteile ...

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